Amanshausers Welt: 374 Türkei

(c) Beigestellt
  • Drucken

Kleine Geschichten über große Locations.

Kunst-Pressereise nach Istanbul, der Hotelkonzern Le Méridien engagiert sich auf diesem Sektor, leistet sich einen eigenen Kurator, alles auf dieser Reise ist dem Konzept untergeordnet, auf dem Programm steht sogar eine Erwin-Wurm- Ausstellung. Eine deutsche Kunstexpertin findet leider Gefallen am Gespräch mit mir, hört nicht auf zu sprechen, das Dauerquatschen passt halt gut zu diesem Beruf.

In der Hotellobby veranstaltet die Gruppe :mentalKLINIK (ich fordere längst ein Buchstabenspielverbot für bildende Künstler) schon frühmorgens eine „Performance“. Vor einem kleinen, roten Zelt, aus dem Discomusik aus den Neunzigern dringt, müssen wir uns in Zweierreihen aufstellen. Eine Offizielle, die auf einem Stuhl steht, wählt nun willkürlich aus, welche zwei bis drei Leute jetzt gerade hineindürfen (Irritation durch Willkür). Ich komme gleich dran. Innen ist es eng. Etwa 20 junge Leute, vor allem magere Frauen, die einen Kopf größer sind als ich, bewegen sich auf einer Tanzfläche hin und her – der wahre Horror eines Discoabends, in drei Minuten durchlebt.

Wieder draußen! Alle grübeln. Die Hotel- und Kunstcrowd steht erwartungsvoll beisammen und wartet auf die Rede des vollbärtigen Leiters von :mentalKLINIK. Der spielt seine Rolle perfekt, verweigert Erklärungen, gibt nur bekannt, dass es sich um eine „ experience“ namens „terribly jolly“ gehandelt habe. Schließlich tritt ein sakkotragender Kurator oder Hoteltyp – der Unterschied ist schwer zu bestimmen – ans Mikro und sagt: „We share the same passion for art, wellness and welcoming people.“

Wenn die Typen nur nicht so viel quatschen würden. Ich habe Kunst ohne Erläuterungen immer am eindrucksvollsten gefunden. Die deutsche Kunstexpertin steht plötzlich neben mir, sie sagt, dass sie meine kritische Haltung schätzt. Das Lob ist nur ein Trick, damit sie ohne Pause reden darf. Sie tut das, während ich still verzweifle. Ich überlege, ob ihr das Dauerquatschen in ihrem Beruf weiterhilft – zunächst einmal sicherlich – oder ob es sie letztlich nicht doch etwas bremst.

Die österreichische Hotel-PR-Frau rettet mich aus den Fängen der Kunstexpertin. Ich frage sie, was sie von der Performance gehalten hat. „Irgendwie fehlt uns das gewisse Etwas, um das zu verstehen“, sagt die Hotel-PR-Frau. „Echt?“, frage ich sie belustigt. Sie zuckt mit den Schultern: „Der Ansatz ist mörderisch, in der Früh pack ich so was nicht.“

Ort

Der Autor wurde eingeladen von Le Méridien Istanbul Etiler, Cengiz Topel Caddesi 39, Etiler, Istanbul.

Tipp

www.amanshauser.at

Weitere Kolumnen auf: Schaufenster.DiePresse.com/Amanshauser

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.