Amanshausers Welt: 345 Schweden

Bilddokument für die verlorene Abba-Geschichte.
Bilddokument für die verlorene Abba-Geschichte.(c) Beigestellt
  • Drucken

Kleine Geschichten über große Locations.

Ort

Tipp

Da mein Leben ein bisschen übergeschnappt ist und ich deshalb an drei Computern gleichzeitig schreibe, betreibe ich ein ausgeklügeltes System mit Kopien und Gegenkopien. Leider hat es eine Schwäche: mich selbst. Zum Beispiel hatte ich 2013 nach dem Besuch des Abba-Museums in Stockholm eine Schweden-Kolumne geschrieben, eine furiose Vernichtung, funkelnd vor Abscheu. Ich war immer schon Abba-Feind, schuld sind diese aufdringlichen Melodien, die so viele Partys in den Morgenstunden zerstören. Ich hasse die Musik der zwei nerdigen Siegertypen, die sich „alles nehmen“, ich finde deren ebenso siegreiche Ehefrauen scheußlich penetrant. In Stockholm kostete es Schweiß und Ironie, mich vor dem Abba-Museum ablichten zu lassen.

Den Text trug ich ein Jahr mit mir herum, kopierte ihn hin und her, um ihn zum geeigneten Zeitpunkt an dieser Stelle auf Sie losschießen zu können. Es handelte sich – zumindest in meiner Erinnerung – um einen humorvollen, tiefgründigen Text. Mein Textkopier-System (also ich selbst) kopierte ihn leider irgendwann auf Nimmerwiedersehen ins Jenseits. Neu schreiben?
Unmöglich. Mein Abba-Erlebnis war inzwischen vollständig beiseitegedrängt. Nach dieser Enttäuschung fand ich mich damit ab, Abba zukünftig totzuschweigen – bis mir jüngst wegen der schwedischen Multimillionärsband der Wagen abgeschleppt wurde. Ich suche jetzt nach einem raffinierten Rechtsanwalt, um die Gruppe zu klagen.

In meiner Wiener Nachbarschaft läuft zurzeit das Abba-Musical. So richtig in Wut versetzt mich, wenn der Umkreis des Raimund-Theaters abends von Abba-Freunden vollgeparkt wird, während ich, im Besitz eines Parkpickerls, wie ein Idiot um meinen Block kreise, in der Hoffnung, dass ein Musicalgast vor Rührung ohnmächtig wird und frühzeitig abgeht, beim Udo-Jürgens-Musical war das oft so, die Abba-Besucher haben aber aus irgendeinem Grund eine bessere Konstitution. Manchmal stelle ich den Wagen in die Ladezone eines Supermarkts. Ich muss halt um sechs Uhr Früh wach werden. Jüngst überhörte ich den Wecker. Wachte um sieben Uhr auf, rannte nach unten – Auto war längst über alle Berge. Es folgte der steinige Weg mit dem Taxi zur KFZ-Verwahrstelle in Simmering. 251 Euro. Daheim waren alle Parkplätze frei. Punkt acht Uhr parkte ich auf dem Stellplatz direkt hinter der Ladezone. Ein tiefer Einblick in die totale Sinnlosigkeit jeglichen Tuns. Wünsche ich keinem von Ihnen.
Pop. Der Autor war unterwegs auf Einladung der Holland-America-Line. Raimund-Theater, Wallgasse 18-20, 1060 Wien, Österreich; ABBA The Museum, Djurgårdsvägen 68, Stockholm, Schweden.



www.amanshauser.at;

Weitere Kolumnen auf: Schaufenster.DiePresse.com/Amanshauser

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.