Die Ich-Pleite: Das Gute an einem guten Hotel

Das Gute an einem guten Hotel ist: Es hebt das Selbstbewusstsein.

Ich stehe mitten in meinem großen, schönen Zimmer und schaue mich zufrieden um. Wer hier wohnen kann, sagt bei einer Honorarverhandlung viel leichter: „Wenn Sie Qualität haben wollen, müssen Sie auch Qualität zahlen!“ So einen großen Spiegel habe ich bei mir zuhause nicht! Und auch keinen so gut beleuchteten. Da sieht man auch viel mehr. Zum Beispiel ein paar Fettpölsterchen, die einem noch nie aufgefallen sind. Aber gut, man kann ja morgen den weiten Pullover anziehen. Und dann das Badezimmer! Marmorfliesen, mehrere Duschköpfe, Tiegel und Cremen! Und so hell! Da wäre ja so mancher Chirurg noch neidisch. Im meinem eigenen Badezimmerspiegel sehe ich zwar um zehn Jahre jünger aus, aber dafür kann man sich hier viel besser schminken. Vor dem Schlafengehen lese ich mir lieber noch einmal meine Unterlagen durch. Die Lampe ist ein Design-Highlight! Allerdings nicht fürs Lesen gemacht. Vermutlich liegen sonst hier nur Menschen mit einem fantastischen Sexleben. Aber wenn man sich etwas anstrengt, kann man schon etwas erkennen.

Nach einer kurzen Nacht zeigt der erste Blick in den Badezimmerspiegel, dass man inzwischen noch einmal um zehn Jahre gealtert ist. Zum Glück gibt es Make up. Später im Lift begegnet mir eine ältere aufgetakelte Amerikanerin im Schlabberlook. Ach nein, das bin ich ja selbst! So mies habe ich mich zuletzt bei der Lateinmatura gefühlt. Nachdem ich durchgefallen bin. Das Gespräch mit dem Auftraggeber verläuft gut. Aber zum Schluss sagt er: „So viel Geld wollte ich eigentlich nicht ausgeben.“ Darauf ich: „Okay, streichen wir eine Null!“ Wenigstens die Hotelrechnung kann ich damit begleichen.

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