Amanshausers Welt: 400 Singapur

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Kleine Geschichten über große Locations.

Ich bin ein Teetrinker. Ich begann in den Neunzigerjahren mit dem Billigtee aus türkischen Läden („Karedeniz, Echter Ceylon Tee“), doch irgendwann wurde ich skeptisch. Ich stieg auf Assam und Darjeeling aus dem Supermarkt um, las aber bald, dass jährlich weltweit 40.000 Tonnen Darjeeling angeboten werden, aber weniger als 10.000 Tonnen produziert.

Ich wechselte zu seriösen Teeimporteuren wie Schönbichler, doch dort war ich immer überfordert. Ich hatte einfach zu wenig Ahnung von Tee, und ich hatte immer den Eindruck, nicht den richtigen zu erwischen, als Laie blöd dazustehen, zu viel aufgeschwatzt zu kriegen. Bei Mariage Frères in Paris ging es anders zu, dort probierte ich alles Mögliche, und schließlich wechselte ich in Wien zu Demmers und später auch zu diesem netten Teeladen in der Spitalgasse mit dem unglücklichen Namen Tastea.

Zu diesem Zeitpunkt hatte ich längst begonnen, grünen Tee zu trinken. Man muss ziemlich viel grünen Tee trinken, bis er einem schmeckt. Zuerst glaubt man ja, das ist einfach so ein verwaschenes, verstaubtes Asienzeug. Inzwischen ziehe ich grünen Tee vor.

In China faszinierte mich, wie diese Taxifahrer, Portiere und Rezeptionisten ein paar Blätter Tee in einem Gefäß mit Schraubdeckel täglich ein paar Mal aufgossen – dadurch musste ja ein immer schwächer werdendes, völlig homöopathisches Zeug entstehen, ein heißes Wasser mit Nebengeschmack. Heute trinken diese Leute größtenteils Cola oder Energydrinks aus Dosen, nur in chinesischen „Kleinstädten“ findet man klassische Grünteetrinker noch. Ich hatte nun jüngst in Singapur das Vergnügen, an einer Teezeremonie teilzunehmen, leider mit einer Gruppe ausgewiesener Kaffeetrinker, was die ganze Aktion etwas absurd machte. Der Profi im Tea Chapter ließ sich nichts anmerken, er zeigte, wie man die Tasse hielt, wie man aufgoss, den ersten Aufguss wegschüttete und so weiter. Selbst die Queen und ihr Mann hätten bei einem Staatsbesuch seinen Laden besucht, erzählte er.

Neben den Kaffeemenschen, die interessierte Fragen stellten, um nicht blöd dazustehen, ging ich mit meinem Interesse völlig unter. Der Zeremonie-Tee schmeckte äußerst fein, um nicht zu sagen homöopathisch. Ich überlegte mir, wie das damals war, als die Queen abends mit ihrem Mann zurück ins Hotelzimmer kam und sich kopfschüttelnd ein Säckchen Lipton aufgoss. „Now this is what I call tea“, sagte sie, „milk, darling?“

Ort

Teezeremonie. Der Autor wurde eingeladen von Singapore Airlines, Sanctuary Retreats und Windrose Österreich. Tea Chapter Trading Pte Ltd, 9 & 11 Neil Road, Singapur.

Tipp

Texte: Michael Reichel, www.amanshauser.at

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