Nordlappland

Finnland: Der Schnee leuchtet aus sich heraus

Es muss einem kein Polarlicht aufgehen, um das nördliche Lappland schön zu finden.
Es muss einem kein Polarlicht aufgehen, um das nördliche Lappland schön zu finden.(c) Visit Finnland
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Wie man es auch anstellt, mit Husky, Rentier oder Motorschlitten: Nordlichter lassen sich nicht herausfordern. Aber egal: Der Weg durch den Schnee Nordlapplands ist das Ziel.

Selbst Langschläfern entgeht der Sonnenaufgang nicht: In Lappland wird es im Winter erst gegen zehn Uhr hell und bereits um drei Uhr finster. Sofern die Sonne überhaupt zu sehen ist, denn bereits ab Oktober bestimmen im Norden Finnlands Dunkelheit, Kälte und Schnee das Leben. Das tut dem Wintersport keinen Abbruch, im Gegenteil, und mit etwas Glück zeigt sich vielleicht sogar ein Nordlicht.

In Ylläsjärvi beim Pallas-Yllästunturi-Nationalpark, dem drittgrößten Finnlands, sind nur wenige Autos unterwegs. Bäume und Seen liegen unter Schnee, soweit das Auge reicht. Das Setting für eine Polarlichtsuche mit dem Rentierschlitten. Die Gruppe versammelt sich an der Hotelrezeption, um erst einmal mit temperaturadäquater Kleidung ausgestattet zu werden. Arto, der Guide, schüttelt angesichts der minus 17 Grad leicht mitleidsvoll den Kopf, als er auf die mitteleuropäische Reiseausstattung blickt, reicht Thermoanzüge, die über die Kleidung angezogen werden, dicke Stiefel und gefütterte Lederhandschuhe. Ein Gesichtsschutz empfiehlt sich ebenso wie dicke Socken und lange Unterhosen, denn es geht im Schlitten durch die Nacht. Auf Rentierfellen sitzend, in einer dicken Decke eingewickelt, sind nur noch das Knirschen des Holzschlittens und das Schnaufen des hinteren Tieres zu hören, das mit einem Seil am Ende des eigenen Schlittens locker verbunden ist. Langsam und gemütlich ziehen die Rentiere hintereinander gehend ihre Fracht. Der Wind auf dem See ist stärker als im Wald. Dafür erhöhen sich hier die Chancen, Polarlichter zu sehen. Doch der Himmel bleibt dunkel. Nach einer Stunde stehen die Rentiere wieder am Ausgangspunkt. Fotos sind nur bei einigen Tieren möglich. Die scheuen Vierbeiner freuen sich dafür über Leckerlis in Form von Moosklumpen. Zum Aufwärmen geht's noch ins finnische Kota: ein Zelt, in dem Feuer, Beerentee und Grillwurst für Wärme sorgen.

(c) JN Lanthiez/ Visit Finnland

150 Kilometer ganz locker – für Huskys

Am nächsten Morgen freuen sich vor allem die Huskys auf die bevorstehende Tour. Sechs Tiere ziehen einen Schlitten, es brauchte nicht unbedingt einen eigenen Lenker, denn der hintere Hund folgt dem vorderen. Doch diese Huskys ziehen an ihren Schnüren; sobald der Fuß von der Schlittenbremse genommen wird, erhöht sich das Tempo. Der Schlitten schnellt voran. Wer im Schlitten sitzt, ist mit den Hunden auf einer Höhe; eine neue Perspektive, aus der der Wald anders aussieht. Die Hunde hecheln, beißen immer wieder in den Schnee oder wenden den Kopf. Das ist bei kleinen Anstiegen ein Zeichen für den Lenker: helfen! Sprich: mit einem Bein vom Schlitten gehen und mitschieben. Außer Atem kommt aber nur der Passagier – die Tiere genießen die Tour. Bis zu 150 Kilometer können sie täglich laufen, am liebsten bei Temperaturen um die minus 15 Grad. Sonst geraten sie ins Schwitzen.

Vorgewärmt durch die Sauna beginnt für die Teilnehmer die nächste Abendaktivität: mit Schneeschuhen durch den Wald. Bei minus acht Grad ist es für finnische Verhältnisse mild. Der Thermoanzug bleibt im Hotel, die dicken Stiefel kommen mit. Daran werden die Schneeschuhe befestigt, mit denen es sich herrlich durch den Schnee stapfen lässt, ohne tief einzusinken. Das Gehen ist anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, dafür ist Vorwärtskommen auch querfeldein möglich. Abseits der Wege sind im Schnee Tierspuren zu entdecken. Die weiße Pracht lässt die Dunkelheit auf besondere Weise leuchten. Der Wald scheint stillzustehen. Das Schneerieseln verzuckert auch die Menschen, die an der Hütte einen Zwischenstopp mit heißem Tee einlegen.

Schlittern, Schlingern

Vom Polarlicht ist trotz später Stunde nichts zu sehen. Bereits die Polarlichtvorhersage auf der Infotafel im Hotel versprach nur ein „low“ (niedrig). Macht nichts, weil bereits am nächsten Morgen mit dem Schneemobil ein weiteres Highlight ansteht. Jetzt ist der Thermoanzug wieder Pflicht, ebenso wie Helm und Sturmhaube. Dann gibt es eine Einweisung in die Fahr- und Bremstechnik. „Slow“ merken sich die Fahrer sofort: Nur ein wenig mit dem rechten Daumen den kleinen Schalter gedrückt, schon ist das Gefährt in Gang. Profis erreichen bis zu 60 km/h. Die Anfänger sind froh, wenn sich das Gasgeben, Bremsen und Lenken nach einiger Zeit besser als holprig verbinden lässt. Zwar gibt es extra Wege für die Schneemobile, doch an dem Schlittern und Schlingern lässt sich nichts ändern. Wer das als Begleiterscheinung akzeptiert, kommt gut voran und kann durch eine beeindruckende Landschaft rauschen. Die Sonne strahlt hinter den Bäumen, der Schnee glitzert, und die Kälte dringt trotz der vielen Schichten durch den Overall. Immer wieder braucht es einen Aufwärmstopp: Im Snow Village beim Snow Hotel ist es fein, bei einer finnischen Zimtschnecke und einer Tasse heißer Schokolode sind die Füße nach einiger Zeit wieder spürbar – bevor man ins Snow Hotel übersiedelt, um dort unter dem Gefrierpunkt zu nächtigen. Eisdeko ziert die Räume und Betten; die Zimmertür ist ein Stoffvorhang; im Restaurant gibt es bei Bedarf Decken und Felle. Man könnte hier sogar heiraten – manche mögen's eben kalt . . .

Auch diejenigen, die sich spätabends noch einmal auf den See wagen: Denn zwischen 21 und ein Uhr sollen die Polarlichter am besten zu sehen sein. Also rein in die Thermoausrüstung und raus aus dem warmen Eis-Hotelzimmer in die minus 25 Grad kalte Nacht. Die Sturmhaube wärmt das Gesicht, aber die Brillengläser beschlagen und frieren sofort. So zieht man die Gesichtsbedeckung hinunter, braucht Taschentücher für die tropfende Nase. Auf dem gefrorenen See Ylläsjärvi ist es sehr dunkel. Die Straßenlaternen werden schon um 22 Uhr ausgeschaltet – damit die Touristen das Nordlicht besser sehen können. An diesem Abend ist das leider nicht der Fall. Aber das macht gar nichts. Es ist auch so sehr schön im finnischen Norden.

NORDWÄRTS

Anreise: Flug von Helsinki nach Kittilä, weiter eine halbe Stunde mit dem Bus oder Mietwagen nach Ylläsjärvi, Pallas-Yllästunturi-Nationalpark.

Unterwegs: verschiedene Veranstalter, die kombinierte Flug-Hotel- und Ausflugsreisen nach Lapp- land anbieten (etwa www.fintouring.de). Wer auf eigene Faust in den Norden fliegt, kann die Ausflüge auch vor Ort buchen (z. B. www.safartica.com): Huskytouren, Ausflüge mit Rentieren, Schneeschuhwanderungen, Schneemobiltouren (Führerschein, 0,0 Promille), Polarlichttouren.

Die Region: Nordlappland mit dem Ort Kittilä gehört zu den beliebtesten Destinationen Finnlands. Hier liegen auch die Wintersportzentren Levi (Ski) und Ylläs sowie der 1020 km? große Pallas-Yllästunturi-Nationalpark. Ylläsjärvi ist ein Dorf am gleichnamigen See.

Auf den Fjells und den bewaldeten Höhen gibt es im Winter viele Sportmöglichkeiten. Angeblich ist die Luft im Pallas-Yllästunturi-Nationalpark eine der saubersten in Europa. In dunklen Winternächten ist die Chance da, Nordlichter zu sehen. www.nationalparks.fi/en/pallas-yllastunturinp

Übernachten: Snow Village, www.snowvillage.fi.

Infos: Visit Finland, www.visitfinland.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.10.2017)

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