Hoher Meerwert und hohe Walbeteiligung in Südafrika

(c) REUTERS (Mike Hutchings)
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Hinter jeder Klippe warten Überraschungen: Eine Fahrt von Kapstadt entlang der Atlantikküste führt zum weltweit einzigen Walrufer, zu Tollpatschen im Frack, ins Surferparadies und an eine Möchtegern-Côte-d'Azur.

Aha, das hier soll also die Côte d'Azur Südafrikas sein? So jedenfalls schwärmen Reiseführer von Camps Bay, preisen Kapstadts Nobelvorort als Hotspot der Reichen und Schönen, seine Küstenstraße als Laufsteg für Endlos-Beine und Vorführ-Boulevard fauchender Breitreifen-Boliden. Nun ja: Ein Porsche und ein Maserati, immerhin, protzen vor dem Café Caprice, Camps Bays angeblich angesagtestem Szenetreff, der eher anmutet wie eine Eisdiele der Caterina-Valente-Ära. Davor posieren drei sehr angestrengt cool dreinschauende, Slim-Zigaretten paffende Mädchen in Röcken deutlich kürzer als alles, was sie drunter tragen. „Ja, stimmt“, sagt Reggie Hennop etwas zerknirscht, „mit dem Versuch, Camps Bay in die Côte-d'Azur- und Miami-Beach-Liga zu hieven, haben wir uns wohl etwas verhoben. Es war halt so ein Marketing-Versuch . . .“ Aber Hennop, Manager des am Ortsrand gelegenen Luxus-Apartmenthauses South Beach, pocht darauf, Camps Bay sei eine der schönsten Buchten des Landes und toller Ausgangspunkt zu weiteren entlang der südafrikanischen Küste.

Recht hat er. Surfer stürzen sich vor Camps Bay in heranrollende Wellen. Dahinter, am sichelförmigen Strand, tanzen Schüler, machen ihre Wandertag-Kleinbusse zu mobilen Discos. Eingerahmt wird die Szenerie von den Zwölf Aposteln, einer pittoresken Bergkette und Nachbarin des Tafelberg-Massivs. Auf den Terrassen der Bars und Restaurants von Camps Bay sitzen Gäste wie auf Tribünen und schauen hinunter auf das Geschehen an der Victoria Road. Es sei denn, sie besitzen eine Privatloge in einem der Schöner-Wohnen-Penthouses, wo man buchstäblich über den Dingen steht, mit einem Glas kühlem, perlenden Cap Classique in der Hand.

Neun Kilometer, 114 Kurven

Der Weg zu weiteren südafrikanischen Buchten mit Meerwert führt über eine der weltweit schönsten Küstenstraßen, den Chapmans Peak Drive: Dieses neun Kilometer und 114 Kurven lange, schmale Asphaltband schlängelt sich stets eng an den Klippen entlang, mehrere Hundert Meter über der tosenden Atlantik-Gischt und vom Abgrund oft nur durch ein kniehohes Mäuerchen getrennt.
Sightseeing-freundliche Tempolimits zwischen 20 und 40 ermöglichen Genießerblicke auf eine Farbenvielfalt wie im Tuschkasten: schroffe sandfarbene, dann braune Felsen, türkises Meer, blauer Himmel, grüner, brokkoliartiger Steilküstenbewuchs. Über den felsigen, karg bewachsenen Rücken der Kaphalbinsel geht es zur Bucht Nummer zwei im Fischerort Simons Town, der mit seinen verschnörkelten Verandahäusern anmutet wie ein viktorianisches Freilichtmuseum.

Etwas underdressed erscheinen wir hier zum Meeting am Boulders Beach, dem Südstrand von Simons Town. Denn die untersetzten Gastgeber tragen sämtlich Frack, sind nur 60 Zentimeter groß, watscheln tollpatschig auf weißen Felsen umher und tröten dabei wie zerbeulte Hupen: afrikanische Brillenpinguine, die sich 1985 hierher verirrt haben und geblieben sind. Die Art ist heute gefährdet, daher darf man die Tiere nur von etwa hundert Meter entfernten Holzstegen beobachten. Aber mit Glück kommt ein besonders neugieriger Watschelvogel herüber und tapst zwischen den Menschen herum. Die einzige weitere Brillenpinguin-Kolonie Südafrikas liegt quasi schräg gegenüber am anderen Ufer der Bucht, zweieinhalb Autostunden östlich, bei Bettys Bay.

Südkaper-Kolosse

Von hier aus sind es knappe 45 Minuten zur Walker Bay, der Überraschungsbucht Nummer drei: Wieder so eine ausladende Sichel, aber anstelle von weißem Strand mit dunklem, felsigen Ufersaum und Klippen, überwuchert von Fynbos, dichtem, artenreichem Buschwerk, das es so nur in Südafrika gibt. Hindurch führt ein zwölf Kilometer langer Wanderpfad – der Arbeitsplatz des wohl weltweit einzigen Walrufers. Eric Davalala trägt Lederhut, gebügelte Hose, kariertes Hemd und darüber ein Sandwichposter: Vorn wirbt er, geadelt von der Unesco, mit der „besten Wal-Beobachtung von Land aus“, hinten drauf stehen alle Aussichtspunkte dafür, von Grotto Beach bis zum New Harbour. Sein wichtigstes Arbeitsgerät hat Eric im Mund – das Kelphorn, eine an Luren erinnernde, geschwungene Tröte aus getrocknetem Seetang. Der 27-Jährige hat zuverlässig hohe Walbeteiligung hier im Örtchen Hermanus, und wann immer er diese in der Bucht erspäht, trompetet er drauflos und zeigt herbeiströmenden Gästen, wo einer der bis zu 80 Tonnen schweren Südkaper-Kolosse (Eubalaena australis) Fontänen in die Höhe bläst oder aus dem Wasser aufsteigt und zurück in das Meer plumpst. Jährlich von Juni bis November sind die zwischen 15 und 20 Meter langen, in der Antarktis beheimateten Glattwale zu Gast in der Walker Bay, um hier in wärmerem Wasser ihre Jungtiere zur Welt zu bringen.

„Aus diesem Naturschauspiel muss sich doch etwas machen lassen“, dachten Geschäftsleute um den Ingenieur i. R. Brian Ancketil Anfang der 1990er-Jahre und erfanden den Walrufer. Ancketil bastelte anfangs die Kelphörner selbst, heute gibt es sie überall in Hermanus' Souvenirshops. Eric ist bereits der fünfte Walrufer. Bekommen hat er den Job, weil er mühelos ohne Pause redet, gern für Fotos posiert, viel über Wale weiß und seinen vorherigen Job als Parkplatzwächter loswerden wollte.

KUDU-STRAUSS-SPRINGBOK-SCAMPI-KEBAB

Anreise: Lufthansa fliegt Kapstadt von Frankfurt direkt an, Emirates via Dubai und Qatar Airways über Doha. lufthansa.com, emirates.com, qatarairways.com

Schlafen: South Bach, luxuriöse Herberge im mondänen Beach-Stadtteil Kapstadts. Vier-Sterne-Apartment-Haus mit Tiefgarage und Pool, sehr geräumige, weiß und beige eingerichtete Wohnungen mit kleiner Terrasse, voll eingerichteter Küche und Frühstücksservice. Preise pro Apartment/Nacht je nach Jahreszeit ab umgerechnet ca. 140 Euro (Mai–Juli) bis 650 Euro in der Hochsaison von Weihnachten bis Jänner. 6, Link Road, blueviews.com.

Boulders Beach Lodge, Simons Town: Schlafen ganz dicht bei den Pinguinen. Elf schön eingerichtete Zimmer und zwei Apartments für Selbstversorger. Terrassenrestaurant mit Blick auf die Pinguinkolonie. Preise ab ca. 40 Euro p. P./N. 4, Boulders Place, bouldersbeachlodge.co.za.

Marine Hermanus, Hermanus: Das Haus liegt sozusagen in der ersten Reihe direkt am Klippenweg und bietet Walbeobachtung vom Balkon aus. DZ/F ab ca. 270 Euro, marine-hermanus.co.za.

On the Beach Guesthouse, Jeffreys Bay: Das Gästehaus hat direkten Zugang zum Strand über eine Holztreppe von der Veranda vor dem geräumigen Apartment hinunter in den Sand. Das opulente Frühstück wird oben darüber in einem Raum mit Panoramafenstern und Rundumblick serviert, der zudem eine Selbstbedienungsbar enthält. Auf Vertrauensbasis muss jeder seine Drinks aufschreiben und bei Abreise zahlen. DZ/F ab ca. 80 Euro, 32 Waterkant, onthebeach.co.za

Essen: Butchers, ein kleines, neu eröffnetes Steakhouse in Camps Bay, bietet Surf-Safari: Kudu oder Strauß oder Springbok mit Scampi drauf. Oder Bushmans Kebab: Fleisch von allen Dreien. Victoria Road, Shop 3, www.thebutcherrestaurant.co.za.

Gute, schnelle und frische Snacks unterwegs gibt es bei Yoffi Falafel direkt am Strand von Muizenberg im Balmoral Building.

The Meeting Place in der viktorianisch geprägten Hauptstraße von Simons Town ist ein verträumter Trödelladen mit Kaffee- und Kuchen-Ecke sowie zwei Tischen draußen, 98 St. Georges Street.

Harbour Rock Restaurant, Hermanus: Im Ort nur The Rock genannt, überblickt man von hier den ganzen Hafen und kann wunderbare Fischgerichte genießen, vom Sushi bis zum Fang des Tages. Site 24a, New Harbour, harbourrock.co.za

Taste Kitchen, Jeffreys Bay: Kochschule, in der man freitagabends auch essen kann. Sehr nette Atmosphäre, nur wenige Tische, unbedingt vorbestellen. 4 Schelde St., +27/73/236 3132, 3fatfish.co.za.

The Wild Fig Farm liegt etwas außerhalb, ein ebenfalls kleines, von coolen Surfern geführtes Verandarestaurant mit tollen Salaten und Steaks. Doornkamp Road, thewildfigfarm.co.za.

Erleben: Die Fahrt über den Chapmans Peak Drive kostet umgerechnet 2,40 Euro Maut pro Strecke. Wer weitgehend freie Fahrt haben möchte, sollte frühmorgens aufbrechen.

Walrufer: Von Juni bis November patroulliert und trötet der Walrufer auf dem Küstenpfad in Hermanus ab 10 Uhr morgens bis nachmittags um vier. Infos beim Hermanus Tourism Bureau unter +27/28/312 2629 und unter www.southafrica.net

Südafrika pauschal: u. a. mit Dertour, Kneissl Touristik oder Ruefa

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