Zeichen-Schätze der Schriftdesigner

(c) Christine Pichler
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Die kleinste Form der Formensprache: Schriftdesigner und
Typografen geben den Wörtern individuelle visuelle Stimmen.

Auch Wörter können sprechen. Denn da schwingt etwas mit, selbst wenn keine Stimmbänder vibrieren. Schriftdesigner formen die visuelle Stimme dazu, indem sie direkt an den Buchstaben feilen. Sie modellieren Bögen, Serifen, Sporne, Schleifen, Stege, Unterlängen. Und gleichzeitig die Bedeutungen, die die Buchstaben bilden. Mal lassen die Designer die Wörter kreischen, mal flüstern. Texter, Autoren, Unternehmen und andere Kommunikatoren borgen sich gerne die Wirkung, den Charakter und die Zwischentöne aus, die verschiedene Schriften den Wörtern ins Hirn der Leser mitgeben. Sie verleihen den Inhalten Nachdruck, Ironie, Glaubwürdigkeit oder überhaupt erst mal Gehör.

Ob Geschäftsbericht oder Party-Flyer, der Font, also die Schriftart, sorgt für den passenden Unterton, auf Wunsch für Seriosität oder ausgelassene Feierlaune. Für ihre Kunden werden manche Grafikdesigner selbst zu Kunden, nämlich bei den Schriftgestaltern, die das Schatzkästchen der Zeichensätze ständig bereichern. Mit experimentellen Absurditäten genauso wie mit Schriften, die ihren ureigensten Zweck, leicht gelesen zu werden, sauber und diszipliniert erfüllen. Die Grafikdesigner drücken den Werbekunden schriftlich Identitäten ins Corporate Design – von der Visitenkarte bis in den Briefkopf, als wäre es ihre persönliche Handschrift. Andere, wie Elvira Stein etwa, steigen auf Leitern mit dem Stift, um Handschriften auch wirklich handschriftlich zu hinterlassen. In Räumen. Auf Wänden. „Handlettering“ heißt das dann.

Systematisch. Schriftdesigner wie die Typejockeys zeichnen Buchstaben manchmal auch per Hand, aber oft per tausendfa chem Tastendruck, wenn sie auf dem Computer neue Schriftsätze programmieren, die später sogar in 47 Sprachen Bedeutungen in Worte hüllen können, mit bis zu 700 verschiedenen Zeichen und Symbolen und etlichen Schriftschnitten von kursiv bis bold. Henriette heißt eine dieser Schriften. Dafür hat sich Michael Hochleitner die Straßenschilder Wiens genau angeschaut und auf ihnen insgesamt 16 Varianten eines Schrifttyps entdeckt. Der größte gemeinsame Nenner daraus wurde zur Basis einer neuen. Eine andere hingegen, die Sauber Script, hat sich als Hausschrift erfolgreich durch ein Unternehmen geschwungen. Inzwischen dürfen auch andere Schriftkunden damit elegante Wörter im Retro-Style formen, die wie prädestiniert dafür scheinen: Cookies, Buttermilch, Bikini oder Cheeseburger etwa

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