Palm Beach: Glamour mit Heilkraft

Grand Dame. Das legendäre Breakers dominiert die Silhouette des schmalen Streifens von Palm Beach.
Grand Dame. Das legendäre Breakers dominiert die Silhouette des schmalen Streifens von Palm Beach.(c) Discover The Palm Beaches
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Extravagant, elegant, elitär – und trotzdem kein antiseptischer goldener Käfig: Nirgendwo vereinen sich Reichtum und Naturschönheit so stilsicher wie in Palm Beach in Florida.

Für Schnäppchenjäger ist der Nobelbadeort mit seinen 10.000 Einwohnern eine No-Go-Area. Ein Cappuccino mit Meerblick kostet hier mit 20 Prozent Trinkgeld schnell 9,54 Dollar. Immerhin eröffnet sich bei Begleichung der Rechnung die Chance, in Gutmenschensphären aufzusteigen, indem man die Summe wie empfohlen aufrundet und für wohltätige Zwecke spendet („Round it up America“). Palm Beach definiert sich eben gern durch Superlative – nahezu in allen Lebensbereichen ist höchstes Niveau Standard. Bereit für eine Joggingrunde? Los geht’s am South Ocean Boulevard, flankiert vom Atlantik. Dann abbiegen in die breiten Avenues mit ihren monumental-mondänen Millionärsvillen, danach ein Schlenker auf einen belebteren Abschnitt mit gediegenen Vermögensberatungen, Banken, Anwaltsbüros, Anti-Aging-Med-Spas, Hunde­salons, Antiquitätenläden, Galerien, viele in Pastelltönen.

Reichtum und Schönheit auf Schritt und Tritt. Tropische Vegetation, Bambus und Bougainvillea, Pflanzen und Blumen, wild wuchernd oder akribisch zurechtgestutzt, Palmen, schlank und rank. Anwesen in der Größe von Fußballfeldern, natürlich mit Pool, manche von mehrgeschoßigen saftig grünen Hecken geschützt. Schlösser und Villen, teils bis zu 100 Jahre alt, aufgebrezelt zu denkmalgeschützten „Schöner Wohnen“-Ikonen. Jedes Haus ein Lifestyle-Statement: Individualität regiert, jeder Stil ist vertreten: spanisch, mediterran, arabisch, asiatisch, modernistisch. Einmal lässt Marrakesch grüßen, dann blitzen die französische Riviera, die Costa del Sol, Neu-England oder die US-Südstaaten durch. In jeder Einfahrt parken Luxuskarossen: Besonders begehrt scheinen Maserati, Lamborghini, Rolls-Royce. Porsche-Fahrer müssen in Palm Beach ganz stark sein: Dieses Auto hinterlässt hier eher den matten Eindruck eines Zweitautos.

All das hat aber nichts mit fortgeschrittenem Snobismus zu tun. Die Einwohner, die lässig aus ihren Coupés federn oder mit ihren Hunden Gassi gehen, grüßen auch wildfremde Läufer auf das Allerherzlichste. Das andere Ufer der Insel, die die Stadt Palm Beach genaugenommen ist, ist zügig erreicht: der Intracoastal Waterway, die natürliche Grenze zu West Palm Beach.

Schaufenster. Auf der Worth Avenue sollte man auch einen Blick in die ­Innenhöfe wagen.
Schaufenster. Auf der Worth Avenue sollte man auch einen Blick in die ­Innenhöfe wagen.(c) Beigestellt

Feiern im Sonnenuntergang. Der Zauber verfliegt auch abends nicht. Nach der blauen Stunde wird nicht nur bei privaten Cocktailpartys hinter blickdichten Hecken, sondern auch in aller Öffentlichkeit ein Feuerwerk auf Tellern und Gläsern abgebrannt. Mehr als eine Handvoll Dollar sollte man aber eingesteckt haben. Für ein Filet Mignon „on the bone“ mit Ofenkartoffel und gegrilltem Spargel etwa im Flagler Steakhouse. Getafelt wird auf der Terrasse, oberhalb eines Golfplatzes. Die Stimmung ist ausgelassen, nicht nur wegen der Weinbegleitung, einem Cabernet Sauvignon von Shafer aus dem Napa Valley: Ein paar Tische weiter hat ein Privatjet-Unternehmen zur Feier geladen.

Nur wenige Gehminuten entfernt, im exklusiven Flagler Club der Hotellegende Breakers, sind die Gäste bereits in den Sinkflug übergegangen und beim Dessert gelandet: warme Schokotörtchen und, Wimbledon-like, Erdbeeren mit Schlag. Zum Befeuchten lagern Roederer Cristal und ein Pinot Grigio von Jermann auf Eis. Auch im Restaurant Ta-boo in der Einkaufsstraße Worth Avenue, einer weiteren Palm-Beach-Institution, scheint seit 75 Jahren der Mix zu stimmen: Einheimische wie Touristen laben sich an den Hervorbringungen von Küche und Keller, von A-List-Celebrities ganz zu schweigen.

Der Magnetismus von Palm Beach geht auf Henry Morrison Flagler zurück – der vielseitige Entrepreneur machte sich nicht nur als Gründervater der Stadt und Hotelentwickler verdient, sondern brachte auch durch den Bau seiner Florida East Coast Railroad die Entwicklung des Sunshine State zu einer führenden globalen Urlaubsregion mit 106 Millionen Touristen jährlich auf Schiene. Als Partner von John D. Rockefeller in der Standard Oil Company (heute Exxon Mobil) in Cleveland und New York zu sagenhaftem Reichtum gekommen, erkannte Flagler das Potenzial der Gegend zwischen dem Atlantik und Lake Worth und seiner lauen bis warmen Wintertemperaturen. 1896 zog der Visionär das Palm Beach Inn hoch – nicht sein erstes Projekt in Palm Beach, aber bald nach der Umbenennung auf Breakers das erste Haus am Platz. Schon im frühen 20. Jahrhundert verewigten sich Kaliber im Gästebuch: die Vanderbilts, Rockefellers und Astors, US-Präsidenten und blaues Blut aus Europa.

 Gepflegtes Street­life. Das mondäne Urlaubsparadies hat auch eine rustikalere Seite.
Gepflegtes Street­life. Das mondäne Urlaubsparadies hat auch eine rustikalere Seite.(c) Beigestellt

Weiß in 15 Nuancen. Flaglers Erben pumpen auch 120 Jahre nach der Eröffnung ein Vermögen in das Breakers –„30 Millionen Dollar jährlich“ stehen für die Qualitäts­optimierung zur Verfügung, wie Kommunikations-Managerin Shannon O’Malley verrät. Die Investitionen, vom Spa in 15 Weißtönen bis zur neugestalteten Seafood-Bar als achte Restaurant-Option, scheinen sich zu rechnen. Bei 538 Zimmern 86 Prozent durchschnittliche Auslastung im Jahr, das sind angesichts der glutheißen Sommermonate formidable Kennzahlen. Zudem lassen Gäste für Bankette, Charity-Events, Firmenfeiern und Hochzeiten Millionen Dollar im Haus. Sie können sich in der geschichtsträchtigen Hotelburg im Renaissance-Stil königlich betreut fühlen. Von den 2000 Angestellten werden 56 Sprachen gesprochen – eine gewisse Internationalität und Weltläufigkeit strahlt automatisch auf den Gast ab. „Oh, Sie kommen aus Wien?“, heißt es an der Rezeption. „Ich liebe diese Stadt – und das Imperial!“

Fünf Kilometer vom Breakers thront ein weiteres Wahrzeichen von Palm Beach, das neuerdings noch mehr Aufmerksamkeit bekommen hat: Das 126-Zimmer-Anwesen Mar-a-Lago, das Cornflakes-Erbin Marjorie Merriweather Post 1924 erbauen ließ und vom aktuellen Besitzer Donald Trump nach seiner Übernahme 1986 zu einem luxuriösen Members-only-Club umfunktioniert wurde. Hinter dicken Mauern versteckt, nahm der heutige US-Präsident hier 2005 seinen dritten Eheanlauf.

Mittlerweile ist sein Ja-Wort zu Model Melania einem Twitter-Gewitter aus unromantischem Polit-Sprech gewichen: Mar-a-Lago dient nun tageweise als tropischer Außenposten des Weißen Hauses, wie in den 1960ern, als John F. Kennedy seinen Wintersitz in Palm Beach aufgeschlagen hatte, mit einem Arbeitsbunker für den Fall eines nuklearen Armageddon. Noch mehr VIP-Power für Palm Beach also, weil dem „Resident“ der Aufstieg zum „President“ gelang? Keine zulässige Schlussfolgerung, schmettert Chad Gates, stellvertretender Hotelmanager des Breakers, kühl ab. „Trump mag zwar jetzt der mächtigste Mann der Welt sein, aber Palm Beach hat er nicht auf die Landkarte gebracht. Er ist nur einer von vielen Milliardären hier bei uns.“

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Spezielles Licht. Wie viel Geld auf der überschaubaren Landfläche von 25 Kilometer Länge und maximal 800 Meter Breite im Umlauf sein muss, lässt sich beim Zappen durch die lokalen TV-Kanäle erahnen: Kreditkartenwerbung ohne Ende, selbstredend für die „Titanium“-Variante, „ohne Limit“. Oder wenn man beim Durchblättern der „Palm Beach Daily News“ bei einem Zweispalter hängenbleibt: „Einwohnerin Ronnie Eisenberg hat der Oper eine Million Dollar gespendet“ – auf Seite 1. Auch dass es sich dabei um altes Geld handelt, wird klar: „Die Rigoletto-Bewunderin konnte aus Krankheitsgründen leider nicht zur Ehrung kommen.“ Im hinteren Teil des Blattes, in der Kolumne „Hinter den Hecken“, kam mehr Goldgräberstimmung auf: „Das bisher teuerste Meerblick-Apartment ist auf dem Markt: Vierter Stock, Unit S-44, 2 N. Breakers Row. Listenpreis 15,5 Millionen Dollar“.

Das Immobilien-Juwel wird vermutlich nur kurz zum Getuschel getaugt haben an der Worth Avenue, der bildhübschen Einkaufsmeile mit ihrem Mix aus Designerweltmarken und alteingesessenen Betrieben (sie ist sogar älter als das berühmtere Pendant drüben an der US-Westküste, der Rodeo Drive in Beverly Hills).

Geld ist kein abendfüllendes Thema in Palm Beach, man hat es einfach. Die echten Glückspilze sind aber jene, die auch die kostenlosen Offenbarungen als Schatz empfinden. Die aus Wien gebürtige Evelyn Lauder aus der berühmten Kosmetikdynastie zählte bis zu ihrem Krebstod 2011 dazu: „Das spezielle Licht, die Luft, das Grün, das Meer, der Strandspaziergang – ich finde, von Palm Beach geht eine Heilkraft aus.“
Bernie Madoff, auch ein ehemaliger Society-Fixstern in Palm Beach, wählte eine andere Medizin: Gier. Vermögensvermehrung um jeden Preis, kriminelle Machenschaften auf Kosten der Anleger. Bis der berühmte Milliardenbetrüger aufflog und er die gesunde Luft gegen gesiebte tauschen musste.

Tipps

Eine Icecream kühlt kurz in der Hitze von Floridas Gold Coast. Am liebsten von Sloan‘s.
sloansicecream.com

Die Basttasche sollte am Abend gegen die Clutch eingetauscht werden. Von Vitamin A. vitaminaswim.com

Wohnen. Breakers: die Grande Dame unter Floridas Luxusherbergen. Upgegradete Zimmer, Top-Restaurants, exklusive Shopping-Arkade, Beach Club mit Oceanfront-Pools und Whirlpools, Spa, Fitnesscenter, Tennisplätze, 18-Loch-Golfplätze. 5=4-Angebot ab Mai, im Juli kostet die Übernachtung im Deluxe Guest Room mit Resort View und Frühstück 369 Dollar.
www.thebreakers.com

Chesterfield: Very britishes Boutiquehotel. Täglich wird zum Afternoon Tea gebeten – entweder in der holzgetäfelten Bücherei, der Leopard Lounge Bar oder draußen im Courtyard.
www.chesterfieldpb.com

Dinieren.Cafe l’Europe: das hübscheste Restaurant von Palm Beach. Die Crème de la Crème der Stadt, ein Klavierspieler – und erstklassiges Essen.
www.cafeleurope.com

Flagler Steakhouse: US Prime Beef und Seafood von absoluter Spitzenqualität. Auch glutenfreie und vegetarische Optionen.
www.thebreakers.com/dining

Renato’s: Amore-Ambiente und tolle Pasta. www.renatospalmbeach.com

Chez Jean-Pierre: familiengeführtes, gemütlich-elegantes Bistro mit klassischer Normandie-Küche und 350 Weinen.
www.chezjean-pierre.com

Kultur.Kravis Center for the Performing Arts: Mit über 800 Veranstaltungen pro Jahr einer der renommiertesten Unterhaltungsschauplätze im Südosten der USA: vom Broadway-Blockbuster über Comedy und klassischen Konzerten bis zu Opernaufführungen. www.kravis.org

Norton Museum of Art: Mit beeindruckenden Ausstellungen und Arbeiten von Gauguin, Matisse, Miró, Monet, Picasso, Hopper und Pollock. www.norton.org

Flagler Museum: erst Hochzeitsgeschenk an seine Frau, Winterwohnsitz, Arbeitsplatz, Hotelpalast, dann stimmiges Museum. Alles über das Lebenswerk des visionären Palm-Beach-Gründervaters Henry M. Flagler. www.flaglermuseum.us

Shoppen.Worth Avenue: Nicht nur von Tiffany und Co. blenden lassen, sondern auch in die prächtigen Innenhöfe der edlen Einkaufsmeile schauen!
www.worth-avenue.com/shops

CityPlace: feine Open-Air-Mall in West Palm Beach mit Showprogramm und zivilen Preisen.
www.cityplace.com

Palm Beach Outlets: „Echte Marken, unwirkliche Rabatte“ in mehr als 100 Geschäften. www.palmbeachoutlets.com

Anreisen. Mit Austrian nonstop nach Miami, www.austrian.com

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