Bald tobt der Karneval am Rhein, und in Köln speziell. Was aber kann die Stadt noch?
Köln. Wahre Schönheit kommt von innen: weggebombt, wiederaufgebaut, zusammengeschustert, Schnellstraßen, Lärm und trotzdem Dauerstau. Kölns Innenstadt versprüht trotz vieler neuerer Umbauten den Charme der ersten Nachkriegsjahrzehnte: Wiederaufbau, Architektur der 1950er, Lieblosig- und Abscheulichkeiten der 1960er- und 1970er-Jahre finden sich zuhauf. Dazwischen hier ein altes Stadttor, dort das Fundament der Hohenzollernbrücke aus dem 19. Jahrhundert oder das eine oder andere Altstadthaus, das der Krieg übrig gelassen hat. Wer sagt, dass eine Stadt schön sein muss? Köln ist mehr: ein „Jeföhl“, ein Lebensgefühl, fröhlich, redselig und manchmal überheblich, halten viele Kölner ihre Stadt doch für den Nabel der Welt. „Selbstbesoffen“ mag man die Bewohner dieser Stadt nennen, und dennoch humorvoll und voll Selbstironie. Keine deutsche Großstadt produziert dabei so viele Skandale: 2009 stürzte beim U-Bahn-Bau das Stadtarchiv ein. Die Bahn ist immer noch nicht fertig. Politiker, Wirtschaftsbosse und Medienleute streiten weniger, als dass sie „klüngeln“: Man kennt sich. Man hilft sich. „Mehr arbeiten, weniger feiern“, empfehlen manche den Kölnern, die sich eher für die nördlichste Stadt Italiens halten. Schließlich gründeten die Römer ihre Metropole am Rhein, als die Germanen noch in Felle gewickelt durch Sümpfe und Wälder stiefelten. An die Römer erinnern viele Ausgrabungen in der Altstadt und das Römisch-Germanische Museum mit seinen antiken Funden direkt am Dom.
Baudenkmal und Domplatte. Der Kölner Dom zählt zu den meistbesuchten Touristenattraktionen in Deutschland: ein himmelhoher Berg gotischer Baukunst, belebt von ungezählten steinernen Fabelwesen, Heiligen und anderen Figuren, die wie ein Wimmelbild des Mittelalters anmuten. Drinnen streben Säulen dem Herrgott entgegen, weiten den Blick nach oben, bis der Mensch vor so viel Weite klein wie eine Ameise und unbedeutend wie ein Staubkorn erscheint. Deutschlands größte und die weltweit drittgrößte Kathedrale zählt seit 1996 zum Unesco-Weltkulturerbe. Gebaut wird sie seit 765 Jahren. Die Kölner lassen nicht die Kirche im Dorf, sondern den Dom in „Kölle“ – das kommt aber aufs Gleiche hinaus.
Auf der zugig-grauen Steinwüste vor dem Gotteshaus, der Domplatte, ballt sich das Kölner Lebensgefühl: „Jeder Jeck is anners“, ein jeder Narr ist anders – und darf es sein. Straßenmusiker spielen neben einem Wanderprediger, der die Menschen zu Jesus bekehren will. Dahinter eine Ausstellung, ein Infotisch, an dem Engagierte Unterschriften für ihr Anliegen sammeln, Obdachlose, die um eine Gabe bitten: ein Kaleidoskop der deutschen Gesellschaft in ständig wechselnder Besetzung zwischen Andenken- und Nippesläden vor dem größten deutschen Bahnhof im Schatten der Kathedrale. Da ist es wieder, das Köln-Gefühl.
Tipps
Info: www.koelntourismus.de
Tipp: Köln-Card für freie Fahrt in Öffis und etliche Vergünstigungen.
Viertel alias „Veedel“.
Innenstadt: Führungen im Kölner Dom bis über die Dächer des gigantischen Baus, www.koelner-dom.de Am Geländer der Hohenzollernbrücke hängen so viele Liebesschlösser, dass die Bahn um die Stabilität der Brücke fürchtet. Südlich liegt ein interessantes Neubaugebiet: Die Hochhäuser im ehemaligen Rheinauhafen zitieren die früheren Hafenkräne.
Severinsviertel: das „kölschste“ aller Veedel mit vielen kleinen Läden und Kneipen, vor allem an der Severinstraße und dem Chlodwigplatz.
Schäl Sick: Die „falsche Seite“ ist für die Urkölner die rechtsrheinische, also Deutz und die anderen Stadtteile jenseits des Flusses. Von dort wird man mit tollem Blick auf die Skyline belohnt. Fast auf Augenhöhe mit den Türmen des Doms steht man am Kölntriangle. Plattform 100 m über dem Rhein, http://koelntriangle.de
Belgisches Viertel: Der Brüsseler Platz und die Seitenstraßen sind ein gefragtes Ausgehquartier mit ausgefallenen Kneipen und Läden, www.chicbelgique.de, Markthalle (www.markthalle-belgischesviertel.de) und Street Art.
Ehrenfeld: Beliebtes Wohnviertel mit zahlreichen Kneipen und Cafés, viel Graffiti-Kunst in der Körnerstraße.
Club Bahnhof Ehrenfeld, www.cbecologne.de;
Club, Theater-, Konzert- location Artheater, artheater.de; Konzerte und Party im Underground, www.underground-cologne.de; Live Music Hall, livemusichall.de; Heinz Gaul, Die hängenden Gärten, Das Scheue Reh und noch mehr Nachtleben: http://koeln.nachtkultur.info oder www.regioactive.de
Besuchen: Schokoladenmuseum im Rheinauhafen. Pralinenkurse, Verkostungen (www.schokoladenmuseum.de). Nebenan kann man sich im Deutschen Sport- und Olympiamuseum anschauen, wie andere sich das abtrainieren, was man sich gerade angefressen hat, www.sportmuseum.de
Im Rautenstrauch-Joest-Museum (RJM) macht man eine Reise durch die Kulturen der Welt, museenkoeln.de/rautenstrauch-joest-museum/
Museum Ludwig: Kunst des 20./21. Jahrhunderts. Museum von Weltrang, www.museum-ludwig.de
Der ehemalige Sitz der Gestapo ist heute ein Museum: museenkoeln.de/ns-dokumentationszentrum
Kölns Stadtbibliothek erhielt 2016 die Auszeichnung „Bibliothek des Jahres“, stadtbibliothekkoeln.blog/
Essen: Die meisten rheinischen Spezialitäten sind schwer und mäch- tig, eine gute Grundlage für lange Feiernächte. In der Altstadt bieten viele Lokale Heimisches wie Himmel und Ääd (Kartoffelpüree, Apfelkompott, Schmorzwiebeln, Blutwurst) an.
Donnerstag, ab 17 Uhr, Rudolfsplatz: Internationaler Streetfood-Markt.
Trinken: Kölsch probieren lohnt sich. Nachschub kommt meist automatisch. Wer genug hat, legt einen Bierdeckel aufs Glas. Weil alles Kult ist, was aus Köln kommt, gibt‘s extra Brauhaus-Touren, www.koeln-brauhaustouren.de. Oder auf eigene Faust: Früh am Dom, Brauerei zur Malzmühle, Gaffel am Dom, Peters Brauhaus, Brauerei Päffgen.