Kreuzfahrten: Beatles, Beanies und Bärte

Für den Dance Club „World Club Dome“ gehen auf „Mein Schiff 2“ 30 DJs an Bord.
Für den Dance Club „World Club Dome“ gehen auf „Mein Schiff 2“ 30 DJs an Bord.(c) imago/Westend61
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Die Kreuzfahrtanbieter rittern wie viele andere auch um die Millennials als Kunden der Zukunft. Leicht haben sie es dabei aber nicht, denn von ganz allein geht es noch nicht, und das Nebeneinander hat so seine Tücken.

Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr: Traditionell setzen die Tourismusanbieter nachvollziehbarerweise darauf, rechtzeitig den Nachwuchs für ihre Ziele und Reiseformen zu begeistern. Derzeit im Fokus sind in der Reisebranche wie in anderen auch die Millennials, deren Bedürfnisse in vielerlei Hinsicht so anders als die der Generationen vor ihnen sind. So sind sie nicht nur abenteuerlustiger als noch die Generation der Reisenden vor 20 Jahren, sondern auch viel schwerer zu fassen und zu erreichen. Denn statt der einen oder zweier großer Urlaube machen die Millennials mehrere Kurzurlaube von vier bis fünf Tagen mit völlig unterschiedlichen Themen pro Jahr. „Von Reisen mit Freunden über Wellness- bis zu Sporturlauben gibt es da eine Fülle von Spezialthemen“, erklärt Peter Zellmann, Leiter des Instituts für Freizeit- und Tourismusforschung. Besonders schwer ist das Erreichen dieser Zielgruppe für die Anbieter von Kreuzfahrten, denn das Miteinander von Zweireihern und Goldknöpfen neben Beanies und Bärten ist keine leichte Aufgabe.

Wieder eingestellt

Dass der Versuch, allein auf die Jungen zu setzen, schnell schiefgehen kann, muss aktuell die 2015 gestartete Fanthom-Linie, eine Tochter der Carnival Cruise Line, feststellen. Hier setzte man auf „Social Impact Travel“ – also Reisen mit Freiwilligendiensten – für die sich Gleichgesinnte an Bord zusammenfinden sollten. Ziele dieser Kreuzfahrten von Miami aus waren die Dominikanische Republik und Kuba, wo die schiffsreisenden Millennials dann gemeinsam mit Einheimischen Kakaopflanzen setzen oder Englisch unterrichten konnten. Wirklich aufgegangen ist dieses radikal andere Konzept, mit dem 20- bis 30-Jährige für Seereisen begeistert werden sollten, aber augenscheinlich nicht, denn noch heuer im Sommer stellt Fanthom das operative Geschäft wieder ein.

Schwieriger Spagat

Darüber, welchen Spagat es erfordert, altes wie neues Publikum an Bord glücklich machen zu wollen, berichtete kürzlich Sheila Marikar von der „New York Times“, die auf Einladung der Regent Cruise Line auf deren neuestem superexklusiven Schiff, der Seven Seas Explorer eingeladen war und sich dort auf die Suche nach Angeboten für die jüngere Generation machte. Und diese auf dem Aussichtsdeck auch fand, wo ein DJ bis in die Morgenstunden Hip-Hop auflegte und die Yoga- und Spinningangebote im Fitnesscenter zumindest genauso auf die jüngere Generation abzielten wie ausgefallene kulinarische Angebote, z. B. ein koreanisches BBQ. Andere Kreuzfahrtklassiker von der Pianobar bis „zur Beatles-Ausstellung und dem weißhaarigen Comedian auf der Bühne“, wie sie schreibt, ließen bei der Vertreterin der jüngeren Generation keine neue Sehnsucht nach Kreuzfahrten erwachen. Womit sie nicht allein ist, wie Randall Soy, stellvertretender Marketingvorstand der Regent-Gruppe, gegenüber der Zeitung einräumt. „Es ist wirklich hart, diese Zielgruppe davon zu überzeugen, dass Kreuzfahrten nicht nur etwas für fast Tote oder frisch Verheiratete sind“, so der Vorstand, „aber gerade die Millennials wollen, dass man sich perfekt um sie kümmert. Und das können wir.“ Allerdings oft zu einem Preis, der dem Reiseverhalten der Gruppe (noch) nicht entspricht, weshalb Soy seine Luxusreisen als „Angebote für beruflich sehr engagierte Millennial-Paare“ preist – wohl wissend, dass der Weg zum Erreichen der neuen Reisenden noch weit ist.

Boomende Branche

Was nicht heißt, dass es auf den Kreuzfahrtschiffen der Jetztzeit keine Angebote gibt, die den Mittelweg zwischen Captains Dinner samt Sprühkerzen und neuen Seereisen erfolgreich beschreiten. Neben unzähligen Mottokreuzfahrten von Klassik über Hardrock bis Disney und Gay Pride überlegen sich die Reedereien immer neue Angebote für ihre Gäste.

Neue Namen

Da setzt Hapag-Lloyd beispielsweise auf prominente Mitreisende und engagiert Dreifach-Olympia-Siegerin Maria Höfl-Riesch und die Boxweltmeister Regina Halmich und Sven Ottke für Trainingskreuzfahrten oder das Designerduo Talbot Runhof für ihre Fashion2sea auf der MS Europa 2. Und TUI Cruises verwandeln während der World Club Cruise Mein Schiff 2 in einen schwimmenden Dance Club: den World Club Dome mit 30 internationalen DJs an Bord. Auch im Wording tut sich einiges: So heißt das, was einst das Oberdeck war, inzwischen häufig Rooftop Garden – was irgendwie jung und hip und nach New York klingt. Wirkliche Sorgen müssten sich die Kreuzfahrtanbieter aber auch in Zukunft nicht machen, so Zellmann: „Das Kreuzfahrtgeschäft ist einer der wenigen aufstrebenden Märkte – und in 20 Jahren kommen die heute Jungen, die dann die Tatsache zu schätzen wissen, dass das Hotel mitfährt, ganz von selbst.“ (SMA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.04.2017)

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