Krawatten: Neu verknotet

Dolce & Gabbana.
Dolce & Gabbana.(c) Beigestellt
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Krawatten sind längst kein Muss mehr. Vielleicht sind sie gerade deswegen nicht nur auf den Laufstegen wieder so oft zu sehen.

"Ein Mann ist so viel wert wie seine Krawatte." Wenn dieses Zitat von Honoré de Balzac heute noch Bestand hätte, stünde es um die Männerwelt mitunter recht schlecht. Denn Krawatten machten in den vergangenen Jahren keine gute Figur. Statussymbol ist sie längst keines mehr, seit der Finanzkrise 2008 hat sie mit Imageproblemen zu kämpfen. Die großen Egos der mächtigen Banker sind einer Demutshaltung gewichen, die man optisch mit dem Verzicht auf die Krawatte umsetzte.

Brunello Bucinelli.
Brunello Bucinelli.(c) Beigestellt

Sie lockerten ihren Schlips und zeigen sich nur noch „oben ohne“, um einen Richtungswechsel anzuzeigen. Auf diese Weise verlor das von vielen Männern ohnehin immer schon verhasste Accessoire noch mehr an Bedeutung. So lautet zumindest die Theorie, denn seit jeher wird versucht, anhand von Mode die Stimmung in der Wirtschaft zu deuten. In Krisenzeiten wird der Rocksaum bei Frauen kürzer, der Lippenstift dafür knalliger, will man beobachtet haben. Schmale Krawatten oder gar keine sprechen angeblich für eine gute Wirtschaftssituation. Offen, experimenteller und entscheidungsfreudiger soll das Minimum oder das Nichtvorhandensein des um den Hals geknoteten Stoffes machen.

Gucci.
Gucci.(c) Beigestellt

Comeback. Glaubt man Medien wie der „New York Times“, dann erleben Krawatten jetzt ein Comeback. Was das wohl für die Wirtschaft bedeutet? Jedenfalls scheint auch Donald Trump mit seinem überlangen und breiten roten Modell, dessen Enden mit Tixo verklebt sind und das bei Weitem kein Schlips-Stilvorbild abgibt, daran nicht zu rütteln. Vielleicht liegt es auch nur daran, dass sich Mode immer wieder selbst einholt. Die bewegte Geschichte der Krawatte bildet da offenbar keine Ausnahme. Dem Halsschmuck scheinen sich ganze Generationen von Männern nicht entziehen zu können. Nicht anders ging es König Louis XIV., der die Krawatte 1663 bei einem kroatischen Reiterregiment entdeckte und so deren Popularität zementierte. Die Franzosen trugen fortan Halstücher „à la croate“, daraus wurde später „la cravate“. Die Sammlung des Königs dürfte beachtlich gewesen sein – er beschäftigte angeblich eine eigene Cravatière zur Pflege der Krawatten.

Bottega Veneta (l.). und Giorgio Armani (r.).
Bottega Veneta (l.). und Giorgio Armani (r.).(c) Beigestellt

Zentrale Anlaufstelle. Bei den Modeschauen wird wieder mehr Wert auf die Region vom Halsansatz bis zum Bauchnabel gelegt. Das erreicht man bei Prada und Dolce & Gabbana auch durch eine Halskette, die darüber zu liegen kommt. Aber auch zu Jeans, im Mustermix oder etwas lockerer getragen wie bei Giorgio Armani sehen die Designer die Krawattenmode von morgen. Noch ein anderer Trend ist zu erkennen. Die Fliege wird wieder ausgepackt, und zwar nicht nur zum Opernball oder zu Frack (weiß) und Smoking (schwarz), sondern auch zum Strickpullover, wie etwa bei Gucci im klassischen Butterfly-Look oder in sehr dünner Variante bei Valentino in der Batwing-Version. Wobei die Fliege ja seit einigen Jahren vor allem in den USA durch Hipster- und Dandy-Look Auftrieb erhält. Wenn man die Street­style-Fotos rund um die Männermodenschau Pitti Immagine Uomo betrachtet, dann fällt sowieso auf, dass ohne Krawatte, Fliege oder zumindest ein kleines, an die Fliege angelehntes Halstuch nichts geht. Nach zehn Jahren scheint das Weglassen der Krawatte längst kein unkonventioneller Schritt mehr, vielmehr sorgt das neue Knotenbekenntnis für ein deutliches modisches Abheben von der Masse.

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