Schweiz: Die besten Plätze sind immer oben

Die rote Standseilbahn zum Muottas Muragl
Die rote Standseilbahn zum Muottas Muragl Reuters
  • Drucken

Egal, wie gut oder schlecht es mit der Schickeria in St. Moritz laufen mag, die Landschaft ist immer noch spektakulär und die besten Genussplätze verstecken sich oben am Berg.

Leder, Sitzheizung, getönte Panoramafenster, Gratis- WLAN? Fehlanzeige. Die rote Standseilbahn knarzt und pfeift, als sie die Talstation verlässt und durch den steilen Bergwald schnauft. Die Verbindung nach Muottas Muragl auf 2453 Meter zwischen St. Moritz und Pontresina ist eine Erlebnisbahn. Aber keine, die mit moderner Technik und Entertainment glänzt, sondern mit Nostalgie. Gebaut wurde sie vor mehr als 100 Jahren, die Waggons sind Jahrgang 1962, also auch schon nahe am Pensionsalter.

Abschalten mit Ausblick

Die Fahrgäste stört das nicht. Es rappelt und ruckelt, und nach einer kleinen Brücke wird es endlich baumfrei. Dann kommt das, weswegen sich auch im Winter viele auf die Bergfahrt auf den eigentlich unscheinbaren Berg neben Corvatsch und Corviglia freuen: Unten breitet sich das Engadin aus, streift der Blick über St. Moritz mit den Seen bis nach Sils und zum Maloja-Pass. Links leuchten Bernina und Piz Palü, rechts die Pisten der Corviglia.
Die Bergstation war früher ein bodenständiges Gasthaus und hat sich mittlerweile zu einem eleganten Romantikhotel und dem ersten Plusenergiehotel der Schweiz entwickelt. Die Besucher in den beiden Restaurants sitzen bei Bündnerfleisch, Bergkäse und Birnenbrot.

Der dämmrige Blick von oben.
Der dämmrige Blick von oben. Reuters

Muottas Muragl ist der Entschleunigungsberg mitten im Skizirkus von St. Moritz. Hier oben gibt es keinen Skilift und kein Après-Ski. Die Gäste sitzen an den großen Aussichtsfenstern oder auf der Terrasse, stiefeln auf dem Winterwanderweg entlang der Spuren des Malers Giovanni Segantini, oder sie stapfen mit Schneeschuhen durchs Gelände und machen einen Ausflug auf die zwei Kilometer kurze Langlaufloipe, schwingen sich auf den Schlitten und rodeln die steile, über vier Kilometer lange Strecke ins Tal. Wer diesen zauberhaften Ort wirklich spüren will, quartiert sich in einem der 16 Zirbenzimmer ein und genießt den fantastischen Sternenhimmel – was sich auch mit einer geführten Vollmond-Schneeschuhtour kombinieren lässt.

Immer höher hinaus

In St. Moritz sei es immer schon etwas Besonderes gewesen, ganz oben am Berg zu sein, sagt Jean-Jacques Baur vom Hotel Kulm, das vor über 150 Jahren von Tourismuspionier Johannes Badrutt zum ersten Luxushotel der Region ausgebaut wurde. Geographisch liegt das Fünfsterne-Grandhotel heute immer noch sehr repräsentativ, aber nicht mehr ganz oben, dort stehen jetzt private Ferienresidenzen. Ein paar Meter oberhalb eines weiteren Luxushotels, dem noblen Hotel Suvretta House, startet die betagte Zweiersesselbahn Randolins, die einem eine interessante Vogelperspektive auf eine weitere Siedlung mit Villen bietet. Mehr Höhe und besseren Schnee bietet weit in das Frühjahr hinein ein ganz anderer Aussichtsplatz. Eine gute halbe Stunde braucht die Rhätische Bahn von St. Moritz zur Talstation der Diavolezza-Seilbahn, mit der die Wintersportler auf gut 3000 Meter hinaufschweben. Hier gibt es zwar nicht so viele Pisten wie in St. Moritz, aber mindestens genauso viel zu schauen.

Die Protagonisten sind die Bernina, Piz Palü und Piz Morteratsch. Die Aussicht von der Terrasse ist gewaltig. Skifahrer haben die Wahl zwischen den regulären Pisten, die sich unterhalb der Seilbahn talwärts schlängeln, und der zehn Kilometer langen Gletscherabfahrt, die weiter nördlich verläuft und je nach Wetterlage befahrbar ist. Im Frühjahr gehören auch Skitouren oder eine Winterwanderung zum Sass Queder zum Standardprogramm. Nächtigen kann man hier in Schlafsälen oder in einfachen und etwas komfortableren Doppelzimmern.

Die Idee, dass das Leben etwas weiter oben auch angenehmer sein kann, ist nicht ganz neu und wird hier in der Wiege des alpinen Luxustourismus auch schon seit geraumer Zeit praktiziert. Damit hat das legendäre Waldhaus in Sils Hotelgeschichte geschrieben. Das altehrwürdige Fünfsternehaus thront über dem Tal auf einer Bergkuppe und ist eine Mischung aus Hotel und Museum und in vielem heute noch so, wie es der Hotelier Josef Giger 1908 hat bauen lassen. Die Belle-?poque-Bar mit dem 100 Jahre alten Steinway-Flügel und dem ebenfalls über 100 Jahre alten Empire-Salon mit dem mechanischen Welte-Mignon-Klavier sind nur einige Highlights des nostalgischen Interieurs. Wer hier logiert, lebt in einer eigenen Welt, und das hat schon so unterschiedlichen Gästen wie Thomas Mann, Joseph Beuys und David Bowie gefallen.

www.diavolezza.ch, www.waldhaus-sils.ch
www.engadin.stmoritz.ch

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.