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Ganz aus Holz. Aber neu: der oder die Balder.
Ganz aus Holz. Aber neu: der oder die Balder.(c) Beigestellt
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Kleine Geschichten über große Locations.

Der Lunapark Liseberg liegt etwas außerhalb von Göteborg, und ich habe mich hinbegeben, weil mir zu Ohren kam, dass sich in ihm die drei besten Roller Coaster Skandinaviens befinden. Ich sage Roller Coaster, denn als ich das letzte Mal „Hochschaubahn“ gesagt habe, starrte mich eine deutsche Kollegin derart entsetzt an, dass ich auf Wikipedia nachlas und herausfand, dass es Hochschaubahnen offenbar nur im Wiener Prater gibt.

In diesem schwedischen Prater gibt es drei berühmte – jetzt hab ich das Wort endlich – Achterbahnen, und besonders die erste, größte sieht wild aus, sie hat Loopings und allerlei arge Beschleunigungen, die Lisebergbahn, ich beginne mit ihr. Es hat geregnet, ich trage einen Schirm mit und der irre Einlasser lässt auch den Schirm mitfahren, er lehnt ihn an mein Knie, ich sehe schon meine Eingeweide zerquetscht oder zumindest meine beiden, falls man das in dieser Zeitung so ausdrücken darf, Hoden. Die Fahrt ist dann solide, aber doch etwas enttäuschend, und vom Gefühl her war kein Looping dabei, von innen sieht das offenbar doch gemäßigter aus, ich wundere mich.
Einer großen Werbung entnehme ich, dass Deep Purple heute Abend in Liseberg spielen, unglaublich, diese Band scheint bis 2016 durchgehalten zu haben! Wäre ich ein Fan, müsste ich glatt meinen Flug verschieben. Zum Glück bin ich keiner, auf zur zweiten Achterbahn!

Sie heißt Helix, und sie trägt den Beinamen „the next level“. Als es losgeht, merke ich, dass ich mich vorhin geirrt habe. Diese Helix hat all die Loopings, sie verläuft einfach nur verschlungen mit der Lisebergbahn. Es reißt mich im Kreis, ich bin noch nie mit so etwas Argem gefahren, ich klammere mich an den Druckbügel, hab tolle Angst und fahre danach gleich eine zweite Runde, damit es mir erstmals Spaß macht.

Die dritte Achterbahn Lisebergs ist aus Holz gebaut, heißt Balder und rattert unglaublich. Sie hat kein Looping, ist jedoch ein Beuschelreißer – obwohl, wenn ich sie so bezeichne, kann ich gleich Hochschaubahn sagen.
Auf dem Weg zum Ausgang des Liseberg-Lunaparks komme ich zuerst an einem „Biergarten Tyrolen“ vorbei und dann an einer Band alter Männer, die auf einer Bühne Soundcheck macht, es klingt ziemlich kläglich, wie so eine Sommer-Hit-Band, aber sie stehen mit totalem Ernst auf der Bühne. Erst im Flughafenbus komme ich drauf, dass ich vielleicht sogar den Resten von Deep Purple begegnet sein könnte.

Ort

Achterbahnen. Der Autor war eingeladen zu Gothenburg Green World. Liseberg, Göteborg.

Martin Amanshauser, „Typisch Welt, 111 Reisegeschichten zum weiter Reisen“, Picus Verlag.

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