Randerscheinung: Nahrungspolitik

Was die guten Gefühle in der Kindheit angeht, ist die Nahrung ein kaum überschätzbarer Faktor.

Spricht man mit Kindern über das Tagesprogramm, einen Ausflug, einen Urlaub, steht das, was es zu essen gibt, immer ganz oben auf der Rückfrageliste. Umgekehrt kann man mit Essensanreizen das unattraktivste Programm zum Erfolg machen. Der Mittlere zum Beispiel schwärmt immer noch von einem Kroatien-Urlaub, weil es im dortigen Hotel rund um die Uhr unbegrenzte Mengen an alkoholfreien kohlensäurehaltigen Süßgetränken zur freien Entnahme gab. Ob dort auch ein Meer war, könnte er wohl nicht mehr so ohne Weiteres beantworten. Außerdem werden viele Bezugspersonen (Großeltern, Eltern von Freunden, Babysitter etc.) im Kinderhirn nach der jeweiligen Nahrungspolitik kategorisiert. Je süßer und fetter das Speisenangebot, desto lieber die Aufsichtsperson. Fernsehendürfen ist allerdings auch nie ein Nachteil. Unter den vielen Nahrungsmitteln aber, die im Kinderleben eine zentrale Rolle spielen, nimmt die Nudel – und dort wieder die Spaghetti – noch einmal eine Sonderstellung ein. Kinder lieben Nudeln, und da wir alle einmal Kinder waren, steht Pasta (wenn man einmal diverse Hüftbedenken beiseitelässt) auch bei vielen Erwachsenen – noch vor allem Frittierten – an oberster Stelle. Es gibt kaum ein Kind, dem man mit einem Teller Spaghetti keine Freude machen kann. Und sei es nur mit Butter und Parmesan. Für mich hat sich momentan auch noch der allerletzte Nudelnachteil in Luft aufgelöst: die Frage nämlich, wie viele Nudeln soll ich machen. Waren es bisher immer viel zu wenige oder viel zu viele, ist momentan für uns fünf eine 500-Gramm-Packung immer richtig. Alles weg, alle satt, alle glücklich. So weit ein kurzer Versuch über eine lange Nudel.

Schaufenster.DiePresse.com/Randerscheinung

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