Die Ich-Pleite: Falscher Button

Kein Mensch, der bei Trost ist, tritt einem Social Network bei.

In der analogen Welt wäre das so gewesen, als hätte man sämtlichen Staubsaugervertretern seine Adresse geschickt. Oder wenn man schon beitritt, dann sicher nicht mit seinen ganzen Daten. Man gibt ja auch einem Verehrer nicht gleich seine Telefonnummer. Man lässt sich höchstens auf einen Kaffee einladen. Man kann ruhig, z. B. bei LinkedIn, sein Berufsprofil erstellen. Name, Tätigkeit und ein gewinnendes Foto. Man weiß ja nie. Vielleicht schaut ja einmal ein internationaler Konzernchef rein, der auch noch sympathisch ist. Beides unwahrscheinlich, ich weiß. Noch ein Klick und schon – uii, das war der falsche Button! Ich habe soeben 386 Menschen aus meiner Adressdatei ein „Bitte treten Sie meinem Netzwerk bei“-E-Mail geschickt. Nein, das wollte ich nicht! Jetzt wissen alle, sogar Menschen, die sich nicht mehr an mich erinnern können, dass ich auf LinkedIn bin! Stopp! Keine Chance! Der Vorgang lässt sich ebenso wenig stoppen wie meine Großtante Notburga damals, wenn sie von ihren Gallensteinen angefangen hat. Da kommen schon die ersten empörten Antworten: Was mir einfällt, ihre E-Mail-Adressen der internationalen Werbewirtschaft zum Fraß vorzuwerfen! Tut mir totaaaaal leid! Ein Irrtum! Ich mach es wieder rückgängig. Nur, wie stellt man das ab? Unverdrossen schickt das Netzwerk weiter seine Anfragen. Einmal, zweimal, dreimal, viermal an dieselben Adressen. Inzwischen erhalte ich kaum noch E-Mails, Menschen löschen mich aus ihren Dateien, im Coworking Space schaut man mich komisch an. „Hätten wir uns nicht gedacht, dass die so doof ist“, lese ich in ihren Augen. Ich muss meinen Account löschen, Identität wechseln, untertauchen!

Schaufenster.DiePresse.com/DieIchPleite

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