Berufsromantiker: Designer Marcel Wanders

(c) Baccarat
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Der holländische Designer Marcel Wanders hält nichts von Dogmen. Dafür umso mehr von Poesie und guten Drinks.

Er sei „ein freundlicher Mann“, sagt Marcel Wanders mit einer gewissen Vehemenz. Die rührt wohl daher, dass der Designer, der seit den 90er-Jahren erfolgreich umtriebig ist, immer wieder gern als „Enfant terrible“ bezeichnet wird, was er sich selbst nicht so recht erklären kann. Trotzdem oder gerade deswegen hat die französische Kristallmanufaktur Baccarat den Holländer mit dem losen Mundwerk nun zur Zusammenarbeit gebeten und ihn dabei angeregt, eine Geschichte zu erzählen. Dabei geht es um Mystik, Wälder aus Kristall und jede Menge Fantasie.

Sie haben sich in Ihrer Kristallkollektion für Baccarat auch als Geschichtenerzähler versucht. Wie kam das?
Im Zuge der Produktkonzeption waren wir zu Gast bei Baccarat, den ganzen Tag haben wir an den Gläsern, den Karaffen und den ganzen Objekten gearbeitet, danach hatten wir ein bisschen zu viel „Eau de Vie“ – ein fantastischer Drink übrigens. Als ich aufgewacht bin, den Kopf zwischen all diesen wunderschönen Kristallobjekten, fand ich mich in einem Moment zwischen Traum und Realität wieder. Die Karaffen waren wie Bäume, ich sah einen wunderbaren Wald aus Kristall, und plötzlich war die Geschichte da. Die bringt die einzelnen Teile nun auf poetische Art zusammen.



Was ist das Besondere an Kristall?

Die Art, wie Kristall das Licht fängt. Das Material ist eigentlich transparent, man kann es nicht sehen, es wirkt nur das reflektierte Licht. Und das ist ein interessanter Gedanke: Das Produkt ist unsichtbar, alles, was man sehen kann, ist die Reflektion der Realität.

Ihre Arbeiten zitieren immer eine gewisse barocke Opulenz. Woher kommt das?
Ich würde meine Arbeit nicht unbedingt barock nennen. Ich versuche, nicht nur das Minimum zu geben. Das heißt auch, auf jedes Detail zu schauen, sich wirklich etwas zu überlegen. Und ich bin eine romantische Person. Ich glaube, die Menschheit ist überhaupt eine sehr romantische Spezies, und ich will unsere Welt emotional und irgendwie besonders gestalten. Ich will, dass meine Produkte geliebt werden und nicht einfach nur gut genug sind, um verwendet zu werden. Meine Produkte durchleben eine Art Metamorphose vergangener Zeiten. Die Designwelt ist dominiert von Dingen, die neu aussehen. Dabei altert nichts schneller als das Neue. Ich mag Dinge, die, auch wenn sie neu sind, nicht neu aussehen, die schon so aussehen, als hätten sie eine Geschichte, als hätten sie
Eltern.

Also halten Sie es mit dem Respekt vor der Vergangenheit?

Genau. Und nicht nur vor der Zukunft. Ich glaube, es ist wichtig, eine Umgebung zu gestalten, in der die Menschen das Gefühl haben, sie müssten sich nicht so schnell bewegen. Die fröhlich zurück und gleichzeitig nach vorn schauen können. Ich möchte Dinge machen, die ebenso den Traum meiner Mutter wie den meiner Tochter beinhalten. So bin ich eben.

Sie werden oft als Enfant terrible bezeichnet. Woher kommt das?

Das weiß ich auch nicht so recht. Eigentlich halte ich mich für einen sehr freundlichen Mann. Und anderen gegenüber bin ich nicht besonders kritisch. Vielleicht liegt es daran, dass ich das Design an sich designen will. Ich denke über meinen Berufsstand nach und rede auch darüber. Das ist meine Mentalität. Ich sage, dass Funk-
tion überbewertet, Form völlig unwichtig und die Idee vom zeitgenössischen Design uninteressant ist. Ich halte also die drei wichtigsten Designdogmen für kompletten Bullshit.

Wenn Sie von Dogmen sprechen – können Sie Ihre eigenen definieren?
Ich habe keine Dogmen. Denn ein Dogma ist eine Wahrheit, die man nicht infrage stellt. Ich möchte die Dinge aber infrage stellen und offen sein für Veränderung.

Die Kollektion von Wanders für Baccarat gibt es bei  Conceptstore Stamm am Petersplatz 8,1010 Wien

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