Die Ich-Pleite: Sonnenanblick

Das wird ein schöner Sommer. Jedenfalls, wenn es nach den Grafikern der ORF-Wetterprognose geht.

Weniger, wenn es nach deren Textern geht. Wenn man montags hineinschaut, lachen einem sechs runde, strahlende Sonnensymbole auf blauem Hintergrund entgegen, und augenblicklich hebt sich die Stimmung. Womöglich wird man euphorisch und beschließt spontan, zu kündigen und sich in Brüssel zu bewerben. Oder doch wenigstens bei der Konkurrenz. Oder man fasst sich ein Herz und traut sich diesen Kollegen endlich anzusprechen, der einen immer so hübsch anlächelt. Ich bin keine Neurowissenschaftlerin, aber der Sonnenanblick muss das Optimismusareal beeinflussen. Allerdings nur so lange, bis man auf „Prognosen und Details“ geklickt hat. Denn dann erfährt man, dass am nächsten Tag mit 40-prozentiger Wahrscheinlichkeit Regenschauer über die Stadt ziehen werden und dass es sich am übernächsten Tag eintrübt und der Rest der Woche aus heutiger Sicht sowieso unbeständig wird. Offenbar waren die ORF-Grafiker nur zu faul, die Tropfen-, Wolken- und Blitzsymbole zu den Sonnen dazuzuzeichnen. Oder es handelt sich um Grabenkämpfe zwischen der Grafik- und der Textabteilung. Die Grafiker sagen: Kein Mensch liest heute noch. Was wetten wir, dass sich niemand beschwert, wenn wir wochenlang etwas anderes abbilden, als ihr beschreibt! Und tatsächlich, die Grafiker haben die Wette gewonnen. Aber was sie dabei anrichten, wenn sie einem solcherart das Gehirn dopen, das überlegen sie wieder nicht! Jetzt will der Kollege mit mir ausgehen. Aber ich hab inzwischen auf „Details und Prognosen“ getippt und jetzt ist mit 40-prozentiger Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, dass ich kalte Füße bekomme.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.