Ein anderes Paar Schuhe

Erfolgreich. Seit fünf Jahren designt die Absolventin der Angewandten für Lanvin Herrenschuhe.
Erfolgreich. Seit fünf Jahren designt die Absolventin der Angewandten für Lanvin Herrenschuhe.(c) Christine Pichler
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Elizaveta Fateeva ist Schuhdesignerin bei Lanvin. Jetzt hat sie in Wien ein eigenes Label gegründet.

Vom Kindergarten gleich auf die Uni und dann nicht im kalten Wasser, sondern in einem riesigen Ozean schwimmen lernen. So beschreibt Elizaveta Fateeva ihren beruflichen Werdegang, der sie innerhalb kürzester Zeit zur Head-Designerin für Herrenschuhe des französischen Modehauses Lanvin gemacht hat. Mit einer eigenen Schuhkollektion für Frauen sucht sie über fünf Jahre später eine neue Herausforderung.

Hinter dem beeindruckenden Lebenslauf der gebürtigen Russin steht viel Durchhaltevermögen. Mit 17 Jahren kam sie nach Wien, um unter der Leitung von Raf Simons, der nach Stationen bei Jil Sander und Dior mittlerweile für Calvin Klein arbeitet, an der Universität für angewandte Kunst Modedesign zu studieren. Simons kam einmal im Monat nach Wien, um mit den Studierenden an ihren Kollektionen zu arbeiten. Er prägte die Designerin stark. „Er war offen für alles und gab uns sehr viel Freiheit. Das ist gut, denn wenn man auf die Schnauze fällt, dann fällt man selbst auf die Schnauze“, erzählt Fateeva über die pädagogischen Fähigkeiten des Stardesigners. „Es gab kein Lob, sondern sehr viel Kritik. Die Leute, die damit leben konnten, haben sehr viel gelernt. Denn natürlich wollte man Raf etwas Gutes tun, ihn überzeugen.“

Hartnäckig. Überzeugungsarbeit musste sie anschließend auch leisten, als sie sich für ein Praktikum bei Simons, der damals noch bei Jil Sander arbeitete, bewarb. „Ich habe fast die ganze Firma am Telefon terrorisiert und jeden Tag angerufen, bis ich einen Kontakt bekommen habe.“ Schließlich kam es zu einem Bewerbungsgespräch bei Peter Mulier, der schon seit vielen Jahren die rechte Hand von Simons ist und für die Accessoire-Kollektion bei Jil Sander zuständig war. Mit Schuhen hat sich Fateeva ab dem dritten Studienjahr auseinandergesetzt, aber eigentlich nur, um ihre Fashion-Looks zu komplettieren. „Ich habe ihm meine Mappe gezeigt, und lustigerweise ist sein Auge gleich auf die Schuhe gefallen.“ Drei Wochen später bekam sie ein Praktikum als seine Assistentin angeboten. „Ich war am Boden zerstört. Ich wusste überhaupt nicht, was ich damit anfangen sollte“, zeigte sich die Designerin, die eigentlich Mode machen wollte, zuerst wenig erfreut. Das legte sich aber schnell. Aus einem sechsmonatigen Praktikum wurde schließlich ein Jahr. „Eines meiner ersten Projekte war eine Sonnenbrille, die eins zu eins produziert wurde. Und wenn man das dann in der Auslage sieht, dann ist man schon stolz.“

Ein Abschluss an der Angewandten war der Designerin dann aber doch noch sehr wichtig, weshalb es sie zurück nach Wien zog. Ihr Diplomprojekt war schließlich eine Frauenkollektion, die – wie könnte es anders sein – um den Schuh herum aufgebaut wurde.

Karrierestationen. Nach einem Startstipendium des Kulturministeriums und dem „Evoque NextGen Award“ kam schließlich ein Jobangebot aus dem Nichts. Innerhalb von drei Wochen zog Fateeva nach Mailand, um, nicht mehr nur als Praktikantin, Peter Mulier zu unterstützen. Nach nur acht Monaten bei Jil Sander – Raf Simons wechselte in der Zwischenzeit zu Dior – trudelte ein Jobangebot ein, das Fateeva nicht ausschlagen konnte: als Head-Designerin für das französische Modehaus Lanvin die Herrenschuhe zu entwerfen – der zuvor beschriebene Sprung in den eiskalten Ozean.

Mittlerweile arbeitet Fateeva seit fünf Jahren für das französische Traditionshaus und pendelt jede Woche zwischen Paris und ihrer Wahlheimat Wien. „Vor einem Jahr habe ich angefangen, Frauenschuhe zu vermissen“, erklärt die Designerin die Anfänge ihres neuen Projekts, das auch ihren Namen trägt. „Ich wollte ausbrechen und etwas erschaffen, das mir wichtig ist. Wenn man für eine Marke arbeitet, dann hat man sofort diese Identität. Mit dieser Kollektion zeige ich meine Sicht auf die Dinge und das, was ich wirklich drauf habe.“ Entstanden sind vier Sneakers und vier Slipper in Schwarz und Weiß. Preislich werden sich die Modelle zwischen 300 und 450 Euro bewegen, ein Modell aus Krokoleder wird um ein Vielfaches teurer sein. Qualität steht für die Lanvin-Designerin natürlich an erster Stelle. Die Kontakte zu den Produktionsfirmen und Gerbereien kommen ihr dabei natürlich ebenso zugute wie ihre Erfahrung. Für ihre Arbeit bei Lanvin reist Fateeva oft zu den Fabriken, um mit den Schnittzeichnern und den Technikern zu sprechen. „Ich habe mein ganzes Leben lang noch nie einen Schuh gemacht. Ich bin kein Schuster, aber man muss das Innenleben verstehen und sehen, wie etwas funktioniert, um einen hochqualitativen Schuh zu machen“, ist Fateeva überzeugt. Fabriken in Portugal stellen die Schuhe ihres Labels her, alle Materialien, vom Leder über die Ösen bis hin zum Elastikband, stammen aus Italien. Fünf bis sechs Mal wurden die Prototypen produziert, bis wirklich alles stimmte. „Es gibt nichts Schöneres, als einen Schuh in der Hand zu halten, der wie ein schönes Objekt ist“, sagt die selbstdeklarierte Perfektionistin.

Nach einer Präsentation bei der Austrian Fashion Association (AFA), von der das Projekt gefördert wird, will Fateeva ihre Kontakte zu Einkäufern spielen lassen. Anders als bei Lanvin ist sie hier vom Development Assistant bis zur PR-Fachfrau alles in Personalunion. Damit will sie es sich auch selbst beweisen. „Mein Traum wäre, in Wien jemanden auf der Straße zu sehen, den ich überhaupt nicht kenne und der meine Schuhe trägt.“

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