Die bunten Seiten der Nachrichtenwelt

Bunt und zeitlos. Das „Schaufenster“ und seine vielen gedruckten Verwandten.
Bunt und zeitlos. Das „Schaufenster“ und seine vielen gedruckten Verwandten.(c) Christine Pichler
  • Drucken

In Österreich war das „Schaufenster“ das erste: Supplements von Zeitungen bieten Überraschungen bei Bild und Text.

Es ist erstaunlich. Das Geburtsland der Supplements von Tageszeitungen ist zwar die USA, doch ausgerechnet dort entschlossen sich manche Redaktionen außergewöhnlich spät, ihrem täglichen Printprodukt wöchentlich oder monatlich ein redaktionell eigenständig gestaltetes Magazin beizulegen. Die „New York Times“ zum Beispiel hat in ihrer bald 166-jährigen Geschichte vermutlich schon das ein oder andere Supplement herausgegeben, die heute Bekannten sind aber relativ jung. Erst seit 2004 liegt der Sonntagsausgabe der Zeitung sowohl das „T Magazine“ (Schwerpunkt: Mode) als auch das „Sunday Magazine“ mit langen, auch politischen Essays oder Interviews bei. Die Konkurrenz, das „Wall Street Journal“, hat gar erst seit 2009 mit dem „WSJ“ eine Beilage, die nicht nur inhaltlich, sondern auch grafisch an die Freitagsbeigabe der „Financial Times“ erinnert, das „How to Spend It“. Die Ähnlichkeit ist natürlich reine Absicht. Grafikdesigner Tomaso Capuano hatte 1995 das Design für das Magazin der „FT“ entworfen, heuerte später bei Rupert Murdoch an; und als dieser 2007 das „Wall Street Journal“ übernahm, war eine der ersten Neuerungen, die er durchsetzte, das Freitagsmagazin, das sich Themen widmen sollte, die in der täglichen Zeitung keinen Platz fanden – von Mode, Schmuck und Autos über Reisen bis zu Kultur.

Geschichte. Zeitungs-Supplements sind mittlerweile über hundert Jahre alt. Sie entstanden zur Hochblüte der Schwarz-Weiß-Fotografie, drei Jahrzehnte bevor die Farbfotografie aufkam. Der amerikanische Verleger Randolph Hearst war angeblich der Erste, der seinen Boulevardzeitungen solche Beilagen mit vielen Bildern und meist in kleinerem Format beilegte. Erst spät, in den 1950er-Jahren, kam dieser neue Verlegertrend in Europa an, zuerst in Großbritannien und Anfang der Sechzigerjahre schließlich auch im deutschsprachigen Raum. Die Wochenzeitung „Die Zeit“ war Vorreiter mit dem 1970 gegründeten „Zeit Magazin“. Und das hatte zuvorderst einen ganz praktischen Grund: Magazine wie der „Spiegel“ begannen, Farbanzeigen abzudrucken, auf Zeitungspapier war das damals technisch noch nicht möglich. Also ließen sich die Zeitungen etwas einfallen. Literaturkritiker Hellmuth Karasek schrieb damals für das Feuilleton der „Zeit“ – und seine Haltung zum neuen, bunteren Ableger des Hauptblatts war zunächst mehr als kritisch. Als er gefragt wurde, ob er dafür schreiben wolle, lehnte er ab, der Wechsel wäre ihm wie ein „Abstieg in die bunten Zonen“ erschienen. Doch er änderte rasch, wie viele andere, seine Meinung, beriet das Magazin nicht nur, er lobte es noch wenige Jahre vor seinem Tod im Jahr 2015 über alle Maßen. Obwohl er der „Presse“ sagte: Das 20 Jahre jüngere „Süddeutsche Magazin“ habe „einen größeren Überschreitungsrahmen. Die verblüffen manchmal mehr.“ Denn Supplements sind längst nicht mehr nur – dank Anzeigen – finanziell gut gepolsterte Produktionsstätten für Modestrecken und Reisetipps. Sie nutzen ihre Seiten, um mit Bildern und Texten zu spielen, und werden regelmäßig ausgezeichnet. Für beides nämlich, ihre Schönheit und die Artikel. Zahlen bestätigen zudem, dass Zeitungen an den Tagen mit Beilage weitaus mehr Leser und damit Auflage haben als an den anderen Tagen der Woche.

Vorreiter „Schaufenster“. Das erste Supplement einer österreichischen Tageszeitung war übrigens tatsächlich das „Schaufenster“ der „Presse“. Zuerst waren es drei großformatige Seiten, die der Zeitung einmal pro Woche beigelegt wurden und die ausschließlich Kulturthemen gewidmet waren. 1977 erschien das „Schaufenster“ erstmals als eigenständiges Magazin, das sich zunächst weiterhin als reine Kulturbeilage vestand. Erst 1994 wurde die Themenpalette breiter, es fanden auch Freizeitthemen, vor allem die Gastronomie, Eingang. Da hatte längst auch die Konkurrenz erkannt, welche Möglichkeiten ein solches Magazin bietet. Der „Kurier“ brachte seine Samstags-„Freizeit“ 1989 auf den Markt, der „Standard“ führte seine Freitagsbeilage, das „Rondo“, 1999 ein. Eine Zeitlang wurden die Supplements in manchen Redaktionen eingespart, doch in den vergangenen Jahren sind es eher mehr denn weniger geworden. Weil diese feinen Beilagen eine Zeitung thematisch ergänzen können und sie so komplett machen.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.