Die Pferdefischer im flämischen Oostduinkerke bringen schwere Netze an Land: voll mit kleinen Nordseekrabben.
16.01.2019 um 00:43
Souverän-gelangweilt muss man den Ausdruck nennen, den die Protagonisten im Gesicht haben, Männer wie Pferde. Die Pferdefischer von Oostduinkerke sind längst eine Attraktion in dem mäßig charmanten belgischen Nordsee-Badeort geworden, und sie sind es gewohnt, von Touristen bestaunt zu werden. Vor allem in den Sommerferienmonaten sorgt es für einen Massenauflauf in der Fußgängerzone, wenn sich die Männer – und eine Frau – in ihrem gelben Ölzeug neben Pferden und niedrigen Wägen für einen Beutezug versammeln. Text: Anna Burghardt
(c) Westtoer/ Oostduinkerke
Die Gemeinde Oostduinkerke bezahlt mittlerweile dafür, dass die rund 500 Jahre alte lokale Tradition des Pferdefischens, seit 2013 Immaterielles Weltkulturerbe und seither auch für Frauen zugelassen, weiterhin publikumswirksam ausgeübt wird. Im Sommer geht es allerdings mehr um die Show als um Fangerfolge; die eigentliche „Erntesaison“ beginnt nämlich jetzt. Krabben mögen es kühl. Und Krabben sind das Ziel. Kleine Nordseekrabben, von riesigen Pferden in Netzen an Land geschleppt.
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Es weht ein nahezu umwerfender Wind, als die Kolonne aus Pferden, Fischern und Zusehern von der asphaltierten Fußgängerzone aus über den flachen, weiten Sandstrand von Oostduinkerke langsam Richtung Meer zieht. Der Wind treibt ungerührt Sandkörner an Sonnenbrillen vorbei in die Augen, kleine Kinder stemmen sich schwer gegen die heftige Brise, den Pferden aber kann der Wind rein gar nichts anhaben.
(c) Westtoer/ Oostduinkerke
Es sind enorme Kraftlackln, Arbeitstiere mit gewaltigen Ausmaßen und ebenso beeindruckend dichtem Kötenbehang (so der Fachname für die Haare im Fesselbereich), die für diese historische Art des Krabbenfischens eingesetzt werden.
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Etwa die belgische Rasse Brabanter Kaltblut. Die Tiere müssen nicht nur stark sein, es braucht für das Krabbenfischspektakel auch ein gewisses Phlegma, eine Gutmütigkeit. Vor allem in den Sommermonaten, wenn Touristen mit Kamera den Pferden ganz plötzlich vor die Hufe springen oder kleine Kinder völlig unbekümmert auf sie zulaufen.
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Auf hölzernen Wägen ziehen die Tiere Netze und Bretter zum Watt. Wo man bereits knöchelhoch im schlammgrauen Wasser steht, machen Fischer und Fischerin die Pferde für die Tour fertig, befestigen die Netze an ihrem Geschirr.
(c) Westtoer/ Oostduinkerke
Dann geht es los, mit ein bisschen Entfernung voneinander schreiten die Pferde mit ihren Reitern langsam ins Meer hinein. Die Holzbretter, die die Tiere mitschleppen, rütteln die Nordseekrabben im Sand auf, lassen diese gleichsam aufspringen – und sorgen dafür, dass sie im Netz landen. Das im Laufe der Stunden natürlich immer schwerer wird, noch dazu inklusive Wasserwiderstand.
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Die Pferdefischer schreiten normalerweise drei Stunden parallel zum Strand auf und ab, so weit draußen, dass die Tiere bis zum Bauch im Wasser sind. In der Sommersaison wird die Phase den Touristen zuliebe auf eine Stunde verkürzt. Die begehrten Krabben halten sich aufgrund der niedrigeren Temperaturen eher weiter draußen unter Wasser auf. Das heißt, die Fischer müssen möglichst weit hinaus, möglichst weit Richtung Horizont – solange die Pferde noch mit den Hufen das Wasser durchpflügen können. Es kann also nur bei Ebbe gefischt werden.
(c) Westtoer/ Oostduinkerke
Traditionell waren früher jene Männer Pferdefischer, die ohnehin schon ein Pferd besaßen und es zusätzlich nutzen wollten; Kohlenhändler etwa, erzählt Yvonne König vom Tourismusbüro Oostduinkerke auf Deutsch. Heute gibt es Pferdefischer mit absolvierter Lehrzeit und bestandener Prüfung, die im Hauptberuf eine „Frituur“-Bude besitzen. Und für besondere Gäste dann Kroketten aus den selbst hoch zu Ross gesammelten Krabben frittieren.
(c) Westtoer apb
Termine zum kostenlosen Zuschauen findet man auf www.paardenvissers.be/kalender (Homepage nur auf Flämisch). Man kann die Fischer aber auch von deren Zuhause bis zum Meer begleiten (auf dem Pferd) und dann wieder zurück nach Hause zum Krabbenkochen. Dazu kann man die Pferdefischer über die Website unter dem Menüpunkt „Zeeklassen“ telefonisch kontaktieren, die Preise sind unterschiedlich. Manchmal gibt es auch royalen Besuch, wie Anfang September, da kamen König Philippe und seine Frau Königin Mathilde vorbei.
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Willem Hiele (im Bild) bietet in seinem umgebauten Bauernhaus in Koksijde kreative Regionalküche. Viele Zutaten stammen aus dem eigenen Garten, zum Beispiel produziert er verschiedene sortenreine Apfelessige. www.willemhiele.be Das „Julia“ in Sint-Idesbald ist auf Fisch und Austern spezialisiert, www.julia-baaldje.be Ebenfalls einen Fisch- und Meeresfrüchte-Fokus hat das Oesterput in Blankenberge, www.oesterput.com. Zwei Michelinsterne hat das Restaurant Bartholomeus in Knokke-Heist, www.restaurantbartholomeus.be. Compliance: Die Reise erfolgte auf Einladung von Visit Flanders.
FoodPhoto Bram (Willem Hiele)
Mit nassen Hufen
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