Der Kunstmarkt ist im Umbruch

Qualität geht vor Quantität. Zugleich gibt es so viele Messen und Veranstaltungen wie nie zuvor.

Markt, Karussell, Szene, Zirkus: Das Bilderreservoir, das mit dem Kunstbetrieb assoziiert wird, ist facettenreich und lässt viele Spielarten sozialer und kultureller Austausch- und Begegnungsformen anklingen. Bald steht der wirtschaftliche Aspekt im Vordergrund, bald rückt der Unterhaltungsfaktor in den Fokus, bald das Bühnenhafte oder sogar Schaustellerhafte. Bewegung, Entwicklung, Dynamik sind dabei immer im Spiel: alles nur eine Frage der Geschwindigkeit. Waren in den Jahren rund um die Jahrtausendwende Rasanz und Dynamik gefragt, so ist nunmehr ein Bedürfnis nach Entschleunigung spürbar, das sich nicht zuletzt in Galerieschließungen bemerkbar macht.

Spezialaufgaben. Ein guter Gradmesser für die Befindlichkeiten und Empfindlichkeiten des Kunstbetriebs ist die Messelandschaft. Ging es seitens der Veranstalter lange Zeit vor allem darum, groß, glamourös und prominent aufzutreten, und seitens der Aussteller darum, dieses Angebot möglichst oft mit möglichst eindrucksvollen Kojen zu bespielen, so hat sich das Blatt nun hin zu Konzentration, Reflexion und Diversifikation gewendet.
Nie zuvor haben sich so viele Messen herausgebildet wie heute, um Spezialgebiete abzudecken und kleinere Maßstäbe zu erproben. Selbst auf dem überschaubaren heimischen Markt schießen neue Kunstmessen derzeit wie Pilze aus dem Boden, finden Rochaden statt oder sogar mehrere Veranstaltungen parallel, wie sich dies während der Festspielzeit in Salzburg eingebürgert hat. Nun hat zwar ein Hauptakteur die Reed-Messe als hierzulande größter Messebetreiber zuletzt den Kunstsektor komplett abgestoßen. Das bedeutete aber eine Entwicklung zum Guten, insbesondere für das zeitgenössische Segment. Denn der Schritt verhalf vor allem der Vienna Contemporary, Österreichs wichtigster zeitgenössischer Kunstmesse, zum Durchbruch, indem diese sich mit der vom Publikum bereitwillig angenommenen Übersiedlung nach Wien Landstraße in die historische Marx-Halle mit der spitzen Positionierung als erster internationaler Messetermin der Herbstsaison etablieren konnte. Dahinter folgt eine veritable Serie kleinerer und mittelgroßer Veranstaltungen mit teils ähnlicher Ausrichtung im Sinn einer Mischung von Alt und Neu.

Von West nach Ost. Da ist als Erste die Hofburgmesse Art&Antiques zu nennen, die langjährigen Gepflogenheiten treu bleibt und einmal mehr auf das bewährte Miteinander von Antiquitäten und Kunst setzt. Auf dieses Modell baut im Westen auch die Art Innsbruck, die für das Frühjahr 2017 die neue Filialmesse Art Innsbruck Complementary angekündigt hat, um verstärkt auf dem zeitgenössischen Sektor mitzuspielen. Im Februar greift dann das Leopold- Museum ein. Nach der Trennung vom langjährigen Kooperationspartner, Art Austria, soll nun mit der neu gegründeten Art Vienna die Programmatik des Hauses österreichische Kunst im Dialog mit internationaler Kunst, Kunsthandwerk und Design von 1900 bis zur Gegenwart auch mit einer Messe abgedeckt werden. Unterdessen hat sich der abgewiesene Art-Austria-Veranstalter um einen neuen, ebenfalls spannenden Standort bemüht und zieht im Jubiläumsjahr im eleganten Palais Liechtenstein eine klein dimensionierte Salonmesse auf, die den kunsthistorischen Spirit der ersten Jahre der Art Austria wieder spürbar machen möchte. Nimmt es da wunder, dass die Galerien und Kunsthändler, als erste Zielgruppe, irgendwie verwirrt sind angesichts der Vielzahl von Möglichkeiten und Schauplätzen? Aber dennoch the Show must go on, das Karussell dreht sich weiter.

Die Messen im Überblick:

Art Vienna im Leopold-Museum. Nun mischt auch das Leopold-Museum im Messegeschehen mit und lädt rund 50 Aussteller zur Teilnahme an der neuen Art Vienna. Mit einem Schwerpunkt auf Kunst vom 19. bis 21. Jahrhundert sowie hochwertigem Kunsthandwerk, Mobiliar und Design ab 1900 soll die Museumsmesse auch die inhaltliche Ausrichtung des Hauses widerspiegeln. 23. 26. 2. 2017, www.artvienna.org

Westlicht Jubiläumsauktionen. Seit der Gründung des Fotomuseums Westlicht 2002 sind Kameraauktionen ein fixer Programmbestandteil. Durch die Erweiterung um Fotografien wurde die Auktion nochmals aufgewertet. Zum 15-Jahr-Jubiläum gelangen nun zahlreiche Ikonen der Fotogeschichte unter den Hammer, darunter Werke von Alfred Eisenstaedt (Bild: "V-J Day Kiss"), Fleischmann, Cartier-Bresson, LaChapelle, Goldin, Araki. 18. 19. 11., www.westlicht-auction.com

Ressler Künstlerinnen. Zwar haben Frauen im Kunstbetrieb zahlenmäßig eine hohe Präsenz, vor allem im Bereich Galerien und Museen. Auf dem Kunstmarkt aber und in Rankings sind sie wenig vertreten. Angestoßen durch einen Einwurf der Malerin Katharina Prantl organisiert Hans Otto Ressler nun die kaum zu glauben weltweit erste Auktion, bei der ausschließlich Werke von Künstlerinnen versteigert werden. 23. 1. 2017, www.resslerkunst.com

Dorotheum November-Auktionswoche. Um 1929 arbeitete der Futurist Giacomo Balla in Rom noch einmal alle Themen durch, die ihn seit 1910 beschäftigten: Licht, Geschwindigkeit, Sprache, das Studium des Himmels und des Meeres. In diesem Zeitraum entstand auch die Licht- und Bewegungsstudie "Valori plastici" (150.000 180.000 Euro). Das Museumsstück kommt als eines der Highlights am 23. 11. in der Auktion "Klassische Moderne" unter den Hammer. 22. 25. 11., www.dorotheum.com

Artcurial Fall Selection. Zu den Spezialgebieten des Pariser Auktionshauses Art Curial gehören nicht nur traditionelle französische Strömungen wie die impressionistische Malerei oder Design des Art d co, sondern auch Sparten wie Alte Meister, Fotografie oder Comic-Strips. Ein Best-of davon darunter Manolo Valdes "Reiterin" tourt im Herbst durch die verschiedenen Repräsentanzen und macht Anfang November auch am Wiener Rudolfs-platz Station. 3. 4. 11.,
www.artcurial.com

Im Kinsky - 114. Kunstauktion. Umberto Boccionis 100. Todestag hat das Interesse am Futurismus weltweit wiederaufflammen lassen. Die "Studie für eine Skulptur" von 1912 (Bild; 25.000 50.000 Euro) ist ein erlesenes Beispiel für sein Vorgehen, Zeit und Raum facettenhaft aufzulösen. Weitere Zimelien der Moderne-Auktion sind Werke von Schiele, Egger-Lienz, Wacker, Heckel und Mueller. Die Zeitgenossen-Auktion punktet mit Lassnig, West, Weiler, Merz, Kounellis. 29. 30. 11., www.imkinsky.com

Hassfurther - 64. Auktion. Ein Gustostückerl der kommenden Versteigerung bei Wolfdietrich Hassfurther, dem Spezialisten für die heimische Moderne, ist Alfons Waldes Kartonmalerei "Aufstieg" von 1934 (200.000 300.000 ). Die Melancholie der Moderne klingt an in Arnold Clementschitschs Ölgemälde "Polospieler in Brioni (M. Campel)" (30.000 50.000 Euro). Im Anhang kommen Autografen und Manuskripte von Rudolf von Alt bis Franz Zülow zur Versteigerung. 28. 11., www.hassfurther.at

The Armory Show in New York. Sie ist die führende US-Messe für moderne und zeitgenössische Kunst und zugleich eine der teuersten. Benannt nach der legendären "Armory Show", die 1913 die Moderne nach Amerika gebracht hat, versammelt sie die einflussreichsten internationalen Galerien am Hudson River. Mit ihren strengen Auslesekriterien ist sie auch für die österreichischen Teilnehmergalerien eine bedeutende  Plattform. 2. 5. 3. 2017, www.thearmoryshow.com

Art & Antique in der Hofburg. Sie ist die Mutter aller österreichischen Kunstmessen und eine Leistungsschau des heimischen Kunst- und Antiquitätenhandels. Bereits zum 48. Mal findet die Art & Antique Hofburg in diesem November in den Prunkräumen am Heldenplatz statt. 48 Kunst- und Antiquitätenhändler sowie Galeristen von Art Blue bis Zöchling präsentieren Antiquitäten, Kunst (Bild: Carl Moll), Design von der klassischen Antike bis zur Gegenwart. 5. 13. 11., www.artantique-hofburg.at

Tefaf in Maastricht. Sie ist die exklusivste und begehrteste Kunst- und Antiquitätenmesse der Welt. Mit Kostbarkeiten von der Antike bis zur Gegenwart ist The European Fine Art Fair seit 1987 jeden Spätwinter ein Fixtermin für Händler, Sammler und Experten aus aller Welt. Im 30. Jahr expandiert sie nun mit gleich zwei Spezialmessen in New York im Oktober und Mai. Das Flaggschiff Maastricht hat zum Jubiläum die Parole "Art of 7000 years" ausgegeben. 10. 19. 3. 2017, www.tefaf.com

Art Austria im Palais Liechtenstein. Zum 10-Jahr-Jubiläum zieht die Art Austria um. Nach sieben Jahren im Leopold-Museum und davor zwei Jahren in einem Flügel des Museumsquartiers findet die Art Austria 2017 nun im Barockambiente des Palais Liechtenstein statt. Rund 45 Aussteller werden forciert Einzel- und Themenausstellungen österreichischer Malerei und Skulptur aller Epochen zeigen. 24. 26. 3. 2017, www.art-austria.info

Art Innsbruck - 21. Ausgabe. Mit ihrem Angebot an Kunst vom 19. bis 21. Jahrhundert und Antiquitäten ist die Art Innsbruck die am breitesten aufgestellte Kunstmesse im Westen. Durch die Erweiterung um die neue Art Innsbruck Complementary im Mai 2017 dockt die Messe nun zum vorgezogenen Adventtermin erstmals ans Weihnachtsgeschäft an mit einer breiten Palette von antikem Spielzeug und Kostbarkeiten bis hin zu Kunst in allen Preisklassen. 1. 4. 12., www.art-innsbruck.com

("Kultur Magazin", 21.10.2016)

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