Franco Zeffirelli: Eine Heimat für ein Lebenswerk

Sakral. Der Sala de la Musica erinnert an eine Kirche, hier finden Veranstaltungen statt.
Sakral. Der Sala de la Musica erinnert an eine Kirche, hier finden Veranstaltungen statt.(c) Fondazione Franco Zeffirelli Florenz
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In Florenz haben Memorabilien von Franco Zeffirelli, dem vielseitigen Meister-Regisseur, ein eindrucksvolles neues Zuhause bekommen.

Opulenz und Leidenschaft italienischer Prägung, wenn auch nicht unbedingt jene der öfteren kitschgefährdeten Italianitá, verbindet man mit Franco Zeffirelli. Er gilt als „Maestro del Rinascimento“ unserer Zeit. Der international renommierte Theater-, Opern- und Filmregisseur, dessen ästhetischer Kanon mit Meisterwerken Brunelleschis, Michelangelos oder Bellinis in seiner Geburtsstadt Florenz verbunden ist, hat jetzt in einem der wenigen barocken Paläste der Stadt ein neues Zuhause für sein Lebenswerk gefunden.

Centro Internazionale per le Arti dello Spettacolo Franco Zeffirelli, Internationales Zentrum für die Darstellende Kunst, heißt die neue Einrichtung im ehemaligen Gerichtshof der Stadt, gleich hinter dem Palazzo Vecchio gelegen. Errichtet wurde das Gebäude Ende des 17., Anfang des 18. Jahrhunderts, und es war einst Teil eines religiösen Baukomplexes, von dem die angrenzende Kirche San Filippo Neri noch Zeugnis ablegt. Ab September soll das Zentrum für die Besucher geöffnet sein und bald auch Kurse und Seminare zu Regie, Bühnengestaltung und Rezitation anbieten sowie Konzerte und Theatervorstellungen.

Märchenwelt. Neben einer Bibliothek mit über 10.000 Kunst-, Geschichte- und Literaturbüchern befindet sich im ersten Stock die Sammlung, die Zeffirellis 70-jähriges kreatives Schaffen dokumentiert. Es ist, als würde man in eine Märchenwelt eintauchen, die gleichzeitig auch eine Brücke über die Zeiten hinweg schlägt. Eine grandiose Inszenierung zusammengesetzt aus unzähligen Oper-, Theater- und Filmaufführungen ist hier zu erleben, eine Art Kaleidoskop. Da trifft man auf den jungen Zeffirelli mit seinem Lehrer und zeitweiligen Partner Luchino Visconti (es verband sie eine stürmische Liebesbeziehung) genauso wie auf Fotos mit Maria Callas in schwarzer Abendrobe auf der Bühne – Visconti und die „Divina“ waren Zeffirellis prägendste Weggefährten.

Andrea Bocelli bei einem Konzert.
Andrea Bocelli bei einem Konzert.(c) Fondazione Franco Zeffrelli Florenz

Ende der Vierziger Jahre engagierte der damals schon international bejubelte Luchino Visconti Zeffirelli, nach einer ersten kleinen Schauspielrolle, als Bühnenbildner für Tennessee Williams „Endstation Sehnsucht“ (mit Marcello Mastroianni und Vittorio Gassman, zwei Idolen der italienischen Film- und Theaterproduktion der Nachkriegszeit). Das brachte Zeffirelli den Durchbruch. Kurz war er Bühnenbildner an der Scala in Mailand. Mit der Callas verband Zeffirelli eine innige Freundschaft, sechs Opern in zehn Jahren inszenierte er mit ihr. Und 25 Jahre nach ihrem Tod, 1977, widmete er ihr den Film „Callas forever“, mit Fanny Ardant und Jeremy Irons.

Es ist eine verschollene Welt, die einem da entgegenkommt. Nicht nur weil viele der Protagonisten, mit denen Zeffirelli gearbeitet hat, sich zurückgezogen haben oder nicht mehr leben, wie etwa Liz Taylor und Richard Burton, unvergesslich ihre Darstellung in „Der Widerspenstigen Zähmung” – Zeffirellis Film aus dem Jahr 1967 (die erste seiner vielen Hommagen an Shakespeare). Ein besonderes Kunst- und Kreativitätsverständnis wird hier wieder zum Leben erweckt, das größtenteils bereits verschüttet war.

Auch weil Zeffirelli einer der letzten seiner Art war: Schon als Kind entwickelte er ein feines Gehör für die Musik, das Theater ermöglichte ihm, den Grundstein seiner Karriere zu legen, doch die große Liebe, die war stets die Oper: „Denn in ihr reichen sich die Musen aller Künste die Hände“ – so wird der Maestro in einer Bildunterschrift zitiert. In der Diktion der Gegenwart würde man Zeffirelli wahrscheinlich als „Allroundtalent“ bezeichnen, wenn man heute auf seine Zeichnungen und Gemälde, die sich in der Sammlung wiederfinden, blickt. Ein beeindruckendes Jesusportrait mit Dornenkrone ist darunter, gemalt als Studie für seinen „Jesus von Nazareth“ (1977). Auch die Skizzen für die Inszenierung von Antonin Tschechows „Drei Schwestern“ sind zu sehen. In einem anderen Saal auch die prunkvoll bestickten Kostüme für Mozarts „Don Giovanni“, gleich daneben das Bühnenbild-Modell jener Oper.

Kostüme für „Carlos“ an der Scala 1993.
Kostüme für „Carlos“ an der Scala 1993.(c) Fondazione Franco Zeffrelli Florenz

Bildender Künstler. Die Metropolitan Opera in New York, Covent Garden, die Royal Opera in London, die Wiener Staatsoper – alle wollten sie ihn gewinnen. In den Sälen lässt man „La Traviata“, „Tosca“, „Lucia di Lammermoor“, „Don Giovanni“, „Carmen“ in Skizzenform Revue passieren. Allein in Wien wurde Zeffirellis „Bohème“-Inszenierung, zwischen 1964 und 2014 insgesamt 410 Mal aufgeführt. „La Traviata“ und andere Opern hat der Regisseur später selbst verfilmt. Die dafür angefertigten Tuschezeichnungen und Aquarelle ermöglichen dem Besucher einen faszinierenden Einblick in den Schaffensprozess. Und dann sind da noch die Kostüme, in denen einst prominente Namen wie Joan Sutherland, Gianni Raimondi, Eugenia Ratti oder Luciano Pavarotti zu sehen waren.

Bejubelt wurde Zeffirelli jedoch nicht nur im Theater und in der Welt der Oper. Auch Hollywood lag ihm zu Füßen, wie Fotos sowie Kinoplakate bestätigen. Seinen Vierteiler „Jesus von Nazareth“ besetzte er mit ausgesprochenen Größen der Schauspielwelt: Robert Powell, Anne Bancroft, Claudia Cardinale, Laurence Olivier, Peter Ustinov, Valentina Cortese, um nur die wichtigsten zu nennen. Und für seinen hinreißenden autobiografischen „Tee mit Mussolini“ (1999) holte er sich die Crème de la Crème der weiblichen Filmstars: Cher, Judy Dench, Joan Plowright. Unvergesslich bleiben auch seine Verfilmung von „Hamlet“ (1990) mit Mel Gibson, Glenn Close, Ian Holm sowie „Otello“ mit Placido Domingo.

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