Niederlande

Den Haag: Neue Genüsse in Kunst und Kulinarik

Pier in Scheveningen
Pier in ScheveningenTom Busch/LGG6
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Frisch, fröhlich, bunt: Wie die Tulpen sprießt in Den Haag viel Neues aus dem Boden.

Da steht ein Klavier! Mitten auf dem Bahnhof. Der Centraal, der größte Kopfbahnhof der Niederlande, wird mit viel Beton und Glas zum Den Haag Nieuw Centraal modernisiert. Am Ende der Gleise leuchtet einladend das kunterbunte Klavier in Blau, Rot und Weiß – ein Mondrian-Klavier! Vom Bahnhof an lassen einen die markanten Primärfarben nicht mehr los, tauchen in der ganzen Stadt auf: Rote, blaue und gelbe Riesenpontons schwimmen auf dem Hofvijver vor dem Binnenhof, dem Parlamentssitz der Niederlande. Rot-blau-gelbe Rechtecke führen durch die Stadt zum königlichen Palast Noordeinde, dem Amtssitz der niederländischen Monarchie. Die Grundfarben leuchten als Leitplanken an der Spark-Bar am Kanal der Mauritskade oder geleiten als bunte Schaufenster die Bummelnden durch die berühmte Einkaufspassage. Den Haag ist im Mondrian-Fieber.

Die Holländer haben etwas zu feiern: 100 Jahre Mondrian und seine Künstlergruppe De Stijl.
Die Holländer haben etwas zu feiern: 100 Jahre Mondrian und seine Künstlergruppe De Stijl. Tom Busch/LGG6

Primärfarben als Programm

Die Holländer haben was zu feiern: 100 Jahre Mondrian und De Stijl geben der Stadt am Meer ihr Primärfarben-Profil. Der Maler Piet Mondrian gehörte zu den Begründern der abstrakten Malerei und war Mitbegründer der Künstlervereinigung De Stijl. Die niederländische Gruppe von Malern und Architekten rund um Theo van Doesburg, Bart van der Leck und Gerrit Rietveld schuf Werke in geometrisch-abstrakten Darstellungsformen, ähnlich wie das deutsche Bauhaus.

Im Jubiläumsjahr steht das Den Haager Gemeentemuseum mit seiner weltweit größten Mondrian-Sammlung im Mittelpunkt: Es widmet vier Sonderausstellungen De Stijl und Mondrian und baute dessen Pariser Atelier lebensecht nach. Daneben, in den weiteren Sälen, hängen die Kollegen, die Elite der modernen Malerei: Edgar Degas, Claude Monet, Pablo Picasso bis Egon Schiele.

Die Residenzstadt des Königreiches der Niederlande ist prallvoll mit Kunst. Im Rijksmuseum gibt es bedeutende Sammlungen französischer Gemälde. Im ehemaligen Palast von Königin Emma bekommt der berühmteste Grafiker der Niederlande, M .C. Escher, seine Schau: Nichts ist, wie es scheint. Fische sind Vögel, Wasser fließt nach oben, und Männer steigen Treppen beim Hinaufgehen hinab. Einmal über die Lange Voorhout und am Hofvijver entlang, steht man schon vor dem nächsten Kunst-Highlight.

Im neu eröffneten Mauritshuis kann man zehn Rembrandts bewundern und das „Mädchen mit dem Perlenohrgehänge“ von Vermeer.
Im neu eröffneten Mauritshuis kann man zehn Rembrandts bewundern und das „Mädchen mit dem Perlenohrgehänge“ von Vermeer. Tom Busch/LGG6

Prachtvolle Meisterwerke

Das Mauritshuis wurde zwei Jahre lang umgebaut. Fünfzig Bilder, darunter auch „Das Mädchen mit dem Perlenohrgehänge“, gingen in dieser Zeit auf Weltreise, nach Japan und in die USA. Mit der Wiedereröffnung strahlen die Alten Meister des Goldenen Zeitalters in einem besonderen Glanz. In vierhundert Jahren vergilbte Schichten wurden von den Restauratoren entfernt und durch neue, transparente Firnis ersetzt.

Meisterwerke der Kunst, prachtvoll zur Schau gestellt: „Der Stier“ von Paulus Potter, der „Distelfink“ von Carel Fabritius, der „Lachende Junge“ von Frans Hals. Jan Brueghel der Ältere, Hans Holbein der Jüngere, Peter Paul Rubens und natürlich Rembrandt, „Die Anatomie des Dr. Tulp“. Mit zehn Rembrandt-Bildern besitzt das Mauritshuis eine der bedeutsamsten Sammlungen der Welt.

Und dann sie - mit ihrem Blick, der alle innehalten lässt: „Das Mädchen mit dem Perlenohrgehänge“, gemalt 1665. Das Bildnis ist dermaßen populär, dass die junge Frau als Mona Lisa des Nordens beschrieben wird. Vermeers Mädchen ist inzwischen zur Namensgeberin von eleganten Den Haager Restaurants wie The Pearl geworden. Als Schirmherrin der feinen Küche blickt sie von oben über exklusiv gestaltete Dinner-Tische.

Lesetipp

Der Lesetipp zum Schauen: Mondrian in der Gartenkunst. Diesen einmaligen Gartentrend beschreibt das neue Buch „Gartendesign – Close-up“ von Emma Reuss und präsentiert neben dem „Mondriangitter“ weitere künstlerische Gestaltungsarten. Gezeigt werden 100 herausragende Gärten in aller Welt. 432 Seiten und 704 Fotos, Delius Klasing Verlag, EUR 49,90

Von noch höher herab blickt man im neuen Icon von Den Haag, dem The Hague Tower. „2007 gebaut, hatte der Wolkenkratzer schnell seinen Spitznamen weg: The Iron, weil er mit seiner Triangelform an das Flatiron-Building in New York erinnerte“, erzählt Elwin Giel. Fünf Jahre baute der gebürtige Den Haager an der Gestaltung der oberen Stockwerke, inkludierte ein Restaurant, Skybar und Business-Suiten. 2011 wurde The Penthouse eröffnet. Von hier reicht der Blick bis nach Delft, nach Rotterdam und bis ans Meer, wo das neue Riesenrad das Wasser der Nordsee zu berühren scheint.

Den Haag ist die einzige Großstadt der Niederlande, die direkt am Meer liegt. Sechs Kilometer vom Stadtzentrum erreicht man den Stadtteil Scheveningen, einen geschichtsträchtigen Seekurort. Ein Pier führt aufs Wasser hinaus, an seinem Ende steht Europas erstes Riesenrad über dem Meer. Das vierzig Meter hohe Ding wurde vor einem Jahr eröffnet. Hochgegondelt, kann man über den elf Kilometer langen Strand und bis zur Den Haager Altstadt schauen. Vor dem Fenster rasen fliegende Holländer vorbei: Vom Bungy-Turm sausen Wagemutige mit Tempo 70 am Riesenrad vorbei, übers Meer und landen auf der Pier. Die neue Zipline ergänzt die vielen Attraktionen in Scheveningen.

Und auch hier finden sich die berühmten Primärfarben: Die gesamte Außenfassade des Bilderberg-Europa-Hotels am Anfang des Piers wurde in Mondrian-Farben designt. Rote neben blauen Balkonen, gelbe neben weißen Rechtecken. Das fröhliche Design färbt ziemlich ab, denn die Menschen im Bilderberg haben auffallend gute Laune. Der nahe Strand lockt, das Surren der Zipline, die über den Wellen fliegenden kunterbunten Kites.

Mit Stil in Den Haag

1. Vermeers Mädchen mit dem Perlenohrring trifft man in der Königlichen Gemäldegalerie Mauritshuis. Das weltbekannte Museum glänzt in neuer Pracht nach der Wiedereröffnung vor drei Jahren mit 800 Meisterwerken zum Goldenen Zeitalter der holländischen Blütezeit des 17. Jahrhunderts. Rembrandt, Jan Vermeer, Frans Hals: Welt-Kunst im wahrlich ansprechenden Rahmen. Plein 29, www.mauritshuis.nl

2. Top: The Hilton Den Hague. Hier feierte man die Rückkehr des berühmten Meisterwerkes von Jan Vermeer nach Den Haag mit einem Mauritshuis Masterpiece Package. Der Besuch des Mädchens mit dem Perlenohrring, High-Tea, Dining und Unterkunft im einstigen Hauptpostamt der Niederlande sind inkludiert. Im Restaurant diniert man direkt unter dem berühmten Bild. Das Hilton Den Hague liegt charmant an einem Kanal mitten im Botschaftsviertel, nur wenige Gehminuten vom Parlament entfernt. Rundum die Sighseeing-Spots in Laufweite: der Friedenspalast Vredespaleis, Paleis Noordeinde, Panorama Mesdag und die moderne Centraal Station mit Mondrian-Klavier. 195 Zimmer ab EUR 182,- , Restaurant, Bar SPARK mit Terrasse am Kanal, 24-Stunden-Fitnesscenter im Hilton Den Hague, Zeestraat 35, www.hiltonhotels.de

3. Mit Stil bummeln Besucher durch die älteste Shopping Mall Hollands: The Passage wurde als Neorenaissance-Bau des Den Haager Architekten Petrus Josephus de Sonnaville 1885 eröffnet. Der neu angefügten Nieuwe Haagse Passage setzte Architekt Bernard Tschumi ein modernes Glasdach auf. Keramikfassaden in blau und weiß erinnern an Delfter Fayencen. Passage, www.depassage.nl

4. Mondrians größte Sammlung beherbergt das Gemeente Museum, untergebracht in einem faszinierenden Gebäude des Architekten H.P. Berlage. Zum 100. Geburtstag von De Stijl werden vier Sonderausstellungen ausgerichtet, u.a. „Architektur. Das Verlangen nach Stil“ bis 17. September 2017 und „ Die Entdeckung von Mondrian. Amsterdam / Paris / London / New York“. Noch bis 24. September 2017. Stadhouderslaan 41, www.gemeentemuseum.nl

5. The Mondrian Menu. Anlässlich des Jubiläums „100 Jahre Mondrian und De Stijl“ legt das Restaurant Pearl mit einem genussreichen Mondrian-Menu eine von den Farben des berühmten Malers inspirierte Küche auf. Die einzelnen Gänge widmet Chef Frank Uphoff den Wirkorten Piet Mondrians: Holland, Frankreich und den USA. Mondrian zum Schlemmen. Pearl Restaurant, Zeestraat 35, Reservierung: Tel. +31 70 710 7025, www.restaurantpearl.com

6. Süßer Entzug in Holland? Klappt nicht. Guglhupf, Sachertorte, Apfelstrudel und Plunderteigtaschen - seit 1934 backt die Wiener Konditorei von Roland Toorenburg in Den Haag auf. Die familiäre Backtradition geht zurück auf den in Wien gebürtigen Großvater, Konditor Willy Prager. Korte Poten 24, www.wienerkonditorei.nl

7. Die Illusion spielt Streiche im Het Paleis, in dem die ganze Welt des Maurits Cornelis Escher zu bestaunen ist. Der frühere Winterpalast von Königin Emma der Niederlande setzt die Meisterwerke der Illusion auf eine überraschende Art in Szene, ergänzt durch biographisches Material, Briefe und Fotos zum bedeutendsten Graphiker der Niederlande. Lange Voorhout 74, www.escherinhetpaleis.nl

8. The Penthouse im Hague Tower ist das höchste Restaurant der Niederlande. Auf 135 Metern Höhe kreiert der holländische Schotte Brian Whyte wahrhaft höchste Küchenkunst – in einem rundumführenden Ambiente mit weitreichendem Ausblick. Den Hague, Scheveningen, Rotterdam, das Meer – alles liegt zu Füssen! The Hague Tower, Rijswijkseplein 786, Reservierung: Tel. +31 70 305 1000, www.thepenthouse.nl

9. Das neue Kunsthighlight. Erst ein Jahr jung ist Voorlinden zum neuen niederländischen Kunsttempel der Moderne avanciert. Lichtdurchschienen zeigt die Halle in einem Landschaftspark zeitgenössische Kunst von internationalem Format. In der aktuellen Ausstellung „The Meantime“ finden sich Formaldehyd-Fische von Damien Hirst, Joseph Beuys Filmrollen-Kunst und ein Werk von Anselm Kiefer. Buurtweg 90, Wassenaar, www.voorlinden.nl

10. Bücher wachsen gen Himmel! Aus Kinderperspektive und auch für Erwachsene beeindruckend wurden im Kinderboekenmuseum ganze Wände aus Büchern gebaut, bilden ein Kino und Spiel-Labyrinthe. Als Teil des Literatuurmuseum richtet sich das interaktive Angebot rund ums Gedruckte an alle Altersklassen. Prins Willem-Alexanderhof 5, www.kinderboekenmuseum.nl, www.literatuurmuseum.nl

11. Bilderberg Europa Hotel. Nur 198 Schritte vom Strand entfernt und dabei zentral gelegen: Das Bilderberg Europa Hotel Scheveningen führt nach Einzug von frischem See-Ambiente die Designer-Hotel-Highlights an der Nordsee an! Erst vor wenigen Monaten neu gestaltet, laden Zimmer und Suiten mit Meeresbrise-Ambiente zum erholsamen Aufenthalt am elf Kilometer reichendem Strand. Zum Relaxen steht ein kleines, feines Spa mit Sauna, Dampfbad und Schwimmbad bereit. 174 Zimmer, viele mit Meerblick, alle mit Regendusche, 40-Zoll-Flatscreen, gratis Wifi-Nutzung, ab EUR 124,- Neues Wochenendangebot: Zwei Nächte für zwei Personen zum Sonderpreis ab EUR 198,-. Bilderberg Europa Hotel Scheveningen, Zwolsestraat 2, Scheveningen, www.bilderberg.nl

12. Neuer Hotspot SALT. Direkt am Eingang zum berühmten Pier liegt das SALT Coastal Bistro & Bar und überrascht den Gast mit großer Kochexpertise im frischen Design. Chef Michel van Deijk kommt aus der Amsterdamer Sterneküche und setzt im erst vor einem Jahr eröffneten SALT seine Kochkunst an den Scheveninger Strand – umrandet von einer Vielzahl von ausgesuchten Salzen aus der ganzen Welt. Glanzpunkte auf der Karte: Yakatori-Thunfisch mit Wakame und Wasabi, zartes Kalbswangenfleisch angerichtet mit einem Hauch Schokolade und Cafe glacé zum Hinschmelzen, zu Top-Preisen: 3 Gänge EUR 37,-, 4 Gänge EUR 45,-. Reservierung: Tel: +31 70 416 9595, Zwolsestraat 2, Scheveningen.

13. Sculptures by the Sea. Mit den Sprookjes Beelden aan Zee wird die Promenade von Scheveningen zum märchenhaften Hingucker! Die 23 Bronze-Figuren des US-Künstlers Tom Otterness erzählen schönste Märchen. Dahinter zeigt das Museum Beelden aan Zee weitere Werke zeitgenössischer Bildhauer. Nächste Ausstellungen: Ossip Zadkine, Niki de Saint Phalle. Harteveltstraat 1, Scheveningen, www.beeldenaanzee.nl

14. Alles neu am Pier! Erst vor zwei Jahren umgestaltet, wurde der Pier von Scheveningen zum Food-Boulevard, gekrönt mit einem Bungee-Jump-Tower, mit neuer Zipline über dem Pier und Europas erstem Riesenrad über dem Meer. 36 klimatisierte Gondeln schaukeln am Rad inklusive VIP-Gondel mit Glasboden und auf Wunsch mit Lunch und Dinner. Strandweg, Scheveningen, www.skyviewdepier.nl 

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.9.2017)

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