Die Ich-Pleite: Der Sonntag

Ich verstehe ja, dass der Mensch einen Sonntag braucht. Man kann ja nicht immer arbeiten.

Man muss auch einmal freihaben. Und okay, es ist praktischer, wenn die freien Tage für alle zur selben Zeit sind. Zum Beispiel, wenn man eine Familie hat. Da ist es das beste Druckmittel, um die Kids von ihren elektronischen Spielzeugen wegzubringen, wenn man ihnen attraktive Alternativen anbietet. Zum Beispiel mit den Eltern einen ganzen Tag ununterbrochen zusammen sein. Oder mit ihnen die Omi besuchen. Oder ein Museum. Sicher, kann sich da bei manchen die Begeisterung in Grenzen halten. Bei manchen
vielleicht sogar so sehr, dass sie noch Jahrzehnte später ein Sonntagstrauma haben. Das sind dann die Menschen, die am Sonntag unbedingt dasselbe tun wollen wie am Dienstag oder am Mittwoch. Nur, damit sie nicht merken, dass Sonntag ist. Damit stoßen sie zwar an gewisse Grenzen. Zum Beispiel können sie nicht einkaufen gehen. Weil die Handelsangestelltenkinder auch ein Recht auf die Entwicklung eines Sonntagstraumas haben, das sie später ihren Therapeutinnen erzählen können. Für sie ist das Internet erfunden worden. Schwieriger ist es, wenn diese Menschen gern Radio hören. Weil auch die Journalistenkinder ein Recht auf künftige Langeweiler-Sonntag-Kindheitserinnerungen haben. Dadurch haben ihre Eltern keine Zeit für normal-interessantes Weltgeschehenprogramm, sondern nur für Sonntagsblues förderndes Erbauungsprogramm. Aber gut, man kann ja ausschalten. Das Einzige, was wirklich nervt, sind die Sonntagszeitungstaschen. Weil sie immer genau an dem Verkehrszeichen hängen, das man sich als Stammfahrradparkplatz ausgesucht hat! So erklärt sich vielleicht, dass sich manche Leute die Zeitung dann gratis herausnehmen!

Schaufenster.DiePresse.com/DieIchPleite

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