Randerscheinung: Bilder

Natürlich kugeln bei uns zu Hause besonders viele Zeitungen und Magazine herum.

Und weil der Jüngste noch nicht lesen kann, schaut er sich manchmal die Bilder an. Neulich auch jenes Foto auf der Seite eins der Tageszeitung, das verzweifelte Eltern mit ihrem Baby zeigt, die sich in Ungarn an ein Bahngleis klammern, um nicht von Polizisten weggebracht zu werden. Der Sohn schaut sich das Bild eine Zeit lang an und will dann – wenig überraschend – wissen, was da eigentlich los ist. Die Antwort fällt etwas länger aus, beinhaltet Worte wie Krieg, Weglaufenmüssen und in Sicherheit bringen, ist in Summe aber doch ein großes Herumgerede. Er will dann auch noch wissen, warum sich die Familie eigentlich vor den Polizisten fürchtet, wo doch Polizisten immerhin die sind, an die man sich im Notfall (zum Beispiel, wenn man sich irgendwo verlaufen hat und seine Eltern nicht mehr findet) vertrauensvoll wenden kann. Auch diese Antwort ist gar nicht so einfach. Ich muss an die vielen gescheiten (und auch die weniger gescheiten) Sachen denken, die ich über die Frage gelesen habe, ob man Bilder von toten Flüchtlingen in Zeitungen abdrucken soll oder nicht, wo man sie doch ohnehin jederzeit im Internet findet. Eines ist jedenfalls sicher: Kleine Kinder sind selten auf Twitter, aber ziemlich regelmäßig am Küchentisch. Der Jüngste fragt dann noch: „Ist bei uns auch Krieg?“, „Nein, keine Angst, bei uns ist Frieden“, dann: „Und in Amerika?“, „Auch.“ Noch genauer will er es jetzt nicht mehr wissen. Beruhigt blättert er schließlich in der Zeitung weiter. Bis zu dem verwilderten australischen Schaf, das sieben Jahre nicht geschoren wurde und kaum mehr aus der Wolle sieht. Was dem Schaf passiert ist und warum, kann man einem Fünfjährigen schon wesentlich besser erklären.

Schaufenster.DiePresse.com/Randerscheinung

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