Co-Branding: Ausweitung der Kampfzone

Wes Gordon für Silhouette. Der Amerikaner entwarf Sonnenbrillen.
Wes Gordon für Silhouette. Der Amerikaner entwarf Sonnenbrillen.(c) Beigestellt
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Vier aktuelle Beispiele für Co-Branding mit Modebezug, im Idealfall eine Win-win-Konstellation für alle Beteiligten.

Von London über New York –nach Linz: In diesem illustren Modereigen taucht die Landeshauptstadt zumindest dann auf, wenn man die aktuellen Karrierestationen von US-Designer Wes Gordon auflistet. Dass es ihn einmal nach Oberösterreich verschlagen würde, war aber während seiner Jugend in Atlanta kaum minder abschätzbar als die Tatsache, dass er überhaupt einmal Mode entwerfen würde. Allein sein persönliches Interesse trieb Gordon dazu, sich alles verfügbare Wissen anzueignen: „Ich las unzählige Bücher über Designer, viele von ihnen hatten im Saint-Martins-College in London studiert. Das klang wie ein Hogwart der Mode, und mir war klar: Da muss ich hin.“

Vier Jahre lang, von 2005 bis 2009, studierte Wes Gordon in London. Dass er sein eigenes Label in New York gründen wollte, stand aber fest. „Ich bin Amerikaner, in London hatte ich mich, sosehr die Stadt mir gefällt, immer ein wenig fremd gefühlt.“ In New York sei das anders, zudem preist Gordon den Zusammenhalt der Designer – ob unter Altersgenossen oder mit älteren Mentoren. „Der Council of Fashion Designers of America ist eine gut funktionierende Anlaufstelle.“

Hien Le für Aeance. Ein Ausflug des Berliners in die Welt der Sportswear.
Hien Le für Aeance. Ein Ausflug des Berliners in die Welt der Sportswear.(c) Beigestellt

Sprache finden. Doch trotz der Unterstützung des CFDA ist jeder selbst für das Wohlergehen seines Unternehmens verantwortlich. Strategien, zu größerem Bekanntheitsgrad und einer neuen Klientel zu kommen, gibt es naturgemäß verschiedene. Die Zusammenarbeit mit einem größeren Partner – eventuell aus einem anderen Einsatzbereich – nach dem bewährten Co-Branding-Prinzip stellt hier eine erprobte Option dar. Fast seit Beginn von Wes Gordons selbstständiger Tätigkeit entstehen etwa die Schuhe zu seinen Kollektionen in enger Zusammenarbeit mit Manolo Blahnik und sind mit dem Label „Manolo Blahnik for Wes Gordon“ versehen: „Das ist eine tolle Kooperation, weil sie erstens völlig reibungslos verläuft und uns zweitens zu größerer Sichtbarkeit verholfen hat. Als junger Designer bekommt man relativ häufig Anfragen von Firmen, die ein vergleichbares Projekt umsezten wollen. Da ist es dann immer entscheidend abzuwägen, wie gewinnbringend ein Konzept für beide Seiten ist.“

Auf das Angebot der österreichischen Marke Silhouette – und damit, endlich, zurück ins eingangs erwähnte Linz –, ein Sonnenbrillenmodell zu entwerfen, reagierte Wes Gordon gleich positiv: „Die Brand ist in unserem wichtigsten Markt, den USA, präsent, aber natürlich auch in Europa, wo wir noch wachsen können. Außerdem entspricht mir die Ästhetik der Produkte und der Kampagnen: reduziert, ohne krampfhaft minimalistisch zu sein.“ In der Entwicklung der als „Wes Gordon for Silhouette“ gebrandeten Kollektion, für die der Designer mehrmals nach Oberösterreich kam, habe die Herausforderung bestanden, zu einer gemeinsamen Sprache mit den Produktentwicklern zu finden. „Anfangs haben wir wohl manchmal aneinander vorbeigeredet“, sagt Gordon. „Ich komme ja aus der Mode, in der seit Jahrhunderten auf dieselbe Weise verfahren wird, und im Hightech-Industriedesign arbeitet man ganz anders. Aber wir haben natürlich gut zueinandergefunden, und das Ergebnis kann sich, glaube ich, sehen lassen.“

Zimmerli by Zigerli. Flotte Wäsche für die Schweizer Traditionsmarke.
Zimmerli by Zigerli. Flotte Wäsche für die Schweizer Traditionsmarke.(c) Beigestellt

Gut für das Portfolio. Als wichtige Erfahrung und ein Signal dafür, dass er sich nach außen öffne, sieht auch der Berliner Designer Hien Le seine Zusammenarbeit mit dem neu gegründeten deutschen Active-Wear-Label Aeance, das von zwei PR-Profis gegründet wurde und im Luxussegment positioniert ist. „Einerseits war es reizvoll, eine Kollektion unter anderen Gesichtspunkten als meine eigene Mode zu entwerfen und dabei auf neue Materialien und Verarbeitungsweisen einzugehen“, so Le im Gespräch mit dem „Schaufenster“. „Andererseits ist es von meiner Seite ein wichtiges Zeichen, dass ich auch für Kooperationen außerhalb des eigentlichen Fashion-Segments offen bin. Gerade die Industrie scheut ja manchmal davor zurück, einen Designer ins Boot zu holen, weil man annimmt, dass wir zu abgehoben sind oder man nicht normal mit uns sprechen kann.“

Als wichtige Bereicherung für sein Portfolio sieht auch der in Zürich ansässige Designer Julian Zigerli seine „Zimmerli by Zigerli“-Kollektion mit der bekannten Schweizer Wäschemarke. „Die hatte ich, schon wegen der Ähnlichkeit der Namen, tatsächlich schon immer auf meiner Wunschliste stehen.“ Als Zimmerli dann wirklich auf ihn zukam, gab es für Julian Zigerli also keinen Grund, lang zu zögern. „Der Nutzen beim Publikum oder bei potenziellen Neukunden wird sich erst jetzt zeigen, weil die Stücke in diesen Tagen erst ausgeliefert werden. Ich gehe aber davon aus, dass beide Seiten davon profitieren werden.“ Für die etablierte und als etwas weniger „fashion-forward“ wahrgenommene Seite nämlich, in den erwähnten Fällen etwa Silhouette und Zigerli, besteht bei derartigen Projekten die Möglichkeit, sich an jüngere Kunden zu wenden oder in anderen Zusammenhängen aufzutauchen.

Arthur Arbesser für Hem. Decken und Plaids für Modefans.
Arthur Arbesser für Hem. Decken und Plaids für Modefans.(c) Beigestellt

Vom Kleid zum Plaid. Als willkommene Gelegenheit, sich in einem neuen Umfeld zu erproben, beschreibt der in Mailand lebende Österreicher Arthur Arbesser seine Kooperation mit dem schwedischen Interior-Label Hem. Ende vergangenen Jahres wurde ein erster Schwung an Heimtextilien lanciert, weitere sollen in den kommenden Wochen folgen. „Ich hatte schon in der Vergangenheit mit der Option geliebäugelt, einmal im Interiorbereich zu entwerfen, mich dann aber bis auf Weiteres auf die Mode konzentriert.“ Im Wesentlichen habe sein Beitrag für Hem darin bestanden, Stoffmuster zu entwerfen: „Wegen des grafischen Elements in meinen eigenen Kollektionen waren die Verantwortlichen auch auf mich aufmerksam geworden.“ Arbesser hofft auf eine Steigerung seines Bekanntheitsgrades in den skandinavischen Märkten, die Hem intensiver bespielt als seine eigene Marke. Fast verwundert spricht er über die Produktionsrhythmen im Interior-Bereich: Die Einladung zur Zusammenarbeit habe ihn etwa noch vor dem Angebot erreicht, die Damenmode des italienischen Labels Iceberg zu entwerfen. Letzteres kam erst kurz vor dem Sommer, während Hem bereits im Vorfrühling auf ihn zugekommen war: „Es hat fast acht Monate gedauert, bis die Kollektion fertig war. Im Vergleich zur Mode ist mir das vorgekommen wie eine Ewigkeit.“

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