Amanshausers Welt: 336 Österreich

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Kleine Geschichten über große Locations.

War Peter Rosegger (1843−1918), erster österreichischer Fastliteraturnobelpreisträger (1913), nun ein verkannter Weltschriftsteller mit sozialer Ader oder ein tendenziell antisemitischer Kleingeist, der anderen den selbst vollzogenen Aufstieg nicht gönnte?

Wohl beides, sagt die zeitgenössische Forschung. Eine Spurensuche könnte im Waldheimathof beginnen, am Holztisch, wo der „konservative Gesellschaftskritiker mit aufklärerischen Ambitionen“ (Daniela Strigl), von dem sich John Lennon später die Brille klauen würde, persönlich saß − noch bevor er das „ß“ in seinem Namen zerschlug und halbierte, um fortan mehr mit der Rose als mit dem Roß (oder gar Ross) in Zusammenhang gebracht zu werden. „Waldheimat“, das ist Roseggers genialer PR-Begriff für seine Herkunftsregion bei Krieglach.

Im Gegenzug verehrt ihn die steirische Scholle seitdem. Natürlich operiert auch der Waldheimathof mit dem Naturdichter − nach einem Um- und Zubau gibt es einen Zirbentrakt mit Appartements, eine Wellnesswasserwelt und Direktzugang zum angenehm ruhigen Miniskigebiet am Alpl. Roseggers kargem Geschmack entspräche das alles bestimmt nicht, aber Familien des 21. Jahrhunderts können mit bequemen, freundlichen Hotels durchaus etwas anfangen.

Die Waldheimatler lassen sich nicht nehmen, sämtliche runden Rosegger-Tage zu feiern, vergangenes Jahr absolvierten sie Nummer 170 (Geburt) und Nummer 95 (Tod), man erahnt schon den 2018-Trubel. Der Kluppen­eggerhof, das Geburtshaus, ist längst Museum, interessanter wird es unten beim Schlagobers­­bauern, der neben deftiger Küche Kutschenfahrten und Lamawanderungen anbietet.

Der Chef selbst, der Leitner, der längst kein Schlagobers mehr produziert, war einer der fünf letzten, die in der von Rosegger 1902 für Bergbauernkinder gegründeten Waldschule unterrichtet wurden. „In den Jahrgängen nach mir sank die Schüleranzahl, also sperrte sie zu“, erzählt er aus seinen Siebzigerjahren. Der späte Rosegger warnte übrigens vor der Neigung der Landbevölkerung zu höherer Bildung, um die Bauern „nicht aus ihrem Stand zu heben“. Ihm schwebte ein ländliches Schulsystem ohne totes Wissen vor.  Heute, da der Stand ja nun, wie leider gesagt werden muss, endgültig ausgehoben wurde − allerdings nicht aufgrund von Bildungsüberschuss − kann auch konstatiert werden, dass die Alpler tatsächlich das Beste aus ihrer Gegend machen. Selbst­verständlich mit dem Business Rosegger.

Ort

Der Autor war unterwegs auf Einladung von Tourismus Hochsteiermark; Schlagobersbauer, www.schlagobersbauer.at, Alpl 8; Waldheimathof, www.waldheimathof.at, 8674 Alpl 4, bei Krieglach.

Tipp

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