Das hier spielt einmal wieder in aller Herrgottsfrüh (guten Morgen allerseits!), und wir versuchen, uns fertig zu machen.
Das hier spielt einmal wieder in aller Herrgottsfrüh (guten Morgen allerseits!), und wir versuchen, uns fertig zu machen. Also genauer gesagt, bemühe ich mich, dem Jüngsten die Zähne zu putzen (das ist – nur so nebenbei – fast die unlösbarste von vielen unlösbaren Aufgaben, die sich mir da jeden Morgen stellen). Ich würde Ihnen (vor allem auch mir) übrigens wirklich gern einmal eine Geschichte erzählen, die nicht in der Küche oder im Badezimmer spielt, sondern zum Beispiel irgendwo draußen, wo es auch Erwachsene gibt und Sex und Drogen und Austropop, allein: Dafür reicht nicht einmal meine Fantasie mehr aus. Der Jüngste steht gerade neben der Waage, also bitte ich ihn, sich kurz daraufzustellen (sein BMI entwickelt sich nämlich prächtig). Er fragt: „Hab ich Fieber, oder kann ich in den Kindergarten gehen?“ Ich erkläre ihm, dass man mit einer Waage nicht das Fieber misst, sondern das Gewicht. Er reagiert auf diese Information genau so, als hätte ich ihm eröffnet, dass man mit dieser Waage zum Mond fliegen kann. Er lebt in einer Welt, in der alles möglich ist. Und das Gegenteil. Wenn wir über die ausgestorbenen Dinosaurier reden, hört er sich alles aufmerksam an, um am Ende zu sagen: „Menschen sterben aber nie.“ Punkt.
Auch die sprachlichen Ausrutscher werden immer seltener. Ich mag ihm gar nicht sagen, dass es nicht „Laschlappen“ heißt, in einem halben Jahr wird er alle Wörter fehlerlos kennen, und ein paar Monate später müssen wir uns schon gegenseitig auf die Sprünge helfen, um uns an jene verdrehten Wörter zu erinnern, die wir in der Familie fast zwei Jahre lang benutzt haben. Bis dahin halten wir jede Minute fest und fliegen mit der Badezimmerwaage zum Mond. Unsterblich, wie wir sind.