Amanshausers Welt: 375 Costa Rica

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Kleine Geschichten über große Locations.

Im Mercado Central von San José trinke ich Tee mit Schaummilch, esse Maiskuchen. Das TV-Gerät zeigt Fußball, Oman gegen Costa Rica, jede Menge Scheichs im Publikum. Die Prozedur mit den Hymnen zieht sich, ich stehe auf. Der Kellner möchte mich bremsen: „Könnte interessant werden heute!“ Ich antworte: „Ist doch nur ein Freundschaftsspiel.“ Der Kellner: „Wer Fußball liebt, liebt ihn immer. Besonders jetzt – wir stürmen zurzeit total kopflos nach vorn und haben den falschen Tormann drin, den schlechten.“ Ich verlasse das Café, die Bildschirme sind ohnehin an jeder Ecke. Nach ein paar Minuten registriere ich, dass Costa Rica 1:0 führt, die sind ja wirklich gut. Kurz darauf schnappe ich auf, dass es 1:1 steht, die sind ja wie Österreich!

Ich suche den anderen Markt, den Mercado Borbón, überall Fußball, außer in der Catedral Metropolitana. Auf den Bildschirmen in einem Café, hoch wie ein Loft, steht es plötzlich 4:1 für Costa Rica, die sind ja wie Deutschland! An der Ecke Calle 8 und Avenida 10 (so hab ich mir das notiert) bleibe ich in meiner Suche stecken: Hier befindet sich definitiv kein Mercado Borbón, was soll’s, manchmal irrt man in Städten. Beim Friseur am Eck gibt es einen neuen Spielstand, es steht nur noch 4:2, die sind ja fahrlässig. Der Kellner hatte recht, interessante Partie. Ich gebe den Traum vom Mercado Borbón auf und beschließe, für die letzte Viertelstunde des Matchs zum Mercado Central zurückzukehren.

Vor dem Markt kommt mir der Kellner in Zivil entgegen. „4:2 ist nicht schlecht“, sage ich. „Steht schon nur mehr 4:3“, informiert er mich, worauf ich frage: „Sie schauen nicht bis zum Ende?“ Er lächelt: „Nein, sieben Tore sind genug, dabei wird es bleiben.“ Ich nicke ohne Überzeugung, wir verabschieden uns, ich bestelle in einem Marktlokal eine Portion Ceviche, Costa Rica führt tatsächlich 4:3, noch fünfzehn Minuten, der Oman drängt auf den Ausgleich, die Ceviche ist ziemlich gut. Ich werde gefragt, woher ich bin, das Ergebnis ist Australien. Ist am Ende gar noch der Ausgleich gefallen? Ich verrate lieber nichts. Ein 4:4 würde jedenfalls keine so gute Geschichte ergeben. Mit Schlusspfiff erhebe ich mich, zahle und spaziere in Richtung Estación al Atlántico. Ich hab genug vom Fußball und will jetzt die Eisenbahn ausprobieren. Der Weg wird länger, verworrener, stimmt meine Richtung noch? Gehe ich im Kreis? Den Kopf hebend lese ich eine Aufschrift: „Mercado Borbón.“

Ort

Marktspaziergänge. Der Autor war eingeladen von der Central America Tourism Agency (Cata).

Mercado Central, Avenida 1/Calle 8; Mercado de Borbón, Avenida 3/Calle 8; San José, Costa Rica.

Tipp

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