Weihnachtlich: Auslage in Arbeit

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Kaufhäuser und Flagship-Stores verzaubern zu Weihnachten mit extravaganten Schaufenstern. Dafür braucht es eine einjährige Vorlaufzeit.

Wann beginnt Weihnachten? Für Supermärkte oft bereits Ende August, für die einen, wenn die Weihnachtsbeleuchtung in der Stadt eingeschaltet wird, für die anderen, wenn der erste weihnachtliche Song im Radio läuft, und für den Rest am ersten Tag im Advent. Wer sich in einer Stadt wie London oder New York aufhält, der merkt den Einzug festlicher Stimmung vor allem beim Blick auf die Schaufenster der großen Kaufhäuser und Flagship-Stores internationaler Luxusmarken, die spätestens im November feierlich enthüllt werden. Für all jene, die daran mitarbeiten, beginnt Weihnachten sehr früh. Zumindest das Auseinandersetzen mit dem Thema. Denn die aufwendigen Auslagen entstehen das ganze Jahr über. Sobald die alte Dekoration verschwindet, wird hinter den Kulissen schon an der nächsten festlichen Inszenierung der Superlative gearbeitet.

Wiener Luster im Big Apple. In diesem Jahr hat auch Johannes Rath vom Wiener Traditionsunternehmen J. & L. Lobmeyr mitgearbeitet. Für den New Yorker Flagship-Store von Tiffany & Co. in der 5th Avenue hat Rath mit seinem Team 20 Miniaturluster entworfen. Vorbild waren die Lobmeyr-Luster, die schon seit 50 Jahren in der New Yorker Metropolitan Opera hängen. „Speziell in Amerika sind Schaufenster regelrechte Kunstwerke, an denen oft ähnlich viele Leute beteiligt sind wie an einer Filmproduktion. Anders als bei uns ist das Augenmerk in New York auch nicht auf eine bloße Präsentation der Ware gerichtet. Fenster erzählen Geschichten und öffnen eine eigene Welt der Fantasie und Romantik“, erklärt Rath. Die ursprüngliche Idee, die Komplexität der Originale für die kleinen Versionen zu vereinfachen, wurde schnell verworfen, denn, so Rath: „Gerade die Komplexität, das Fraktale der Originale macht den Charakter aus.“ Der logische Schluss: die Luster maßstabsgetreu im Layout, aber auch im Material herzustellen. So war der Zeitaufwand, nämlich Hunderte Stunden, annähernd gleich, nur die Logistik war erleichtert. „Der Transport war die größte Herausforderung. Wir haben besonderes Augenmerk darauf gelegt, dass die Zollbeamten die Luster wieder sicher einpacken konnten.“

Weihnachtsgeschichte. Gar nicht abwarten konnte es in diesem Jahr die britische Kaufhauskette Selfridges, die bereits am 19.  Oktober sowohl in den Schaufenstern als auch in den Shops unter dem Motto „With Love From“ ganz auf Weihnachten eingestellt war. In London, Manchester und Birmingham wurden über 85.000 Christbaumkugeln aufgehängt, fünf Kilometer Girlanden verlegt und 200 Christbäume aufgestellt. Allein auf der Oxford Street sorgen 15.000 Meter LED-Lichtdekoration für ein festliches Ambiente.

Der Brauch der dekorierten Schaufenster geht hier weit zurück, und zwar auf den Gründer Harry Gordon Selfridge, selbst US-Amerikaner, der die Tradition der Schaufensterdekoration bereits bei der Eröffnung im März 1909 verinnerlicht hatte. Wirklich begonnen hat alles aber schon früher. Genauer gesagt im späten 19.   Jahrhundert, als große Glasplatten erschwinglicher wurden und Shops so Schaufenster einrichten konnten. Eines der ersten Unternehmen war das berühmte New Yorker Kaufhaus Macy’s, das die Schaufenster 1874 zur Weihnachtszeit mit Porzellanpuppen aus der ganzen Welt und einer Szene aus Harriet Beecher Stowes Roman „Onkel Toms Hütte“ dekoriert zeigte. Im frühen 20.  Jahrhundert zogen viele der großen Kaufhäuser nach. 1914 eröffnete der Flagship-Store von Lord & Taylor an der Fifth Avenue. Schnell wurde das Kaufhaus für seine Auslagen berühmt. Ein hydraulischer Lift unter jedem Fenster machte es möglich, dass die Dekorateure unter der Plattform an den Auslagen arbeiten konnten und diese dann dramatisch über Nacht enthüllt wurden. Mechanik und Elektrizität trieben die Entwicklung weiter an. In den 1950er-Jahren hatte Woodward & Lothrop in Washington, D.C. sogar lebende Pinguine im Schaufenster.

In Wien ist die Tradition der Weihnachtsauslagen nicht so stark ausgeprägt. Ein kleines bisschen große Weihnachtswelt ist aber auch im Tiffany-&-Co.-Store mit einem der kleinen Lobmeyr-Luster zu sehen. Dieser wird nach Weihnachten übrigens zugunsten der Charity-­Organisation „Licht für die Welt“ versteigert.

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