Weibliche DJs: Heldinnen der Nacht

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Im Vergleich zu anderen Protagonistinnen der Musikszene fristen weibliche DJs ein Schattendasein. Verstärkt gilt zuletzt aber die Devise „Frauen ans Pult“.

(c) David Kleinl
(c) Elsa Okazaki
(c) Dominique Jardin

Paris Hilton tut es. Giulia Siegel tut es. Und ja, selbst Micaela Schäfer – die Kenntnis dieses Namens fällt unter unnützes Wissen der wohl vernachlässigbaren Subsparte Medientrash – tut es. Weibliche Stars und Sternchen als DJ. Es zieht sie frappierend häufig ans Pult. Nicht selten liegen hier Selbst- und Fremdeinschätzung bezüglich der Auflegefähigkeiten exorbitant auseinander, oder die Celebrities dienen lediglich als visuell-prominenter Aufputz. So geriet der erste Auftritt der Hotelerbin in Rio de Janeiro an den Turn­tables zur glitzernd-funkelnden Produktbeschau – ob sie tatsächlich ihr einstündiges Set in Eigenregie akribisch vorbereitet  oder sich das Potpourri hat zusammenstellen lassen, bleibt wohl ein Geheimnis.

Streifzüge. Fernab dessen lohnt es sich dennoch, einen Blick auf die Protagonistinnen der heimischen DJ-Kunst zu werfen. Bereits 2010 wurden an dieser Stelle Szene-Protagonistinnen wie Pinie Wang, Joyce Muniz, the First Lady obt und Sweet Susie vorgestellt. Und obgleich der Frauenanteil am DJ-Pult stetig steigt, gibt es, verglichen mit den männlichen Kollegen, noch immer wenige Frauen. Vier von ihnen begleitete das „Schaufenster“ durch ihre abendlichen und nächtlichen Disco-, Bar- und Clubstreifzüge: Dominique Jardin, Elsa Okazaki, G. Rizo und Frieda P. Letztere begeistert seit 2007 auf Underground-Partys mit ihrer trashig-mitreißenden Musikmelange. Die 28-Jährige beschreibt sich selbst als „Tarzan“ und spielt damit auf die unglückliche deutschsprachige Feminisierung der männlich konnotierten Berufsbezeichnung DJ (Disc Jockey) an. Mit dem Begriff DJane, einst als geschlechtsspezifische Abgrenzung und Sichtbarmachung von Mädchen und Frauen im Clubkontext kreiert, kann sich keine der vier Plattenauflegerinnen identifizieren. Zu sehr ist der Terminus mit leicht bekleideten, aber musikalisch kaum substanziellen Sternchen verbunden.

Debüt in New York. G. Rizo verzichtet komplett auf das branchenübliche Kürzel DJ, immerhin nimmt sie bei Auftritten auch meistens das Mikrofon in die Hand. 1999 begann sie ihre Karriere in New York: „Ich hatte erst kurz davor begonnen, Platten zu sammeln. Eine Freundin hatte mich empfohlen, und so spielte ich meinen ersten Gig bei einer House-Party. Ich war trotzdem außerordentlich nervös. Als ich einen Track von Les Rythmes Digitales (frühes Elektronikprojekt des britischen Produzenten und dreifachen Grammy-Gewinners Stuart Price, Anm.) auflegte, begannen alle zu tanzen. Diese sichtbare Bestätigung gab mir die Selbstsicherheit, weiterzumachen“, schildert die heute 39-Jährige ihre erste Erfahrung. Ihren schönsten Moment hinter dem DJ-Pult hatte Ihu Anyanwu 2006 – im selben Jahr zog sie auch nach Wien –, als sie inmitten eines harten Techno-Sets als Stilbruch eine Disco-Nummer von Kid Creole and the Coconuts einstreute und dafür gebührend gefeiert wurde. Am allerliebsten spielt G. Rizo aber den House-Track „I’m in Love“ von Yam Who? feat. Natasha Watts. Elsa Okazaki, die sich nicht nur als DJ, sondern primär als Fotografin einen Namen gemacht hat, kann sich nicht auf eine einzige favorisierte Platte festlegen: „Fireworks refired“ von Surkin, „A Bit of Redemption“ (Hercules and Love Affair, DJ-Kicks) und „etwas von Lady Gaga“.

Dass man jeden DJ-Auftritt gut in Erinnerung behält, ist eine Illusion. Soweit noch kein Gender-Gap. Die in Frankreich geborene Künstlerin, mittlerweile auch Mutter von Zwillingen, erinnert sich etwa nur ungern an eine bestimmte Situation am DJ-Pult: „Als ich einen Allergieanfall erlitten hatte und mein Gesicht angeschwollen war, musste ich mich das ganze Set lang hinter einer großen Sonnenbrille verstecken.“ Negative Erfahrungen machten auch G. Rizo und Frieda P. : Während G. Rizo mit einer Wohnzimmerstereoanlage samt kleinen Homecomputerboxen vorliebnehmen musste, bestand das Equipment von Frieda P. lediglich aus einem DVD-Player.

Finanzielles Schattendasein. Dass weibliche DJs nach wie vor mit Vorurteilen und Diskriminierungen konfrontiert werden, ist leider Realität. Die „Arroganz mancher männlicher Kollegen“ bekam Dominique Jardin schon einmal zu spüren. Vielleicht liegt es ja am zunehmenden Bekanntheitsgrad der 28-Jährigen. Vor sieben Jahren hat Dominique Baumgartner, so ihr bürgerlicher Name, zum ersten Mal Platten aufgelegt. Die Erfolgskurve geht nach oben, bis zu 16 Gigs absolviert sie im Monat. Von ihren DJ-Gagen kann die diesjährige Gewinnerin des Austrian Dance Awards (Kategorie „Best Newcomer“), im Gegensatz zu den meisten ihrer Kolleginnen, ganz gut leben. Ihr Antrieb sind jedoch nicht die Honorare, sondern die Auftritte an sich. Die Frage nach dem schönsten DJ-Erlebnis beantwortet Baumgartner mit „Support von David Guetta“ und meint den gemeinsamen Gig vor 10.000 Besuchern im winterlichen Sölden. In einer Verdienstliga mit dem französischen House-Tausendsassa ist sie deshalb aber noch lange nicht.

Denn im Vergleich zur Popbranche, in der Sängerinnen wie Lana del Rey, Lady Gaga oder Adele den Ton angeben, fristen weibliche Disc Jockeys ein (finanzielles) Schattendasein. So scheint, wenig überraschend, keine Frau in der jüngst veröffentlichten „Forbes“-Liste der bestverdienenden DJs auf. Die Millionenbeträge werden unter Guetta, dem niederländischen DJ Tiesto sowie den US-Amerikanern Skrillex, Steve Aoki oder Pauly D. aufgeteilt. Paris Hilton hingegen hat dies gar nicht mehr nötig, sie spielt nämlich in ihrer eigenen Liga. 

TIPP

Termine im Dezember. 1. Dezember: DJ Elsa Okazaki bei „Myyy Bitch Club“ in der Fluc Wanne. 6. Dezember: Frieda P. im Motto. 13. Dezember: G. Rizos Releaseparty ihrer Single „Autonomy“ im Expedit. 19. Dezember: Dominique Jardin im Aux Gazelles.

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