Crocs auf dem Catwalk

Mode-Crocs. Die „Foam“ von ­Balenciaga sind im nächsten Frühjahr erhältlich.
Mode-Crocs. Die „Foam“ von ­Balenciaga sind im nächsten Frühjahr erhältlich.(c) imago/Starface
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Ironie für die Internetkultur: Provokantes und Hashtag-Relevantes sorgen für Aufmerksamkeit.

Neue Wege zu gehen, Grenzen einzureißen und damit auch an den Grenzen des guten Geschmacks zu rütteln ist seit jeher eine Aufgabe der Mode. Im Zuge der Pariser Modewochen wurde das wieder einmal auf sehr plakative Weise klar. Demna Gvasalia präsentierte diesmal für das französische Modehaus Balenciaga die Abwandlung eines Schuhs, den man sonst nur im Garten, im Schwimmbad oder im Krankenhaus gesehen hat und dem Menschen, die sich eines guten Geschmacks rühmen, bisher immer mit Unverständnis begegnet sind. Die Rede ist von Crocs. Natürlich wurden sie für den großen Laufsteg adaptiert, was so viel heißt wie: Zehn-Zentimeter-Absätze dazu, mit ein paar bunten Pins verziert und natürlich mit Balenciaga-Logo bestückt. Das Ganze wurde dann noch in Pink und Gelb präsentiert. Als würde der Schuh auch ohne Signalfarben nicht schon genug ins Auge stechen.

Essenziell. Zwi­schen Einkaufssackerl und Handtasche. Chanel 2009.
Essenziell. Zwi­schen Einkaufssackerl und Handtasche. Chanel 2009.(c) imago/ZUMA Press

Ugly Fashion. Doch warum ist dieser Anti-Schuh plötzlich in den Modeolymp vorgedrungen? Zum einen sind Schuhe, die vor wenigen Jahren noch als hässlich galten    – Birkenstock-Schlapfen, voluminöse Skaterschuhe oder Trekkingsandalen – wieder in Mode. Was hässlich war, ist plötzlich chic. Zum anderen ist diese Form der modischen Ironie gerade sehr angesagt. Mit dieser lässt sich leicht ein Statement setzen: Man trägt Crocs genau deshalb, weil man weiß, dass sie eigentlich nicht in Mode sind. Außerdem war die mediale Rückmeldung enorm. Und damit ist wohl auch das Hauptziel erreicht. Denn dass es sich dabei nicht um originäres und originelles (das vielleicht schon eher!) Design handelt, dürfte allen klar sein. Aber Gvasalia, der auch für das gehypte Label Vetements arbeitet, hat schon seit einigen Saisonen viel Erfolg damit, Alltagsprodukte in den High-Fashion-Kontext zu setzen. So hat er für Balenciaga etwa eine Tasche entworfen, die wie die Ikea-Einkaufstasche „Frakta“ aussieht (für knappe 1300 Euro) oder wie die weiße Einkaufstasche mit Logo, die man beim Einkauf in der Boutique erhält (knapp 900 Euro). Beide waren schnell ausverkauft und werden in kleinen Abwandlungen immer wieder neu aufgelegt. Liegt die Schönheit im Banalen? Muss sich Mode auf das Wesentlichste reduzieren? Oder gelten altbekannte Stilregeln nicht mehr?

Bequem. ­Christopher Kane brachte Crocs auf den Catwalk.
Bequem. ­Christopher Kane brachte Crocs auf den Catwalk. (c) Beigestellt

100 Prozent Ironie. Den Grund, warum diese Produkte derart erfolgreich sind, sieht Alex Rakestraw von der Onlineplattform Highsnobiety vor allem in der Internetkultur der Memes – Webphänomene, die sich viral verbreiten. Und die Gvasalia wie kein anderer versteht und beherrscht. „Im Kampf um die Zuschauer und Shares auf Social Media hat das Ködern mit Memes – affektiert, lächerlich und zu 100 Prozent pure Ironie – gewonnen“, schreibt er. Man provoziert also nicht mit eigenen Ideen, sondern mit einem Produkt, über das man sich eigentlich lustig macht und das auf Social Media mit dem passenden Hashtag viral verbreitet wird. Andere Stimmen sprechen von einem subversiven Ansatz, von Mode auf einer Metaebene und einem Aufbrechen des herkömmlichen Modesystems.

Ganz neu ist die Idee, aus scheinbar Altbekanntem etwas Neues zu machen, wie man sich vorstellen kann, jedoch nicht. Einkaufssackerl auf dem Pariser Laufsteg setzte Karl Lagerfeld bei Chanel bereits in der Sommerkollektion 2009 mit drei Versionen der „Essential Bag“ in Szene. Ein Jausensackerl auf dem Laufsteg präsentierte Jil Sander 2012 bei der Herrenmodenschau. Etwa 200  Euro kostete die Tasche aus gewachstem Papier und war dabei sogar noch schnell ausverkauft.

Praktisch. Die „Frakta“-Einkaufstasche von Ikea stand hier wohl (Design-)Pate.
Praktisch. Die „Frakta“-Einkaufstasche von Ikea stand hier wohl (Design-)Pate. (c) Beigestellt



Und auch Crocs traten schon 2016 auf dem internationalen Laufsteg in Erscheinung. Der schottische Designer Christopher Kane zeigte sie marmoriert und mit bunten Kristallen verziert. „Ich arbeite immer mit unerwarteten Dingen und Kombinationen, um Alltägliches in begehrenswerten Luxus zu verwandeln“, erklärte Kane damals in einer Aussendung zur Partnerschaft. Mittlerweile hat er bereits weitere Kollektionen lanciert. Und auch Gvasalia ist vom Produkt Crocs angetan, wie er backstage nach der Show „Vogue“ verriet: „Es ist ein sehr innovativer Schuh. Er ist leicht, wird aus einem Stück Schaumstoff gefertigt, und von der Technik und der Art des Materials her ist er sehr Balenciaga.“ Ironie oder Metaebene hin oder her – gut möglich, dass man Crocs in Zukunft noch öfter als bisher sehen wird.

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