Nicolaas van Diepen: Der Zeit ihre Kunst

Vor der Kamera spielt Nicolaas van Diepen so mühelos mit der Zeit,
als wäre er gegen ihr Verstreichen gefeit.

Sie ist auch (oder gerade!) dann noch gut, wenn sie alt ist, man muss auf sie aufpassen (weil sie sonst davonläuft), sie ist oft reif, manchmal Geld und muss hin und wieder totgeschlagen werden: In so viele verschiedene redensartliche Zusammenhänge wie die Zeit gerät kaum ein anderer Begriff, und um diese standes- und sinngemäß zu verbildlichen, braucht es jemanden mit entsprechendem darstellerischen Talent.

Wie in der Schauspielschule oder gar bei einem Vorsprechen ist sich Nicolaas van Diepen (glücklicherweise!) am Set dieses Fotoshootings dennoch nicht vorgekommen. Selbst wenn er ticktack, ticktack von einem Outfit ins nächste und von einer Phrase zur anderen wechseln musste. "Die Fotografin, Carolina Frank, und ich haben gemeinsam die Posen erarbeitet, die Aufnahmen waren wie eine Mini-Regiearbeit. Das hat Spaß gemacht und war ganz unkompliziert", beschreibt der junge Schauspieler seine Erfahrung am Set.

Ein Zirkusleben

Wie so oft in seinem (und dem Medien-)Geschäft war das Zustandekommen der Fotoproduktion eine Punktlandung: Nicolaas van Diepen ist viel unterwegs, lebt zwar seit etwa eineinhalb Jahren in Wien, stand aber ab Februar in Zürich für Proben auf der Bühne: Wolfram Lotz Stück "Einige Nachrichten an das All" hatte Anfang März an der Zürcher Hochschule der Künste Premiere und wird Ende April in Berlin wiederaufgenommen werden. In Wien spielte van Diepen zuletzt in Martin Grubers Stück "Swing" als Gast des Aktionstheater Ensembles, er pendelt derzeit also zwischen Metropolen in den drei deutschsprachigen Ländern. "Die Ausbildung habe ich in München gemacht und bin noch als Student an die Staatsoper nach Stuttgart gegangen. Anschließend zog es mich nach Berlin, und ich habe gemerkt: Man kommt viel herum in diesem Beruf. Dass man als Schauspieler so ein Zirkusleben führt, war mir noch nicht ganz bewusst, als ich mich für die Ausbildung entschieden habe", erzählt van Diepen von seinen Lehr- und Wanderjahren.

Das Engagement in Berlin zählt zu seinen bisherigen beruflichen Höhepunkten: Da spielte er in der Regie von Robert Wilson am Berliner Ensemble in dessen Produktion "Faust I und II". Nach Wien zog es ihn hingegen als Gast des Schauspielhauses in der Spielzeit 2016/17. Sein bislang unstetes Leben stört den jungen Mann nicht, nachdenklich reflektiert er jedoch die Grundbedingungen des Berufslebens, für das er sich entschieden hat: "An der Schauspielschule habe ich schon gemerkt, dass dieser Beruf von vielen Abhängigkeiten gekennzeichnet ist und dass man oft gar nicht selbst der Schmied des eigenen Erfolges sein kann.

Was man aber in der Hand hat, und zwar als Einziges: Gute Arbeit zu machen und zu hoffen, dass man auf diese Weise weiterkommt." Das bislang letzte Stück, in dem Nicolaas van Diepen in Wien zu sehen war, "Swing", ist eine erfrischend inszenierte Parabel des politischen Populismus. Die Stückerarbeitung erfolgte durch das Aktionstheater Ensemble, wenngleich der Text, den van Diepen als dynamischer Tanzlehrer spricht, von einem Poetry-Slammer mitverfasst worden ist: "Meine Textpassagen in ,Swing sollten eine andere Qualität haben.

Meine Figur soll ja an den Prototypen eines dynamischen Jungpolitikers erinnern, darum war diese Distanz zu den anderen Charakteren notwendig." Dass Theater unbedingt die politischen Verhältnisse widerspiegeln oder eine gar politische Funktion übernehmen soll, findet Nicolaas van Diepen zwar nicht. Er räumt aber ein: "Theater kann in der Gesellschaft unterschiedliche Funktionen haben. Das Bilden von Meinung, auch politischer Meinung, kann dazugehören muss es aber nicht zwingend. Hier in Österreich scheint das gesprochene Wort jedenfalls noch mehr Bedeutung zu haben als in Deutschland, das ist mir schon wiederholt aufgefallen."

Pünktlichkeit ist nicht alles

Befragt nach seinem persönlichen Verhältnis zur Zeit und dazu, wie gut er mit ihr umgehen könne, erzählt van Diepen von einer sich nach und nach wandelnden Beziehung. Früher sei es ihm zum Beispiel schwergefallen, pünktlich bei Proben aufzutauchen. Spätestens nach Abschluss der Ausbildung musste er jedoch einsehen, dass man, obendrein als Nachwuchsschauspieler, mit wenig zeitgerechtem Auftauchen leicht in Schwierigkeiten gerät: "Um mich vor meiner Unpünktlichkeit zu bewahren, bin ich manchmal sogar Stunden zu früh gekommen."

Ohnehin findet er, dass Pünktlichkeit mitunter etwas zu hoch angesehen sei: "Nur weil jemand immer pünktlich auftaucht, wird davon seine Arbeit ja nicht besser." Eine Uhr zu tragen wie in diesem Shooting hat sich Nicolaas van Diepen jedenfalls mittlerweile angewöhnt. Außerhalb des Fotostudios sind es freilich andere Modelle, wenngleich nicht minder aufsehenerregende. Er sammelt nämlich knallbunte "Baby-G"-Uhren von Casio, die an seinem Handgelenk kaum zu übersehen sind. Auch dann, wenn man sich keine Zeit-Lupe vor das Gesicht hält.

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