Erwachsenwerden

Es ist so. Falls mein Ältester im kommenden Frühling die Matura schafft, ergäbe sich bei mir zu Hause folgende Ausbildungskonstellation:

Der Jüngste absolviert sein letztes Kindergartenjahr, während der Älteste sein erstes Uni-Semester in Angriff nimmt. Das hat für mich als Vater den Effekt, dass ich wohl nie mehr so genau das volle Entwicklungsspek­trum eines Kindes überblicken werde. Quasi vom Sprechenlernen bis zur ersten Seminararbeit (allfällige Erkenntnisse demnächst hier). Weniger pathetisch wirft die Konstellation vor allem praktische Fragen auf. Zum Beispiel: Wird demnächst ein Zimmer frei? Und wenn ja: Wer kriegt es? Während ich endgültig ein Alter erreicht habe, in dem ich möchte, dass sich nichts mehr ändert – ich wünsche mir also weder Aus- noch weitere Einzüge –, würde der Mittlere gern in das Zimmer seines älteren Bruders nachrücken und meldet immer wieder seine Anwärterschaft auf die möglicherweise frei werdende Bleibe an. Der Jüngste belauscht solche Gespräche mit großen Ohren und versteht nicht so recht, wovon da geredet wird. Deshalb versuche ich ihm möglichst schonend und blumig zu erklären, wie das so ist mit dem Erwachsenwerden, Selbstständigsein und der Tatsache, dass man irgendwann einmal (wenn auch noch irrsinnig weit weg und natürlich nur, wenn man selber will und falls nicht, natürlich nie und nimmer) nicht mehr in seinem Elternhaus wohnt. Der Jüngste hört sich das an und fragt, ob denn sein mittlerer Bruder auch einmal ausziehen wird. Nachdem ich das bejahe, hat er das Prinzip offenbar verstanden: „Und wenn dann Du ausgezogen bist, wohnen nur mehr ich und die Mama hier.“ Nur gut, dass ich es wenigstens rechtzeitig erfahren habe, so müsste sich doch noch irgendwo ein WG-Platz für mich finden lassen. 

Schaufenster.DiePresse.com/Randerscheinung

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