Amanshausers Welt: 350 Österreich

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Kleine Geschichten über große Locations.

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Ich zweifle, ob es mein tiefster innerer Wunsch gewesen ist, Rainhard Fendrich in Bad Blumau zu sehen. Meine Sozialisation ist eine andere, mich findet man eher bei Konzerten vom Nino aus Wien, Ernst Molden oder Kreisky. Aber ein Pop-Dinosaurier aus einer anderen Zeit – eventuell der größte des kleinen Landes –, das reizt mich jetzt doch.
Meine erste Begegnung mit dem Künstler resultiert aus einem Fensterblick im Rogner-Bad Blumau. Im Innenhof wird Fendrich interviewt. Ich öffne das Fenster, nehme mir ein Herz und rufe ihm aus zehn Metern zu: „Herr Fendrich, darf ich Sie fotografieren?“ Weil ich will schließlich kein Paparazzo sein. „Na, was soll ich jetzt sagen?“, ruft er zurück und lacht. Aus irgendeinem Grund nimmt mich das für ihn ein. Mein Zuruf ist ja auch ein Tauschgeschäft, das beiden Seiten etwas bringt: mir ein Foto von einem österreichischen Star, ihm eine weitere Bestätigung, einer zu sein.

Unplugged. Fendrich hat beim Konzert einen Gitarristen und einen Keyboarder dabei, es läuft unter „unplugged“. Er füllt dieses Zelt mit 700 Personen locker. Junge Leute sind kaum gekommen, aber das passt ja auch. Der späte Fendrich ist ein ausgezeichneter Conferencier, erzählt, wie er nach dem Motto „Der Klügere gibt nach“ erzogen wurde, während rund um ihn die Dümmeren ans Ruder kamen. Gelegentlich zeigt er Düringer-artige Wut, will „die Bonzen stanzen“ und fragt sich, wenn die ganze Welt nun Schulden hat, bei wem denn eigentlich? Seine Themen sind Alter, Geld und Neid. Außerdem ist eine galante Frauenverehrung, fußend auf einem recht klassischen Genderbild, sein Ding. Er macht das alles gut. Eigentlich hatte ich einen Schnösel erwartet, aber auf der Bühne steht ein politischer Mensch, der noch dazu deutlich lustiger ist als der durchschnittliche österreichische Kabarettist.

Eigenes Genre.
Fendrich singt zunächst fast ausschließlich Songs, die ich nicht kenne, was mir imponiert, er pflegt da ein eigenes Genre, zwischen Chanson und Pop. Am Ende zieht ihm die Publikumserwartung doch noch alle Superhits aus der Tasche. Der Menscheninhalt des Zeltes erhebt sich, streckt Feuerzeuge hoch. Irgendwie ist es schade, mitzuerleben, wie ein intimer Abend nahtlos in den Refrainhadern „I am from Austria“ mündet.

Bei „Blond“ wird es dem Künstler dann selbst unheimlich. Fendrich hält inne und sagt: „Horchts zu, der Text is net so bled, wie alle tun, in Wirklichkeit ist das ein Protestlied.“

Chanson-Pop. Der Autor war unterwegs auf Einladung des Rogner-Bads Blumau, www.blumau.com.

Das Konzert fand in einem Zelt beim Thermeneingang statt, Bad Blumau, Österreich.

www.amanshauser.at;

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