Die Ich-Pleite: Intelligente Männer

In meinem Dorf galt der eloquente Hugo Portisch als Inbegriff der Intellektualität.

Als Teenager schwärmte ich für intelligente Männer. Sportlich waren sowieso alle in unserem Bergdorf. Konnte aber einer Latein, hatte er gute Chancen, von mir angehimmelt zu werden. Hätte mir einer erklärt, dass Diogenes nicht nur ein Taschenbuch war, wäre ich sofort zu ihm in die Tonne gehüpft. Der 17-jährige Kwasi Enin hätte Chancen bei mir gehabt! So heißt der erste Schüler, der an sämtlichen Ivy-League-Universitäten der USA aufgenommen wurde. In meinem Dorf galt der eloquente Hugo Portisch als Inbegriff der Intellektualität. Tendierte ein Landjugendlicher zum intellektuellen Größenwahn (Matura), nannte man ihn einen kleinen Hugo Portisch. Auf Tirolerisch: „Der isch a ckloana Porrrtisch!“ Als Mädchen konnte man natürlich nie ein kleiner Portisch sein und qualifizierte sich mit Kwasi-Enin-haften Leistungen für den A-Zug der Hauptschule. Der kleine Hugo Portisch aus Long Island hat es aber auch nicht so leicht. Er muss sich jetzt entscheiden: Soll er besser nach Princeton oder nach Yale? Oder doch Harvard? Im Vergleich zu seinen vielen Möglichkeiten war mein Entscheidungsstress überschaubar. Soll ich nach glänzendem Hauptschulabschluss meiner Mutter nachgeben und in der Knödelakademie meinem hausfraulichen Untergang entgegenschmoren, oder soll ich mit allen Mitteln (Hungerstreik, Herumspinnen) das Elitecollege Namens BORG erzwingen? Natürlich erzwang ich das Menschenrecht, mir als BORG-Schulschwänzerin mithilfe von Espresso & Marlboro, Nitsch & Nietzsche meinen Magen noch vor der Matura zu ruinieren. Kwasi Enin traf ich im BORG keinen, sondern nur so Flaschen, die aus anderen Gymis rausgeflogen waren. Selbst für einen kleinen Hugo Portisch musste ich bis zur Uni warten.

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