Gran Canaria: Mini-Sahara für Winterflüchtlinge

Blick über die Dünen von Maspalomas
Blick über die Dünen von MaspalomasReuters
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Wer im Winter eine Pause von Schnee und Skipiste braucht, muss in den Süden: raus aus dem Wintergrau, rauf auf die bis zu 40 Meter hohen strahlend weißen Sanddünen – oder auf den 1813 Meter hohen Wolkenfels.

Die Kanaren sind wegen ihres relativ milden Klimas zu Recht dafür richtig. „Relativ“, denn die oft kräftigen Passatwinde mischen ab und zu ordentlich mit und gelten als der Wettermacher aus Nordosten. Immer noch besser als Eis kratzen und Schneematsch. Wer in Wien frühmorgens ins Flugzeug nach Gran Canaria steigt, kann mittags schon die erste Düne im Süden der Insel erklimmen. Maspalomas ist ein guter Ausgangspunkt, um Strand und Berge zu kombinieren.

Die spektakulären Dünen sind das Wahrzeichens von Maspalomas, das sich touristisch in der Vergangenheit sehr entwickelt hat. Vor ein paar Jahrzehnten waren die Dünenlandschaft und der herrlich weitläufige Strand hier die einzige Attraktion. Beim alten Leuchtturm, Faro de Maspalomas, beginnt eine zwei Kilometer lange Strandpromenade, vorbei an Hotels, Shops, Restaurants und Cafés bis zum Nachbarort Meloneras. Wunderbar für einen Sundowner und um zu beobachten, wie die Sonne scheinbar innerhalb von Sekunden ins Meer plumpst, statt sanft unterzugehen. Zur anderen Seite des Leuchtturms ragen vor dem Hintergrund des Meers die geschwungenen, vom beständigen Wind geformten Wanderdünen bis zu 40 Meter hoch – zu Fuß (Achtung: heiß!) ein anstrengendes Auf und Ab im weichen, weißen Sand aus Korallen und Muscheltieren mit einem umwerfend schönen Licht- und Windspiel. Im Schatten eines Palmenhains liegt eine Brackwasser-Lagune, an deren Ufer sich Rieseneidechsen sonnen und Zugvögel auf ihrer Reise in den Süden einen Zwischenstopp einlegen.

Unten Palmen, oben Kiefern

Die Mini-Sahara steht seit 1987 unter Naturschutz und kann auf einem markierten Weg erkundet werden. Die Dünen werden teilweise auch als FKK-Zone genutzt, also nicht überrascht sein. Ein Spaziergang entlang des Wassers, mit den Füßen im Atlantik, von der Oase von Maspalomas ans andere Ende der Dünen nach Playa del Inglés ist gut sechs Kilometer weit. Sind nach dem Frühstück noch keine Wolken in den Bergen zu sehen und hat sich der „Panza del burro“, die Passatwolkendecke, nicht auf die Gipfel gelegt: nichts wie hinauf zum Wolkenfels. Die Straßen sind hervorragend ausgebaut und schlängeln sich in zahllosen Kurven Richtung Inselmitte hinauf.

Der 1813 Meter hohe Roque Nublo (Wolkenfels) ist das geologische Wahrzeichen Gran Canarias. Wie eine Skulptur erhebt sich das Relikt eines ehemaligen Vulkanschlots, der durch Erosion abgetragen wurde, 65 Meter über seinem Sockel und thront oberhalb des Tejeda-Kessels mit großartigem Rundumblick, sofern eben keine Wolken da sind – manchmal ist sogar der Pico del Teide (3718 Meter) auf der Nachbarinsel Teneriffa zu sehen. Ein schöner Weg durch schattigen Kiefernwald führt dorthin – circa 1,5 Stunden hin und zurück vom Parkplatz. Auf dem Hin- oder Rückweg lohnt ein Stopp in einer kleinen Snackbar im Örtchen Ayacate – nicht zu übersehen, weil sich dort die Rennradfahrer erfrischen und stärken, die bereits etliche Höhenmeter hinter sich gebracht und noch einige vor sich haben. Nachtisch gibt es etwas weiter im „Mandeldorf“ Tejeda: Mandelgebäck, -mus, -likör, Marzipan und zwei Museen sind dem Baum gewidmet, dessen Blüten Ende Januar aufgehen und die Gegend rosa färben (Tipp: Mandelblütenfest Ende Januar/Anfang Februar).

Wer schmale Straßen in einer Grand-Canyon-artigen Landschaft nicht scheut, fährt durch eine weite Schlucht hinunter in Richtung Puerto de Mogán an die Südwestküste. In den 1970er-Jahren war das Fischerdorf noch ein Geheimtipp. Seit dem Bau der Küstenstraße ist es beliebt bei Tagesausflüglern. Weiße und pastellfarbene Häuser und blumenumrankte, enge Gassen, die zum Jachthafen führen, an den sich ein Restaurant ans nächste reiht, lassen den Schnee zu Hause schnell vergessen, aber erahnen, dass das romantische Städtchen eben für den Tourismus aufgehübscht wurde. Denn hinter den geduckten, maximal zweistöckigen Altstadthäuschen ranken sich Hotelkomplexe, so wie an einigen anderen Ecken der drittgrößten Kanareninsel. Dann muss man einfach wieder landeinwärts fahren und zu Fuß unterwegs sein: Gran Canaria kann auch unglaublich einsam und wild sein. Dann wird sie dem Namen Insel Fortunata gerecht, die glückliche Insel, die von berberischen Ureinwohnern bis zu Sonne suchenden Urlaubern schon viele Menschen anzog.

Tipps

Anreise: Direktflüge nach Las Palmas ab Wien: www.eurowings.com

Infos: www.grancanaria.com, www.grancanariacultura.com (Veranstaltungen, auch auf Deutsch), www.lpavisit.com (Website der Hauptstadt Las Palmas im Nordosten)

Wettervorhersage für die Kanaren: www.dasbesteklimaderwelt.com

Mietwagen: Sind sehr günstig und am besten geeignet, um die Insel auf eigene Faust zu erkunden. Kurztouren zu Fuß lassen sich überall machen und sind beschildert. Genug Wasser mitnehmen!

Wandern: Gängige Karten (z. B. von Kompass oder Freytag & Berndt) unbedingt mit einem Buch kombinieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.02.2018)

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