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Pizza, Pasta und ewige Treue in New York

"Pi Day Wedding" am 3.14.17
"Pi Day Wedding" am 3.14.17Instagram (andpizza)
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Vor Kurzem wurde in New York City das erste &Pizza eröffnet. Die kleine Kette ist inzwischen berühmt für unkonventionelle Trauungen am Pi Day.

Vor Kurzem war es einer dieser von Touristen so gern und vergeblich gesuchten Orte, „wo die Einheimischen hingehen“. &Pizza hieß die Pizzeria im Herzen von Washington, D.C., die Anlaufstelle für die Millennials der Umgebung war, sich für die Menschen in der Nachbarschaft engagierte, Pizza, Pasta und Pie servierte und nach und nach noch ein paar Zweigstellen in Washington, Virginia, Baltimore, Pennsylvania und Maryland eröffnete – was in den USA nichts Außergewöhnliches und noch kein Hinweis auf Massenabfertigung ist. Zu nationaler Berühmtheit gelangte die kleine Kette aber erst heuer im Frühling, nachdem sie zum dritten Mal in Folge ihre Pizzastuben am Pi-Day für Brautpaare mit kleinen Budgets öffnete und ihnen sowie ihren Gästen kostenlos Pizza, Pie, Wein und Bier servierte.

Begonnen hat alles in Columbia Heights am 14. März vor drei Jahren, am sogenannten Pi-Tag, dem inoffiziellen Feiertag zu Ehren der Kreiszahl Pi. Den im englischsprachigen Raum nicht nur die Mathematiker, sondern aufgrund seiner Aussprache als „Pi(e) Day“ auch die Anhänger von Kuchen und Pasteten besonders zu schätzen wissen. „Das erste Paar waren zwei Mathematiklehrer, die 2015 am Pi-Tag heiraten wollten“, berichtet Sam Blum, Guest Relation Manager von &Pizza, „inzwischen ist das schon eine kleine Tradition.“ Und das, obwohl die &Pizza-Filialen zwar nette kleine Pizzerien sind, aber weit von dem entfernt, was im Land der Megahochzeiten – durchschnittlich gibt ein US-Paar 26.720 Dollar (knapp 24.000 Euro) aus – als angemessene Location gilt. Zwar sind die Läden cool eingerichtet, man stellt sich seine Pizza aber buffetartig selbst zusammen und nimmt sie mit zum Tisch – also eher der Klassiker für die Mittagspause als den schönsten Tag im Leben.

Ansturm der Heiratswilligen

Was die Heiratswilligen aber kaum stört, wie der Ansturm auf die ungewöhnlichen neuen Hochzeitsfeiern zeigt. „2016 haben wir uns gedacht, es wäre doch eine nette kleine Tradition“, erzählt Blum im Gespräch mit der „Presse“, „und hatten dann fünf Hochzeiten und eine Handvoll Paare, die ihr Eheversprechen erneuern wollten.“ Und als heuer der Pi-Tag näher rückte, war der Ansturm so groß, dass die Pizzabäcker unter den eingegangenen Bewerbungen auswählen und die Zeit pro Paar auf eine gute Stunde begrenzen mussten, um nicht zu viele zu enttäuschen. „Wir waren von über 65 Anfragen regelrecht überwältigt“, so Blum, „und haben dann Hochzeiten in zwei unserer Lokale in D.C. sowie in Baltimore und Philadelphia abgehalten.“

Zu den glücklichen Brautpaaren, die zwischen Pizza, Pasta und Salaten in dem Lokal in Chinatown getraut wurden, gehören Rachel Wynn und David Poms. Die Social-Media-Marketing-Expertin und der Student mögen es ungewöhnlich und hatten sich vorgenommen, sich für ihre Hochzeit nicht wie viele andere Paare zu verschulden, „denn schließlich gehören finanzielle Probleme zu den Hauptscheidungsgründen“, wie Rachel sachlich anmerkt.

Unverschuldet in die Ehe

Nach den ersten Erkundigungen, welche Kosten da auf sie zukämen, waren beide einigermaßen ernüchtert, „und als David dann ein paar Tage später von den ,Free Weddings‘ bei &Pizza hörte, waren wir von der Idee begeistert“, erinnert sich Rachel. Die beiden waren von der ersten Eröffnung an Fans der Pizzerien gewesen, nicht nur wegen der Küche, sondern auch wegen des Engagements für die Community, und so bewarben sie sich, „ohne zu wissen, dass es so viele Mitbewerber gibt“. Nach der Zusage galt es dann, die Familien über die ungewöhnliche Ortswahl zu informieren, „die aber fast alle total entspannt reagiert haben“. Als Dresscode wurde „dressy-casual“ ausgegeben, und am späten Nachmittag des 14. März war es dann soweit. Nach einer 20-minütigen Zeremonie wurde entspannt auf Kosten des Hauses gegessen und getrunken, ehe die Gesellschaft in einen Clubraum in der Nähe weiterzog, um den Abend ausklingen zu lassen. „Wir würden es jederzeit wieder so machen“, sind Rachel und David davon überzeugt, für sich ganz persönlich die richtige Wahl getroffen zu haben, was sie auch der „New York Times“ erzählt haben, die kürzlich über die kleine Kette und ihre immer größer werdende Anhängerschaft an Heiratswilligen, Mathematikern und Paaren, die einfach einen netten Weg suchen, um der gigantischen Hochzeitsindustrie zu entkommen, berichtete.

Neueröffnung in NYC

Womit &Pizza inzwischen eine gewisse nationale Berühmtheit erlangt hat und der wachsenden Nachfrage nun auch mit einer Expansion in die Stadt, die niemals schläft, gerecht werden möchte. Jüngst wurde die erste Filiale in New York City eröffnet – an der Ecke 15 West und 28th Street – und inzwischen kommen auch immer mehr Gäste, „die möglicherweise von uns in der Zeitung gelesen haben“, wie Blum berichtet. „Aber wir haben auch wirklich gute Bewertungen auf Yelp“, fügt er hinzu, „und ich hoffe, dass das der wichtigere Grund ist.“ Am nächsten Pi-Tag könnte das zumindest bei einem Teil der Gäste und Zuschauer aber nicht der Fall sein – denn neben denen, die sich trauen, kommen inzwischen immer mehr Menschen, die einfach nur schauen oder den unkoventionellen Paaren in den Pizzastuben zujubeln wollen.

>> andpizza.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.10.2017)

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