Die Ich-Pleite: Aufmerksamkeitsdefizit

Manchmal könnte man ja glauben, all die Dinge, die einem angeblich helfen wollen, wollen eigentlich gar nicht helfen, sondern nur ihr Aufmerksamkeitsdefizit loswerden.

Manchmal könnte man ja glauben, all die Dinge, die einem angeblich helfen wollen, wollen eigentlich gar nicht helfen, sondern nur ihr Aufmerksamkeitsdefizit loswerden. Die Apps auf meinem Smartphone etwa, die ich unvorsichtigerweise einmal heruntergeladen habe, verlangen ununterbrochen, dass ich sie update und dabei wieder eine Stunde mit ID-Nummer suchen, Nicht-Finden und Neu-Einrichten verbringe. Ein Stunde, in der ich auch einen poetischen Gedanken fassen hätte können oder ein gutes Werk vollbringen. Aber ein Smartphone braucht man eigentlich gar nicht, um Zeit nutzlos zu verbringen. Es reicht auch, wenn man ein Fahrzeug etwas jüngeren Baujahres besitzt. So ein neues Auto hilft einem zum Beispiel, indem es piepst, wenn man unangeschnallt wegfährt. Oder wegfährt, ohne dass der Beifahrer angeschnallt ist. Das ist total gut, wenn die Beifahrerin die Großtante Mitzi ist, die man sogar daran erinnern muss, dass das zweite Bein auch mit dem Auto mitfahren muss. Aber wenn die Beifahrerin eine Einkaufs­tasche ist, die vom Auto angeschnauzt wird, dass sie sich anschnallen soll, ärgert man sich doch über die Hilfe. Selbst wenn man nur ein paar Spaghetti kochen will, kann einem die Hilfsbereitschaft der Dinge in die Quere kommen.

Die ideale Kochzeit steht nämlich auf der Nudelpackung. Aber sie steht nicht vorn, sie steht nicht hinten, sie steht nicht auf der Seite, und unten und oben steht sie auch nicht. Und wenn man dann Stunden später die weiße Schrift auf gelbem Hintergrund endlich entdeckt hat, wäre einem schon längst lieber gewesen, der zuständige Packungsdesigner hätte beizeiten auf App-Designer umgestellt. Oder meinetwegen auf Automechaniker.

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