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Ästhetisch  befriedigend: Spätfolge blauer Fleck.
Ästhetisch befriedigend: Spätfolge blauer Fleck.(c) Beigestellt
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Kleine Geschichten über große Locations.

Es geht schnell. Ein kleiner Stein liegt auf der Piste, dem ich sinnloserweise im letzten Moment ausweiche. Der Ski beißt, ich verlasse den Carvingmodus, ein unerwünschter Sprung, die Bindung öffnet sich. Ich stürze hangwärts und Kopf voran in die harte Piste. Ein stechender Schmerz im Oberarm. Was da genau passiert ist, könnte man nur nach eingehender Videoanalyse sagen. Beim neuen Anschnallen zittern meine Knie. Den restlichen Skitag fahre ich ohne Stockeinsatz, aber mit Schmerzen. Eine Freundin, die Ärztin ist, rät mir via  WhatsApp: „Geh auf die lokale Unfallabteilung, die können so was am besten, das ist nichts für Wiener Hausärzte.“

Leider kann ich schlecht auf dem Rücken schlafen, und es ist dem Menschen unmöglich, vorsichtig zu schlafen. So verbringe ich mehrere Stunden mit Albträumen und bin froh, dass der Morgen über St. Anton heraufdämmert. So früh wie möglich suche ich Doktor Knierzinger in seiner Praxis auf. Knierzinger, sichtlich Profi, erringt mein Vertrauen, weil er diese Kolumne kennt. Auch seltsam. Ist so. Sein Röntgen zeigt keinen Bruch. Knierzinger will sichergehen und schickt mich zum MRT.

Während ich in Wien in zwei Wochen einen MRT-Termin ertelefoniert hätte, fährt mich „der Thomas“ direkt zur Klinik. Dieser Mann chauffiert den Knierzinger-Arztwagen durch St. Anton und Umgebung. Skiunfälle. Er hat schon einiges gesehen. „So was geschieht den Beschten“, kommentiert er meinen Sturz, „der Ski beißt, du verschneidest und fliegst ab wie ein Skispringer.“ Genau! Der Thomas parkt vor der Klinik. Kündigt an, er wird mich abholen.

Ich komme für fünfzehn Minuten in die Röhre. Ich mag das ja gern, lausche den modernistischen MRT-Beats. Am Ende krieg ich eine CD (oder DVD?) in die Hand. Thomas erwartet mich. Er erzählt mir, wie wichtig es ist, die Patienten darüber zu informieren, was als  Nächstes geschehen wird. „Kein Kotzbrocken sein“, das ist sein Credo.  Er selbst ist einmal in Kanada beim Heliskiing mit einer Schnittwunde  stundenlang in der Gegend rumgefahren worden, ohne zu wissen, was als Nächstes kommen wird. Er weiß seitdem: Info ist das Wichtigste.

Knierzinger zeigt mir in seiner ruhigen Art auf dem Monitor einen „Haarriss im Oberarmkopf“. Der Muskel sei „eingeblutet“, der Schleimbeutel entzündet, die Sehnen zum Glück in Ordnung, keine OP nötig. Es wird drei Wochen wehtun. Das nehme ich gern an. Ich kriege eine Armschlinge und bin urerleichtert.

Ort

Skiunfall. Der Autor war Gast von Arlberg (St. Anton). Ordination Dr. Knierzinger, Dorfstraße 8,
St. Anton a. A., Österreich.

Tipp

Neues Buch: Martin Amanshauser, „Typisch Welt“, Picus Verlag, 2016.

www.amanshauser.at

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