Sneakers: Auf weißen Sohlen

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In Paris beginnen dieser Tage die French Open. Edelturnschuhe und Retro-Sneakers hüllen sich aber nicht nur auf dem Central Court in Weiß.

Puristen werden an dieser Stelle anmerken, dass nicht im Eigentlichen die Sohle, vielmehr der Oberschuh in der Regel von anhaltend weißer Färbung ist. Ihnen kann freilich mit einem Hinweis auf die Sneakers-Etymologie begegnet werden: Ende des 19. Jahrhunderts, als erstmals Schuhe mit Gummisohlen auf den Markt kamen, wurden diese nämlich ob neuer Möglichkeiten geräuscharmen Heranschleichens („to sneak in“) eindeutig benannt.

Edelweiß. Dass längst auch Luxusmarken das Sneaker-Segment mit, je nach Perspektive, für sie erstaunlich günstigen oder für das Umfeld vergleichsweise teuren Modellen zu erobern begonnen haben, dürfte sich unter Endabnehmern herumgesprochen haben. Eine Herangehensweise der Modemarken besteht nun darin, dass sie mit möglichst viel Aufgemotze, Nöppchen, Riemchen oder bisweilen haarsträubendem Muster- und Materialmix jene Kunden beschwichtigen, die sich nur eine Millisekunde lang fragen, warum sie 800 Euro für ein Paar Turnschuhe ausgeben sollen.

Nicht alle freilich, die für diplomatischerweise als „premium priced“ ausgewiesene Sneakers Geld auszugeben bereit sind, möchten sich Edel-Schnickschnack an den Fuß holen. Diesen Tatbestand erkannten Peter Poopat und Flavio Girolami bereits 2004 und gründeten das kleine Label Common Projects: Sehr zurückhaltend in der Aufmachung, sind diese Schuhe allein an einer nahe der Ferse aufgeprägten zehnstelligen Zahl als Markenzeichen erkennbar. Anfangs, so die beiden in einem Interview mit „Business of Fashion“, seien Kunden angesichts der Bepreisung ihres Premium-Produktes noch erstaunt gewesen. Mittlerweile gelten Common-Projects-Turnschuhe aber als unauffälliges Must-have für jene, die auf luxuriöses Understatement setzen.

Designer-Darlings. Während eine reduzierte Ästhetik ob des aktuellen Minimalismus-Revivals hoch im Kurs bei Fashionistas steht, setzen interessanterweise gerade die Menschen, die Mode entwerfen, in ihren „privaten“ Outfits, etwa bei der finalen Verbeugung nach einem Defilee, nicht selten auf zurückhaltende Retro-Turnschuhe aus dem erschwinglicheren Eck. Phoebe Philo etwa, Kreativdirektorin bei Céline und hauptverantwortlich für den Höhenflug dieser Marke, ist treue Trägerin des Stan-Smith-Turnschuhmodells von Adidas, also eines echten Klassikers aus der Herzogenauracher Schmiede.
Während Philos Kollege, Givenchy-Designer Riccardo Tisci, ein eingefleischter Fan des „Air Force 1“-Sneakers von Nike ist – er entwarf schließlich selbst eine gepimpte, limitierte Edition (Tisci selbst setzt, natürlich!, auf reines Weiß) –, machte sich Adidas-Gastdesigner Raf Simons zuletzt über den Stan Smith her. Ob Phoebe Philo sich bald in einem Raf-Simons-Stan-Smith auf den Laufsteg wagt, bleibt abzuwarten. Und die unter Edel-Weiß-Adepten bisweilen vertretene Meinung, nur fleckenlose, makellos saubere Turnschuhe dürften ausgeführt werden, bleibt wohl auch noch zu diskutieren.

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