Amanshausers Welt: 362 Cabo Verde

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Kleine Geschichten über große Locations.

Turifogo, Zum Fischermann. So heißt das Lokal, das Uwe aus Berlin vor einigen Jahren eröffnet hat. Uwe hat es mit lokalen Muscheln austapeziert, „die größte Muschelansammlung der Kapverden“. Uwe ist einer der Typen, die sich nicht ausfratscheln lassen, besonders nicht, wenn da einer daherkommt und behauptet, er schreibt was für eine Zeitung. Dann Vorsicht! Uwe bringt solchen Leuten, die alles wissen wollen, eine Klarsichtfolie gigantischen Ausmaßes, „da steht alles drauf über uns“.
Natürlich steht nicht alles drauf, sondern nur, dass man bei ihm deutsche Bundesliga und „Nationalmannschaft‘s Spiele“ (sic) kucken und Fischspezialitäten „in einem weltweit einzi, (sic) gartigem (sic) Ambiente“ genießen kann.


Das öffnet einem die Augen, das offene Lokal ist tatsächlich auf seine Art „gartig“, das muss man zugeben. Wenn man Uwe fragt, wie er denn in Cabo Verde gelandet ist, hört man eine Kurzversion. „Wir planten nichts, kamen zum Fischen. Später kauften wir Land. Dann das Restaurant. Das läuft.“ Er blickt zum Himmel. „Bisher klappte es. Mal sehen. Wir haben noch ein Standbein in Berlin.“ Spricht man ihn darauf an, dass seine Fischsuppe als die beste der Insel gilt, lächelt Uwe, als würde er das erstmals hören. „Keine Ahnung“, sagt er.


Andy Janeta, gebürtiger Tscheche, lebt auf Sal. Er war in Europa Manager, aber das war nicht sein Ding. Von Kind auf hatte er einen anderen Traum. Den von einer roten Wüste. „Es kam immer wieder“, sagt er, „zwei Drittel meiner Träume spielten in dieser roten, steinigen Wüste. Ich dachte immer, ich würde in Arizona landen. Dann entdeckte ich Cabo Verde.“ Vor fünf Jahren wagte er den Schritt – Sal wurde seine Insel, Partnerin und Kinder kamen nach.
„Ich zweifelte, ob ich hier leben wollte“, erzählt Andy, „aber dann habe ich gesehen, wie sie ihre Kinder behandeln, das war wunderbar. Die Kinder wuseln hier fast bis um Mitternacht um die Tische, es ist alles so entspannt und normal. Nicht wie in Schweden, verstehen Sie? In Europa sind Kinder ein Nachteil, hier sind sie ein Vorteil.“
Noch ein Beispiel: Als seine Frau auf dem Hauptplatz von Santa Maria ein Telefongespräch führte, ging die Windel des Sohnes über. Der zufällig in der Nähe abhängende 16-jährige Junge mit den Kopfhörern, aus denen Musik klang, gab ihr ein Zeichen. Er holte aus ihrer Tasche die frische Windel und wickelte. Als Andys Frau fertigtelefoniert hatte, war das Kind sauber. „Stellen Sie sich die Szene in einer europäischen Stadt vor“, lacht Andy. 

Ort:

Turifogo, Zum Fischermann, Santa Maria, Sal, Cabo Verde

Neu: Martin Amanshauser, Falsch
Reisen, Alle machen es, 100 Geschichten, Picus Verlag 2014.

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