Die Ich-Pleite: Mein Nachbar

Mein Nachbar, dem eine Paketdiensterfahrung vor ein paar Monaten den Verstand geraubt hat, verlässt neuerdings wieder seine Wohnung.

Aber er ist noch verrückter geworden. Das merkt man, wenn man unvorsichtigerweise neben ihm sein Postkastl aufsperrt. Fiebrig glänzende Augen, rote Wangen, vergrößerte Pupillen, stoßweises Atmen, schnelles Sprechen. Er sieht genauso aus wie die Cousine meiner Oma immer ausgesehen hat, wenn sie uns zum 97-zigsten Mal erzählt hat, wie die Jungfrau Maria höchst persönlich ihren chronischen Hautausschlag geheilt hat. Nur dass mein Nachbar nicht von einem körperlichem Gebrechen erlöst wurde, sondern von einem technischen: „Ich habe dort hingeschrieben, und die haben SOFORT geantwortet!“, ruft er fassungslos. EINE E-Mail habe er ge­­schrie­ben, und eine HALBE Stunde später sei bereits eine Antwort ge­­kom­men! Sie sei FEHLERLOS gewesen und mit RICHTIGEN!! Service-Tipps für eine Selbstdiagnose. Es war nämlich so, dass im nachbarlichen Klo vor drei Jahren eine neue Lüftung eingebaut wurde, die sich plötzlich nicht mehr ausschalten ließ. „Die Lüftungsfirma aus Kärnten hat auf Knopfdruck die Gerätetype ge­habt!“, schreit der Nachbar hysterisch. Und VON SELBST Gewährleistung angeboten! Und dann – die Stimme des Nachbarn hüpft eine Ok­tave höher – habe die Firma mehrmals ZURÜCKGERUFEN, einen Servicetermin innerhalb von DREI TAGEN ge­nannt und sich sogar ENTSCHULDIGT, dass sie die Uhrzeit nur auf drei Stunden genau festlegen könnte. „NUR“, hätte die Frau am Telefon gesagt!! Das sei kaum zu glauben, kiekst der Nachbar jetzt heiser. Ja, denke ich mitleidig, weniger zu glauben als die Oma-Cousine-Wunderheilungs-Geschichte.

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