Uniform, nicht eintönig

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Der eigenen Ästhetik treu bleiben und die Identität des Kunden wahren: Wer Uniformen entwirft, fährt automatisch doppelgleisig.

Eine florierende Modeindustrie, die Designern mannigfache Chancen der Berufsentwicklung bieten würde, sucht man in Österreich leider vergeblich. Lehrverpflichtungen an Universitäten, eine der raren Kreativtätigkeiten für Traditionsunternehmen wie Sportalm oder Gössl, gehören zu den überschaubaren Alternativen oder Ergänzungen zum Betrieb einer eigenen Firma. Umso wichtiger sind Aufträge, bei denen Designer nicht zuvorderst ihre eigene Ästhetik vorantreiben, sondern die Corporate Identity eines Auftraggebers stützen sollen: Die Rede ist hier von Berufsbekleidung, und in den vergangenen Monaten wurden gerade in diesem Bereich Projekte von zum Teil beachtlichem Umfang vorgestellt. So entwarf Ute Ploier neue Uniformen für die Mitarbeiter der Bundesbahnen, Peter Holzinger und Dragana Rikanovic zeichneten für die österreichische Expo-Uniform verantwortlich, Marcos Valenzuela kreierte Tiberius-Konformes für Hostessen des Park Hyatt und, der bislang letzte Streich, die in Berlin lebende Wienerin Marina Hörmanseder entwarf Outfits für die Fluglinie Austrian, die ab Mitte 2016 die Welt umschwirren werden.

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Der Zeitplan, dem diese Projekte folgen, hängt dabei von der Menge der einzukleidenden Mitarbeiter ab. Bei Unternehmen wie den ÖBB oder Austrian wird in Anbetracht des Produktionsvolumens bis zu ein Jahr Vorlauf einkalkuliert. Auch das Feedback der Mitarbeiter ist in diesem Prozess zu berücksichtigen – schließlich soll die Uniform am Ende nicht nur das Unternehmen repräsentieren, sondern auch so angenehm sitzen, dass sie im Arbeitsalltag als gut tragbar empfunden wird.
„Vor Kurzem teilte mir eine ÖBB-Mitarbeiterin auf der Facebook-Seite meines Modelabels mit, wie wohl sie sich in ihrem neuen Arbeitsoutfit fühlt“, erzählt etwa Ute Ploier. „So ein Feedback freut mich natürlich.“ Marina Hörmanseder, deren Prototypen für Austrian erst vor wenigen Tagen vorgestellt wurden, erzählte am Rand dieser Präsentation, dass sie sich auf „ehrliches und durchaus schonungsloses Feedback“ der Mitarbeiter eingestellt habe: „Schließlich bezieht sich das Urteil nicht nur auf die Ästhetik der Entwürfe, sondern kommt von Menschen, die jeden Tag in diesen Outfits arbeiten müssen.“

Die Uniform als Aushängeschild. Wenngleich sich Anforderungen wie Praktikabilität, Tragekomfort für die Mitarbeiter und Repräsentationscharakter unabhängig von Auftraggeber und -umfang ähneln, nehmen die Ausschreibungen einen unterschiedlichen Verlauf: Der Call für die Expo-Uniformen wurde etwa vom Expo-Büro der Wirtschaftskammer in Kooperation mit der Austrian Fashion Association sehr transparent hinsichtlich der eingeladenen Designer und Jurymitglieder abgewickelt. Das Gewinnerteam übernahm außerdem die Produktionsabwicklung: „Das Produktionsmanagement war Teil der Einreichung. Dabei haben wir versucht, so weit wie möglich mit österreichischen Firmen zu kooperieren“, so Peter Holzinger. „So wurde etwa Leinen der oberösterreichischen Weberei Vieböck verwendet, auch Kristalle von Swarovski wurden eingesetzt.“

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Bei den ÖBB wurden wiederum zwei Designer eingeladen, wobei sich das Unternehmen für das Konzept von Ute Ploier entschied. Die Uniformen in ihrer endgültigen Form wurden erst nach Auftragsvergabe in Zusammenarbeit mit verschiedenen Abteilungen erarbeitet, die Produktionsabwicklung verlief unabhängig vom Designprozess. Ähnlich bei Austrian: Hier wird der Berufsbekleidungsprofi Wagner & Glass die Fertigung der insgesamt 3600 Uniformen überwachen. Marina Hörmanseder wurde von einem internen Uniformausschuss unter vier eingeladenen Kandidaten ausgewählt: „Dass ein österreichischer Kreativer die Uniformen entwerfen würde, war von Anfang an klar“, sagte Brand-Manager Amir Aghamiri bei der Präsentation der Uniformen und ergänzte: „Die Uniformen sind unser Aushängeschild, darum haben die Designer auch ein detailliertes Markenbriefing erhalten.“ Die vier zum Wettbewerb geladenen Designer ließ sich Austrian wiederum von Marjan Firouz, Betreiberin einer PR-Agentur und Veranstalterin der für kommenden Herbst erneut geplanten Vienna Awards for Fashion and Lifestyle, vorschlagen.

Fast wie ein Brautkleid. Einen vom Umfang her bescheidenen, dafür mit Couture-Charakter versehenen Auftrag erhielt Marcos Valenzuela, Designer des Labels Tiberius, vom Park Hyatt in Wien: Er gestaltete die Outfits für Hostessen des Restaurants The Bank und schneiderte diese schließlich nach Maß. „Die Hostessen tragen jetzt sehr feminine, fließende Kleider, die zugleich die Identität von Tiberius widerspiegeln“, so Valenzuela. „Das ist mir auch sehr wichtig, denn darum ist das Park Hyatt ja letztlich auf mich zugekommen.“ Bei der Erarbeitung der Entwürfe ging Valenzuela nach einem modifizierten Screening-Fragenkatalog vor, den er etwa auch Kundinnen von Brautkleidern vorlegt und der diesmal vom Park Hyatt beantwortet wurde.

„Uns war wichtig, ein modernes, zeitgemäßes Bild von Österreich zu zeigen“, sagt Peter Holzinger über seinen kreativen Ansatz für die Expo und fährt fort: „Durch die Aufmerksamkeit, die ein solches Projekt bekommt, ist es unweigerlich auch für mein eigenes Unternehmen interessant.“ Ähnlich beurteilt Ute Ploier die Gewichtung ihrer Mode-Identität in der Zusammenarbeit wie Kunden wie den ÖBB oder den Bundesforsten, für die sie ebenfalls Berufsbekleidung entworfen hat: „Natürlich bringe ich bei solchen Aufträgen meine Handschrift als Designerin ein, weil der jeweilige Kunde ja ihretwegen auf mich zukommt. Der Übergang zwischen Berufsbekleidung und Mode ist heute außerdem fließend, wenngleich Uniformen aufgrund der großen Investition ästhetisch länger halten, also zeitloser sein sollen.“

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Ihre „eigene kreative Sprache“ sieht auch Marina Hörmanseder als entscheidenden Punkt in der Zusammenarbeit mit einem Businesskunden, „wobei die Zusammenarbeit mit einem Kunden wie Austrian schon an sich eine Kompetenzzuschreibung für mich bedeutet“. Das Spannungsfeld, in dem sie in so einem Fall tätig ist, umschreibt die studierte Ökonomin wie folgt: „Ich bin auf der einen Seite natürlich Designerin, auf der anderen aber Dienstleisterin, für die gilt: Der Kunde ist König.“ Ihre Zusammenarbeit mit Austrian ist aber, wie schon erwähnt, noch nicht abgeschlossen: Die ersten Prototypen befinden sich nun in einer Testphase, noch kann und soll Feedback der Mitarbeiter einfließen. Zuletzt wurde auch bekannt, dass noch eine Abstimmung über die finale Strumpfhosenfarbe (rot oder hautfarben) stattfinden wird. „Die Strumpfhosen sind wegen dieser Abstimmung nun natürlich wieder in aller Munde. Als Designerin halte ich mich da heraus, denn wenn mein Entwurf nur mit der einen oder anderen Farbe funktioniert, habe ich etwas falsch gemacht“, äußert sich Hörmanseder zu diesem Punkt. Zugleich hat sie, die vor ihrem Modestudium in Berlin auch Wirtschaftswissenschaften an der Wiener WU studierte, dazu eine klare Meinung: „Mit den roten Strumpfhosen wurde über viele Jahre ein so starkes Branding der Marke Austrian aufgebaut, dass es merkwürdig wäre, gerade diesen Punkt jetzt zu opfern.“

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