"Es ist alles gerade ein bisserl grande"

Momentan ist alles so ein bisserl mittel.

Der Jüngste hat Mittelohrentzündung. Der Mittlere hat sich den Mittelfinger gebrochen (gut, dass der Älteste im Fußballverein Mittelfeldspieler ist, passt hier nur bedingt dazu). Und zu guter Letzt wurde ich jüngst öffentlich als Mittvierziger bezeichnet, was, obwohl es beinahe stimmt, finde ich, schon das Potenzial hat, zumindest eine mittelstarke Lebensmittekrise auszulösen. Dabei könnte man mit mittel natürlich auch ganz anders umgehen. Wie zum Beispiel diese große US-amerikanische Kaffeehauskette es tut. Dort heißen überteuerte Heißgetränke mit wahnsinnig viel Kalorien der mittleren Größe „grande“ – und bitte, frage ich Sie, wie fühlt sich das gleich anders an, wenn man „Es ist alles gerade ein bisserl grande“ sagt? Aber das wissen wir eh schon seit „Pulp Fiction“, in dem den Gangster Samuel L. Jackson am meisten an seinem ersten Europa-Trip beeindruckt hat, dass in Paris der Bic Mac „Le Big Mac“ und der Quarterpounder „Royale“ heißt.

An und für sich wäre ja gegen mittel nicht viel zu sagen. Gerade wir in den mittleren Jahren wollen und sollten uns ja nicht mehr allzu sehr aufregen, das ist schlecht für die Nerven und das Herz. Deshalb ist mittel gerade richtig, den Kaffee nicht zu stark und nicht zu heiß, die zweite Tasse, wenn es denn schon unbedingt sein muss, natürlich koffeinfrei. Bewegung zwar regel-, aber ja nicht übermäßig, man weiß ja nie, wann die Extrasystole außer Kontrolle gerät. Und auch beim Schlaf aufpassen: Jedenfalls siebeneinhalb Stunden, aber auch nicht wesentlich mehr. Wer weiß, ob man wieder herauskommt aus den Federn. Und wenn ich Ihnen jetzt noch sage, dass „Pulp Fiction“ inzwischen 20 Jahre alt ist, finden Sie das sicher auch höchstens mittel. Oder sagen wir grande dazu?

Schaufenster.DiePresse.com/Randerscheinung

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