Honduras für Abenteurer und Naturfreunde

Die Lebensfreude der Hondureños lässt Reisewarnungspsychosen schnell vergessen.
Die Lebensfreude der Hondureños lässt Reisewarnungspsychosen schnell vergessen.Reuters
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Eine der reizvollsten Regionen Mittelamerikas, der Golf von Fonseca, ist durch extreme Hitze an der Küste und angenehme Kühle in den nahegelegenen Bergen geprägt.

Die Anreise von der Metropole Tegucigalpa führt auf einer für honduranische Verhältnisse guten Straße durch dicht bewaldete romantische tropische Berge. Wegen der geringen Nord-Süd-Entfernung bildet der Golf von Fonseca eine Art Dreiländereck zwischen Nicaragua im Südosten, El Salvador im Nordwesten und Honduras in der Mitte. Die honduranische Pazifikküste ist nur 124 Kilometer lang, die Strände bestehen meist aus feinem vulkanischen Sand. Davor liegen dreißig kleine, zum Teil unberührte Inseln.

Die dichten Mangrovenwälder, Gegenstand von Auseinandersetzungen zwischen Naturschützern und ausländischen Großinvestoren, werden nicht nur von Ornithologen als besonders erlebenswert betrachtet. Sie sind eine ideale Brutstätte für Hunderte Vogelarten. Die verflochtenen Wurzelsysteme sind Laichplätze von Fischen, Krebsen und tropischen Garnelen. Für die Selbstversorgung der lokalen Märkte ist die traditionelle Garnelenfischerei von existenzieller Bedeutung.

Die Weltbank und der Internationale Währungsfonds haben den Ausbau künstlicher Wasserkulturen mit dem Ziel der Armutsbekämpfung und der Schaffung von Arbeitsplätzen massiv gefördert. Die von US- und deutschen Großkonzernen dominierte Garnelenindustrie hat Teile der Mangroven abgeholzt und die Fischerei und lokale Märkte geschwächt. Internationale und lokale Umweltinitiativen versuchen, den noch vorhandenen und immer noch bedeutenden Mangrovenbestand zu erhalten.

Bird Watching vom Boot aus

Die stillen grünen Wasserläufe, die durch die Mangrovenwälder führen, eignen sich ideal für Bootstouren, vor allem Birdwatcher kommen hier voll auf ihre Rechnung. Manche nehmen Strapazen und bedeutende Kosten auf sich, um ihrem Hobby hier nachzugehen. Die Vielfalt exotischer und seltener Vogelarten wird von Experten als außerordentlich bezeichnet. Die Pazifikküste mit ihrem flachen Hinterland ist die heißeste Region von Honduras, mit Durchschnittstemperaturen von 35 bis 37 Grad, das ganze Jahr über. Allerdings ist die Luftfeuchtigkeit im Gegensatz zur karibischen Seite niedrig und die Hitze erträglicher. In den südlichen Provinzen Choluteca und Valle faszinieren vor allem die klimatischen und pflanzlichen Kontraste auf kleinem Raum. In nur 45 Minuten befindet man sich im gebirgigen Hinterland auf tausend Metern Seehöhe, Föhren und Palmen gedeihen nebeneinander in angenehmer Kühle prächtig. Man kann ohne Klimaanlage schlafen, was in Küstennähe für Europäer kaum vorstellbar ist.

Rinder in hüfthohem Gras

Die Regenzeit endet im November. Es folgen sechs Monate totaler Trockenheit mit ständig blauem Himmel. Während der Regenzeit regnet es in diesem Teil von Honduras meistens nur nachts, tagsüber scheint häufig die Sonne. Die Monate nach dem regnerischen Winter, also November bis Jänner, sind besonders attraktiv, weil die Vielfalt der Pflanzen und Bäume in den verschiedensten Grüntönen strahlt und die Rinder in der Tieflandsavanne in meterhohem Gras weiden. Die Hauptstadt des Südens, Choluteca, mit vierhunderttausend Einwohnern wurde 1533 gegründet. Das kleine Zentrum mit der 1634 erbauten und geschmackvoll restaurierten Kirche La Merced verdient zumindest einen ausführlichen Spaziergang, bevor die Sonne untergeht. Die Lebensfreude der Hondureños und das gastfreundliche Interesse, das in der Provinzhauptstadt exotischen Besuchern entgegengebracht wird, lassen Reisewarnungspsychosen schnell vergessen. Als Träger eines Fotoapparats wird man kaum woanders so häufig um ein gemeinsames Selfie gebeten. Außerhalb des Zentrums und dem Zentralpark mit seinen prachtvollen alten Bäumen wirkt Choluteca wie ein ausgedehntes Dorf – hüttenartige Häuser in gepflegten kleinen Gärten. Es gibt weder Straßenbeleuchtung noch Asphalt, das Leben spielt sich abends, wenn es abgekühlt hat, auf der Straße ab.

Im Süden von Honduras haben die Spanier nur wenige genetische Spuren hinterlassen, Gesichter und Mentalität sind indigen. Die für europäische Begriffe allgegenwärtige Armut ist wegen der Bescheidenheit und Anmut der Bevölkerung nicht so augenfällig wie sonst in Mittelamerika. Die Panamericana berührt Choluteca und ist eine nicht nur verkehrspolitische Lebensader für den pazifischen Raum. Dieser Highway von Alaska bis Feuerland hat in Honduras nur die Ausmaße einer mittleren europäischen Landstraße und ist in einem denkbar schlechten Zustand. Trotzdem rollen Kolonnen von überdimensionalen Lastwagen in beide Richtungen. Für Besucher, die die Naturschönheiten der südlichen Provinzen kennenlernen wollen, ist die Straße ein Segen. Nur durch ihre Benützung kann man das Land in Tagesausflügen von Choluteca aus erkunden. In kürzester Zeit erreicht man über den Highway und holprige, nicht asphaltierte Wege endlose Sandstrände, die zu Spaziergängen und Wasserspaß einladen – Ausrüstungen wie Sonnenschirme muss man allerdings mitnehmen. Fahrten mit Fischerbooten führen in die totale Einsamkeit.

800 Höhenmeter bei 35 Grad

Liebhabern tropischer Bergtouren bietet die Isla del Tigre ein besonderes Erlebnis. Die Insel ist per Tagesausflug von Choluteca erreichbar, vulkanischen Ursprungs und eine der Perlen des Golfs von Fonseca. Das Eiland wird von einem 800 Meter hohen, dicht bewachsenen Berg dominiert. Bis in die Neunzigerjahre war der Gipfel eine Basis der US-Drug Enforcement Agency (DEA). Der Aufstieg führt über einen steinigen Pfad durch einen Urwald, der kaum Blicke auf die Umgebung zulässt. Dafür ist der Ausblick vom Gipfel eine Entschädigung für die 800 Höhenmeter bei 35 und mehr Grad. Es eröffnet sich ein Berg- und Meerespanorama, das auch Teile von El Salvador und Nicaragua einschließt.

Charme vergangener Zeiten

Die kleine Hauptstadt der Insel, Amapala, war einst der bedeutendste Pazifikhafen und 1876 sogar für ein paar Monate die Hauptstadt des Landes. Im 16. Jahrhundert hatte hier der englische Freibeuter Sir Francis Drake seine Basis. Heute ist es ein in der Hitze dahindämmernder Kurort mit dem Charme vergangener Zeiten. Um wenig Geld kann man ein Tuk-Tuk samt Chauffeur mieten. Mit diesen dreirädrigen offenen Motorfahrzeugen rattert man über die siebzehn Kilometer lange, kopfsteingepflasterte Straße das Ufer entlang rund um die Insel. Unterwegs stoppt man an einem der vielen kleineren oder größeren oft menschenleeren Strände, das Meer präsentiert sich häufig spiegelglatt, viele kleine, bescheidene Lokale servieren köstlichen frischen Fisch und Tiefseekrabben. Entlang der Straße leben die Menschen in bescheidenen Hütten. Sie sind kontaktfreudig, fröhlich und freundlich.

Die Sauberkeit ist auffallend. Im Bergland des Südens sind malerische Dörfer wie Yuscarán, Ojojona oder San Marcos de Colón einen Besuch wert. Gut erhaltene alte Kirchen, Dorfplätze und Feste prägen das Leben dieser Orte. Man findet interessantes Kunsthandwerk, Künstler, die sich aus der Hauptstadt in die Einsamkeit zurückgezogen haben, und wunderbare Früchte, die in der sonnigen Kühle der Berglandschaft besonders gut gedeihen. Nach mindestens drei intensiven Tagen im Süden sollte man die siebenstündige Autofahrt zu den Maya-Ruinen von Copán antreten, aus der lebensfrohen, strahlenden Welt der Pazifikküste in die mystische Welt versunkener Kulturen.

TIEFSEEKRABBEN & VULKANSANDSTRÄNDE

Anreise: Die einfachste Route führt mit Iberia von Wien über Madrid, Guatemala City und El Salvador nach Tegucicalpa. In El Salvador steigt man in eine Maschine der Avianca um.

Achtung: Die Koffer fest versperren, denn beim Umladen verschwinden Gegenstände aus dem Koffer.

Der Flug kostet rund 1000 Euro und dauert über 22 Stunden. iberia.com

Hotel und Tourorganisator in Choluteca: Jicaral Hotel y Centro de Conventiones. Neu eröffnetes, erstklassiges Hotel mit jedem Komfort, Swimmingpool, Fitnesscenter. Die Gastronomie ist von hohem Niveau. Vom Hotel aus hat man einen guten Direktblick auf die naheliegenden Dschungelberge. Eine Tour mit Führung auf den Aussichtsgipfel kann organisiert werden. jicaralhotel@gmail.com, +504/2782 0516
facebook.com/hoteljicaral

Pacific Tours: Organisator von begleiteten Touren für Gruppen und Einzelpersonen. Die Agentur hat ein Büro im Hotel Jicaral. Der Inhaber, Don Víctor Hernández, hat erstklassige Voraussetzungen, Touren zu planen, zu organisieren und zu begleiten. Er spricht Englisch. Wenn Víctor selbst nicht kann, hat er andere englisch- oder deutschsprachige Tourbegleiter zur Verfügung.
pacifictourshonduras.weebly.com

Amapala, Isla del Tigre

Hotel: Hostal Casa de Las Gargolas:
Mit Swimmingpool, sehr sauber, allerdings nicht direkt am Strand. hostalnamastre@yahoo.com

Tourismusbüro: Gegenüber der Kirche San Lorenzo (Hafenstadt), mit schönem Strand und Ausgangspunkt für Bootsfahrten.

Restaurant: La Sirena del Pacífico
Der Inhaber ist Deutscher mit jahrzehntelanger lokaler Erfahrung. Erstklassige Küche, mit Schwerpunkt auf Fisch und Meeresfrüchten.

Sicherheit: Man sollte in der Nacht nicht allein spazieren gehen. Die große Armut führt zu Übergriffen. Der Süden des Landes gilt allerdings als relativ sicher.

Gesundheit: Malaria-Prophylaxe empfohlen. Unterhalb von 800 Metern besteht geringe Malariagefahr, über 800 Meter keine. Insektenspray ist hilfreich, vor allem, wenn man in Mangrovenwäldern unterwegs ist. Beratung mit einem Apotheker oder Arzt im Hinblick auf das Mitnehmen von Medikamenten wie Antibiotika ist empfohlen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.07.2016)

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