Die Ich-Pleite: Briefträger

Der Sozialminister hat laut über eine Ausbildungsverpflichtung für Jugendliche nachgedacht.

Bis man 18 ist, muss man irgendetwas Zukunftsträchtiges vorhaben, und sei es die Pflichtschule abschließen. Das ist sicher gut gemeint, aber ich halte es nicht für unbedingt notwendig. Es gibt ja Berufe, da sind die Anforderungen sehr moderat. Zum Beispiel bei der Post. Da ist man weniger leistungsorientiert und mehr fehlertolerant. Nehmen wir nur den Briefträger. Alles, was er können muss, ist: ein Wagerl schieben und lesen. Zweiteres ist aber nicht zwingend. Falsch zugestellte Postsendungen kommen auch so meistens an ihre Empfänger. Bei uns im Haus liefern die Leute die Briefe gern selbst aus. So lernt man seine Nachbarn kennen. Revolutionäre Neuerungen braucht man als Briefträger normalerweise auch nicht zu befürchten. Okay, vielleicht schließt einmal ein Postamt und ein neues wird eröffnet. Oder ein Rayon bekommt ein neues Stammpostamt. Das klingt nicht sehr dramatisch, aber es hat seine Tücken. Gesetzt den Fall, dass ein Paket nicht zustellbar ist, muss sich der Briefträger unter Umständen mehrere Stunden lang merken, wo das neue Postamt ist, damit er das Paket nicht beim falschen abgibt. Da muss man dem Briefträger natürlich eine gewisse Umgewöhnungsphase zugestehen. Sagen wir: ein halbes Jahr. Ich vermute, dass sich Postkunden in unserem Rayon da­­rüber aufgeregt haben, dass sie nach einem Jahr immer noch regelmäßig von ihrem neuen Postamt in ihr altes geschickt werden und von da wieder zurück, weil man ihr Paket nicht auffinden kann. Deshalb versucht die Post auch ihren Mitarbeitern die Arbeit mit vorgedruckten Abholscheinen zu erleichtern. Jetzt müssten sie nur noch lesen können, was draufsteht.

Schaufenster.DiePresse.com/DieIchPleite

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