Paralleler und schneller im Pitztal

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Die Skischule auf dem Hochzeiger ist eine der ersten, die den neuen Skilehrplan umsetzt. Hier praktiziert man natürliches Schönskifahren, mancher nähert sich dem Carven.

Mittig, nicht ganz hüftbreit, aber doch leicht offen stellt sich die Gruppe vor ihrem Skilehrer auf. Das sind schon einmal ganz gute Voraussetzungen für eine fortgeschrittene Stufe im Schönskilauf oder natürlichen Skifahren, was beides nicht neu ist, aber Eingang in den neuen Lehrplan des Österreichischen Skischulverbandes gefunden hat. 2015 beim Interski-Kongress in Argentinien, sozusagen den Olympischen Spielen der Skipädagogik, wurde das Lehrwerk vorgestellt und vergangene Saison gleich umgesetzt von der Schneesportschule auf dem Hochzeiger im Pitztal.

Der frühere Skirennsportler und heutige Skischulchef, Rainer Schultes, bestätigt der skitechnisch gemischten Truppe, in der leichte Zweifel aufkommen: „Schönskilauf lässt sich in jedem Leistungsniveau machen.“ Und zwar analog den Schwierigkeitsstufen der Pisten – ansteigend von Grün, Blau, Rot bis Schwarz. Auch das ist in dem über 500 Seiten dicken Werk festgeschrieben und neu geordnet. Diesen Umfang hat der Wälzer des ÖSSV im Übrigen auch deshalb, weil darin alle Wintersportarten berücksichtigt sind, das entspricht dem polysportlichen Ansatz, dem immer mehr Skischulen in Österreich folgen. Denn der Wintergast sucht zunehmend die Abwechslung auf und neben der Piste, Schnee taugt auch zum Schneeschuhwandern, Snowbiken oder Telemarken.

Bella Figura auf Schienen

Wobei: Elegant auf dem Ski zu stehen und hinunterzugleiten, gehört nach wie vor zu den wichtigsten Anliegen der Winterurlauber, die sich in einen Skikurs einschreiben. Das war das Ergebnis einer Umfrage in 60 Skischulen – es geht quasi um die Bella Figura auf Brettern. Dementsprechend hat Rudi Lapper, Ausbildungsleiter der Staatlichen Skilehrerausbildung in Österreich, dieses Kapitel zum Skifahren verfasst. Vor allem geht es aber darum, Methodik klar und leicht verständlich zu vermitteln, mit ein paar einfachen Übungen den Schüler zu einem tempokontrollierten, sicheren und bewegungsökonomischen Skifahren zu bringen. Sprich: Er zieht seine Kurven in paralleler Skistellung, findet einen Rhythmus – und hat auch nicht viel zu befürchten, wenn er am Einstieg zum Hochsteiger auf der Zirbenfall-Piste steht. Mit 80 Prozent Gefälle ist diese Abfahrt nämlich nicht nur schwarz, sondern tiefstschwarz. Aber nicht wirklich repräsentativ für dieses zwar hochalpine, jedoch geländemoderate und sehr abwechslungsreiche Skigebiet mit 40 Pistenkilometern.

Viele, die im roten Bereich, sprich dem parallelen Skisteuern, Erfahrung und Sicherheit gewonnen haben, biegen dann auch schon wieder ab. Weil das Lernziel erreicht zu sein scheint: mit ordentlichen Haltungsnoten ins Tal zu kommen. Aber da gibt es noch jede Menge zu lernen – nämlich carven, das in den vergangenen Jahren Synonym für Skifahren schlechthin geworden ist.
Aber das ist terminologisch irreführend: Richtiges Carven bedeutet, erklärt Skiexperte Schultes, auf der bergseitigen Kante entlang der Taillierung zu fahren. Exakt in den Schnee zu schneiden, statt zu rutschen und zu driften. Die Truppe müsste da schon eine schmale, runde Linie im Schnee hinterlassen.

Das Carven ist also die Königsdisziplin, mit der sich ein Anfänger und Fortgeschrittener nicht herumplagen muss. Bis zu der sich ein ambitionierter Skifahrer allerdings vorarbeiten sollte. Denn erst die Beherrschung dieser Technik macht es ihm leicht, sich sicher und wendig im Tiefschnee, zwischen Buckeln (Moguls) oder Torstangen zu bewegen. Den Ehrgeiz, nach dem dynamischen parallelen Skisteuern technisch noch eins draufzusetzen, haben dann vor allem jene, die sich Privatstunden bei einer Skischule gönnen. Oder einen gezielten Kurs auf dem Hochzeiger besuchen. Auf diesen kupierten Hängen im Pitztal ist schließlich jemand wie Benni Raich groß geworden (siehe Artikel unten).

Der Hochzeiger liegt mitten im Pitztal in Jerzens, nicht unten im Tal, sondern ziemlich weit oben, das macht das Ziel sehr schneesicher. Noch höher kommt der Skifahrer nur noch am Talschluss beim gleichnamigen Gletscher, einem beliebten Trainingsgebiet für Rennfahrer und solche, die es werden wollen. Verbunden ist das Gletscherskigebiet mit einem kleineren Skiareal namens Riffelsee. Und wenn das Thema Alpinskifahren im Pitztal (was schwer vorstellbar ist) innerhalb einer Urlaubswoche ausgereizt sein sollte, gibt es noch immer originelle Alternativen, mit dem Schnee in Kontakt zu bleiben. Wenn man beispielsweise mit einem Pistenbully mitfährt und sieht, wie die Pisten täglich frisch gebügelt werden fürs Schönskifahren. Oder fürs Carven.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.12.2016)

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