Die Spiele vor der tropischen Traumkulisse

Die leere U-Bahn-Station beim Olympic Park in Barra
Die leere U-Bahn-Station beim Olympic Park in BarraReuters
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Im Strandviertel Barra finden 70 Prozent der Olympia-Wettkämpfe statt. Doch fast ein Drittel der Olympia-Tickets ist nicht verkauft.

Rio de Janeiro. Die Kulisse ist kaum zu toppen: Das Zentrum der Olympischen Sommerspiele in Rio de Janeiro ist Barra, Rios modernes Strandviertel am Atlantik, das mit einem 18 Kilometer langen Sandstrand aufwarten kann. Der Background dazu sind zwei tropische Bergketten überwuchert von üppigster Vegetation – im Osten der Parque Natural Municipal da Cidade und der Parque Nacional da Tijuca und im Westen ein riesiger öffentlicher Park, mehr ein Dschungel, mit versteckten Wasserfällen und einem kleinen Stausee. Die Parks sind Lebensraum unzähliger exotischer Vogelarten. Im Stadtviertel Barra da Tijuca finden von 5. bis 21. August 2016 über 70 Prozent der Olympia- Wettkämpfe statt. Die Athleten messen sich diesmal in 28 Disziplinen: von Bogenschießen über Schwimmen, Fechten, Ringen, Segeln bis Golf. Spannendes Rollstuhl-Rugby erwartet die Zuschauer in der Folge bei den Paralympics im September.

Dramatisch enger Zeitplan

Mehr als 6000 Bauarbeiter haben auf Rios olympischen Baustellen geschuftet. Nach den Sommerspielen hat die tropische Metropole neun neue Sportarenen. Ein Segen für die vom Verkehrskollaps bedrohte brasilianische Metropole und ihre Bevölkerung ist die um 26 Kilometer verlängerte U-Bahn. Doch der Zeitplan hier ist dramatisch eng: Wegen Verzögerungen beim Bau soll die Station Barra erst wenige Tage vor Beginn der Spiele eröffnen.

Die 34 Appartement-Hochhäuser des Olympischen Dorfs in Barra da Tijuca sind aber fertiggestellt: 17.700 Betten für Athleten und Funktionäre sind hier entstanden. Direkt daneben liegen das Freizeitzentrum für die Sportler und der stylische Olympiapark. Nachhaltig gebaut ist die neue Handballarena im Park. Sie besteht aus mobilen Elementen, aus denen nach den Spielen vier neue Schulen werden.

Umweltschützer haben an einem olympischen Luxusprojekt harsche Kritik geübt: Für den Olympia-Golfplatz in Barra hat die Stadtverwaltung ein Naturschutzgebiet angetastet, obwohl es in Rio de Janeiro ohnehin zwei taugliche Golfplätze gibt. Die Kosten für die Sommerspiele werden mit 13 Milliarden Euro beziffert. Preiswerte Karten kosten ab 13 Euro. Die pompösen Eröffnungs- und Abschlusszeremonien im Maracanã-Stadion sind allerdings sehr viel teuer.

Karten gibt es noch genug

Der Verkauf der Olympia-Tickets lief schleppend. Schuld daran sind fünf Faktoren: das Zika-Virus, Brasiliens schwere politische Krise, die anhaltende Wirtschaftskrise – der Staat Rio de Janeiro ist pleite – und die angespannte Sicherheitslage. Das Organisationskomitee der Olympischen Sommerspiele IOC musste seine optimistische Ticketprognose von 7,5 Millionen verkauften Karten stark zurückschrauben. Laut einem Sprecher des IOC sind Mitte Juli 2016 fast noch ein Drittel der Tickets unverkauft. Vor allem in Brasilien selbst stockt der Ticketabsatz. Während die Premium-Events und die Eröffnungsfeier fast ausverkauft sind, erweisen sich die günstigen Karten als Ladenhüter. Schwimmen, Radfahren, Basketball, Boxen, Turnen oder Tennis – diese olympischen Wettbewerbe finden in Barra da Tijuca statt. Über Rio de Janeiro verteilt gibt es drei weitere Wettkampfzonen: Im Stadtteil Deodoro finden die Bewerbe Reiten, Fechten und Moderner Fünfkampf statt, an der Copacabana Beachvolleyball, Langstreckenschwimmen, Segeln und Rudern, Kanu und Kajaksprint in der Lagune Rodrigo de Freitas. Ein neues Olympiastadion bekommt die brasilianische Metropole nicht: Das Stadion des Fußballvereins Botafogo Engenhão im Viertel Maracanã ist für die Leichtathletik auf 60.000 Plätze erweitert worden.

Optisch bietet Rio de Janeiro eine Traumkulisse für den internationalen Spitzensport. Ob Fußball, Hochsprung oder Dressurreiten – die ersten Olympischen Spiele in Südamerika ziehen naturgemäß viele Verwandte der Athleten an, Sportfunktionäre, finanzstarke Sponsoren – und feierfreudige Fans, angeblich mit mehr Geld und mit gehobeneren Ansprüchen als zur brasilianischen Fußball-WM. Doch neben dem politischen Chaos in Brasilien, Pfusch am Bau oder dem russischen Dopingskandal hält nun auch die Angst vor einem Terroranschlag viele Sportenthusiasten von einem Trip an die Copacabana ab.

Infos:

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.07.2016)

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