Coding: Sprache der virtuellen Welt

(c) Manuel Carreon Lopez
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Wer programmieren kann, agiert selbstbestimmt im Internet. Neue Initiativen für den Erwerb von Coding-Kenntnissen wenden sich nun an Frauen und setzen auf Lifestyle-Inhalte.

Wer bei Code an eine Zahlenkombination zum Öffnen des Panzerschranks oder den Bankomaten denkt, möge sich an dieser Stelle umorientieren. Hier geht es um anderes, nämlich das Schreiben von Anwendungen für den Computer in Programmcode. Das Verb dazu lautet coden, und so codet etwa die NASA die Programme, mit denen sie ein Raumschiff zum Mond schickt. Pixar verwendet Code, um eine Filmfigur zum Leben zu erwecken; die Fitnesstracker-App am Smartphone wurde mit Code programmiert, und auch die täglich besuchten Websites im Internet sehen dank Code so aus, wie wir sie sehen. Falls das zu weit weg klingt: Wer sich selbst einen Internetauftritt basteln will und Programmierkenntnisse besitzt, hat einen Vorteil. So können selbst kleine Unternehmen einen Mehrwert daraus ziehen, wenn potenzielle Kunden von ihrem Webauftritt angelockt werden.

Präsidentensache. Der Umgang mit Code, welcher mittels unterschiedlicher Programmiersprachen geschrieben wird, sollte so früh wie möglich starten, fast wie der Erwerb einer zweiten Muttersprache. Kinderbücher, etwa „Hello Ruby“ von Linda Liukas, fördern diesen Ansatz. Verständliche Bilder malen und die Welt des Programmierens für mehr, auch jüngere, Menschen zugänglich machen, das ist das Ziel. Selbst US-Präsident Barack Obama empfiehlt deshalb, dass man nicht nur am Smartphone herumspielt, sondern die Anzeige am besten gleich selbst programmiert.

Obama schrieb im letzten Jahr seine erste Zeile Code, um den Start der Hour of Code anzukündigen – eine globale Veranstaltung, bei der Schüler auf der ganzen Welt dazu angeregt werden, sich intensiver mit Informatik zu beschäftigen. Auch das Frauenmagazin „Elle“ ist sich der Aktualität des Themas bewusst und widmete zuletzt eine Ausgabe den Women in Tech, wo sich etwa Tracy Chou, Softwareingenieurin bei Pinterest, eine Bühne bietet. Frau Chou freilich war bereits im Vorjahr in der US-„Vogue“ ein ganzer Artikel gewidmet.

„Ich werde von Frauen in allen Bereichen, die tolle Dinge machen, inspiriert. Dazu gehören natürlich auch Programmiererinnen“, unterstreicht Amy Wibowo. Die in San Francisco lebende Programmiererin arbeitete bereits für Unternehmen wie Airbnb und setzt sich für Diversity-Themen im Silicon Valley ein. Mit „BubbleSort“ gestaltet sie außerdem Broschüren, die mit Illustrationen Computertechnik verständlich machen sollen: „Ich möchte Informatik zugänglich machen, da sie ein mächtiges Tool der Kreativität und des sozialen Wandels ist.“

Von internationalen Laufstegen bekannt ist indessen das Model Karlie Kloss, sie startete jüngst ihre Kampagne zu #KodeWithKarlie mit der Flatiron School in New York. In einem zweiwöchigen Kurs werden hier demnächst 13- bis 18-jährigen weiblichen Jugendlichen die Grundlagen der App-Programmierung beigebracht. Bei vergleichbaren Kursen hat solches Know-how schon geholfen, eine Karriere bei der „New York Times“, Kickstarter oder Etsy zu beginnen. Kloss selbst nahm ebenfalls bereits Programmierunterricht und entdeckte so ihre Leidenschaft. Doch auch Model-Kollegin Lyndsey Scott hat ähnliche Interessen: In einem Beitrag auf CNN war davon die Rede, dass Scott abseits der Laufstege Informatik studierte und liebend gerne iOS-Apps programmiert.

(c) imago/Future Image

Mehr Sichtbarkeit für Frauen. „Beginne mit ein paar Online-Kursen zu HMTL, CSS, JavaScript, Python oder Ruby, um zu sehen, wo die eigenen Stärken liegen. Seiten wie Codecademy, Code School oder learnpythonthehardway.org sind dafür großartig“, lautet ein Tipp von Floor Drees. Sie hat selbst Programmiererfahrung und leitet einen Wiener Co-Working Space. Gemeinsam mit der Softwareentwicklerin Laura Gaetano hielt sie jüngst einen Programmierworkshop für Lifestyle-Blogger ab. Diese fanden sich beim Fashion Camp Vienna ein, um zu lernen, wie sie das Layout ihres Web-Blogs gestalten können. „Ich denke, es ist essenziell für alle Blogger, zu lernen, was sich hinter den Kulissen abspielt, und zu verstehen, wie eine Website strukturiert ist“, so Laura Gaetano. Sie ergänzt: „Software und Hardware sind die Zukunft. Heute sind wir mehr als jemals zuvor von Technologie umgeben. Entsprechend wichtig sind Stipendien oder Programme, die Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit bieten, Einblick ins Programmieren zu erhalten.“

Für Selbstbestimmung plädiert auch Angeliki Chrysochou, Developerin und Co-Organisatorin von Women Techmakers Vienna, einem von Google gesponserten Programm für Frauen in der Technologie-Branche: „Nachdem niemand Wissen in das Gehirn verpflanzen kann, musste ich meine Hände selbst schmutzig machen und viel Energie aufbringen, um tatsächlich Programmieren zu lernen“, sagt Chrysochou und fügt hinzu: „Das Problem mit der Sichtbarkeit von Frauen im Tech-Bereich entspringt in erster Linie dem unausgeglichenen Verhältnis zwischen Männern und Frauen in der Branche.“ Genau hier, bei der Sichtbarmachung von Frauen in diesem Umfeld, setzten Erin Summers und Zainab Ghadiyali an, zwei Entwicklerinnen aus dem Facebook-Engineering-Team. Sie gründeten Wogrammer, eine Online-Plattform, auf der sie Geschichten von weiblichen Programmiererinnen erzählen. Die beiden stellen dort sowohl die Schülerin vor, die sich selbst das Coden beibrachte, wie auch die Geschäftsführerin, die ihr eigenes Start-up leitet. Über 50 Interviews mit Akteurinnen von Kapstadt bis San Francisco haben sie bislang geführt. Die Interviewten nehmen eine Vorbildfunktion ein und motivieren andere zum Lernen, das weiß auch Floor Drees: „Stück für Stück ändern wir so das Gesicht von Code und auch jenes des Programmierens.“

Tipp

Code-Verstärker. Das nächste Fashion Camp Vienna findet am 10. und 11. Oktober statt, www.fashioncampvienna.com; Geschichten von weiblichen Programmiererinnen versammelt die Plattform Wogrammer, wogrammer.wordpress.com

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